Hannover 96

Neue Presse, 18.12.99

96-Manager gibt auf - Geheimplan geplatzt
Von Heesen kündigt seinen Vertrag zum Saisonende

Eigentlich sollte es bis zur Mitgliederversammlung am kommenden Montag geheim bleiben: Schon vorm Spiel gegen Greuther Fürth vor mehr als einer Woche ging ein Schreiben des Managers bei 96 ein. Darin kündigte Thomas von Heesen fristgerecht seinen Vertrag zum 30. Juni 2000.

Am Freitag stoppte der Ex-Profi den Vertuschungsversuch des Vorstands. Von Heesen erklärte öffentlich den Ausstieg aus dem bis 2001 gültigen Vertrag. "Meine sportlichen Ziele sind in Gefahr, meine Arbeit wird blockiert", begründete er. Der Manager will nun "bis Juni professionell weiter arbeiten". Schließlich "liegt mir die Mannschaft am Herzen. Das sind alles tolle Typen".

Er werde sich auch fortan "an die Vorgaben halten" und habe "kein Problem damit". Schwierigkeiten sieht von Heesen allein darin, "dass ich nicht weiß, ob ich eine, 100 oder Tausend Mark ausgeben darf." Die Aussage trifft den Kern des Missverständnisses zwischen von Heesen und dem Klubchef: Der Manager wollte die Mannschaft mit bundesligareifen und teuren Spielern verstärken. Der Vereinsvorsitzende wollte auf junge, hungrige Spieler setzen. Der Unternehmer ging den Weg von Heesens zwar ein Stück mit, grummelte aber: "Wir haben eine sehr teure Mannschaft." Angesichts der Fan-Krise sorgt sich Kind, ob das Team bezahlbar bleibt.

Sehr fraglich scheint nun, ob von Heesen den Vertrag bis Saisonende erfüllen wird. Der 96-Vorstand hat nach der Mitgliederversammlung am Montag, aber noch vor Weihnachten ein Gespräch mit dem Manager vereinbart. Dabei kann es nur ein Ergebnis geben: Man trennt sich in gegenseitigem Einvernehmen. Denn es gibt keine Vertrauensbasis mehr zwischen Vereinsboss und Manager. Eine hohe Abfindung muss 96 auch nicht fürchten. "Beide Seiten haben Ausstiegsklauseln", meint Kind.

Zudem sollte jetzt schon die kommende Saison geplant werden. Es macht jedoch keinen Sinn, diesen Job von einem Manager ausführen zu lassen, der sich einer Überprüfung seiner Arbeit entzieht, weil er dann längst bei einem anderen Klub angestellt ist. Und dies möglicherweise sogar bei einem Liga-Konkurrenten. Von Heesen soll in Nürnberg kurz vorm Abschluss eines Vertrages stehen. "Sonntag oder Montag" fliegt der Manager jedenfalls nach Kroatien, um das Trainingslager vorzubereiten. Danach macht er vermutlich den Abflug bei 96.


Klubchef Kind: Trennung für ihn und für 96 eine gute Sache
"Es ist sinnvoll, sich jetzt über einen schnellen Abschied zu einigen"

Thomas von Heesen kündigte den Vertrag bei 96. Klubchef Martin Kind hatte zuletzt ohnehin ein gestörtes Verhältnis zum Manager. Im NP-Interview äußert sich der Unternehmer zu den Folgen der Trennung.

Neue Presse: Von Heesen hatte schon vor mehr als eine Woche schriftlich gekündigt. Warum wollten Sie dies geheim halten?

Martin Kind: Das haben wir so vereinbart. Wobei ich sagen muss, dass ich nicht die Gespräche mit Herrn von Heesen geführt habe.

NP: Jetzt ist der Ausstieg zum Saisonende bekannt. Macht es Sinn, bis Juni zusammen zu arbeiten?

Kind: Ich denke, es ist sinnvoll, sich jetzt über einen schnellen Abschied zu einigen.

NP: Das hört sich nicht so an, als wenn Sie besonders traurig über die Kündigung wären.

Kind: Im Ergebnis ist eine Trennung für ihn und für 96 eine gute Sache. Mehr muss man dazu wohl nicht sagen.

NP: Für viele Fans war der Manager ein Phantom, er tauchte zu setzen öffentlich auf. Haben Sie mit ihm nicht mal über das Problem gesprochen?

Kind: Doch, wir haben uns mehrfach mit ihm darüber ausgetauscht. Diese Arbeit liegt ihm offenbar nicht. Das ist völlig wertfrei gemeint, ich will ihn gar nicht kritisieren.

NP: Trotzdem erfüllte der Bielefelder Erfolgstrainer nicht die Erwartungen als neuer Manager-Hoffnungsträger. Hätten Sie das nicht voraus sehen können? Welchen Fehler haben Sie gemacht?

Kind: Da haben sicher beide Seiten Fehler gemacht. Er hätte sich mehr über 96 informieren sollen, wir hätten uns mehr mit ihm auseinander setzen müssen.

NP: Es wird über eine Abfindung für von Heesen von einer halben Million Mark spekuliert.

Kind: Unsinn. Er hat doch gekündigt. Das kostet uns nichts.

NP: Die Situation ist kurios. Am Saisonanfang hatten sie zwei Manager, Weihnachten wahrscheinlich keinen mehr.

Kind: Tja, da ist vor allem auch in der Chronologie kurios.

NP: Erst haben sie Gerber abgefunden, weil er nicht mit von Heesen konnte. Jetzt geht der auch. Heißt dies, dass nun Gerber zurückkommt?

Kind: Nein. Wir werden jetzt in Ruhe im Vorstand beraten. Wir müssen die Erfahrungen verarbeiten. Aktionismus wird es nicht geben.


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