Hannover 96 | DFB-Pokal 99/00, 3. Runde |
Hannover 96 - Arminia Bielefeld 1:2 (1:2) |
96: Sievers - Linke - Baschetti (67. Morinas), Reinhardt - Stefulj, Kehl (46. Omodiagbe), Kreuz, Kobylanski, Tumani (46. Stendel) - Milovanovic, Bounoua / Trainer: Ivankovic
Tore: 0:1 Meißner (16.), 1:1 Waterink (33., Eigentor), 1:2 van der Ven (45.) - Schiedsrichter: Buchhart (Schrobenhausen) - Zuschauer: 19 276 - Gelbe Karten: Kreuz
Da war mehr drin für 96 gegen
zehn,
aber Kreuz ließ Pokalträume platzen
Nur Milovanovic gab den Fans Hoffnung, Bielefelds Kicker schneller
Der Pokal - ein Wettbewerb voller Überraschungen.
"Eine Überraschung wäre nur, wenn Bielefeld hier gewinnen würde", legte sich
96-Vorstand Uwe Krause selbstbewusst vorher fest. Edelfan Peter Schuppe war gar 657
Kilometer aus seinem Wohnort Kaufbeuren angereist, "weil die Roten doch für
Überraschungen im Pokal so bekannt sind".
Der 45-Jährige dachte an die Sensationssiege in den vergangenen Jahren gegen Gladbach
oder München 1860 - und war am Ende enttäuscht. 1:2 verlor Hannover am Dienstag vor
19.276 Zuschauern gegen clevere Bielefelder. Der Bundesligist legte im Transrapid-Tempo
los, 96 wirkte gegen schnelle Jäger von der Alm wie Rydlewicz oder Labbadia wie ein
Bummelzug. Nur in der zwölften Minute gelang mal ein feiner Angriff (Bounoua auf
Milovanovic, der den Ball für Kreuz liegen ließ) - eine Chance wurde jedoch nicht
daraus.
Deren drei hatte Bielefeld zu diesem Zeitpunkt schon vergeben - Nummer vier saß, weil
Kobylanski gegen Dauerrenner Rydlewicz ganz langsam aussah. "Die lassen unsere stehen
wie nasse Mehlsäcke", monierte ein Schreihals auf der Haupttribüne. Die Fans gaben
ungewohnt früh Durchhalteparolen aus: "Kämpfen, 96 kämpfen." Und dann kam
das, was in dieser Phase jeden überraschte: Der Ausgleich durch Milovanovics wunderbar
verunglückte Flanke in den Strafraum, die Bielefelds Waterink über die Torlinie
drückte.Die Ostwestfalen beeindruckte das wenig, sie überzeugten weiter mit
Störaktionen vorm 96-Strafraum und überfallartigen Attacken. Das wurde belohnt, mit dem
erneuten Führungstreffer der Gäste wenige Sekunden vor der Pause.
Die zweite Halbzeit brachte Omodiagbe und mehr 96-Schwung. Dramatik in der 57. Minute:
Kobylanskis Kopfstoß aus acht Metern erwischte Bielefelds Schlussmann Miletic akrobatisch
mit einer Hand, der Ball landete auf der Torlatte und nicht im Netz. Für einen war sechs
Minuten später alles vorbei: Hofschneider stand bei einem 96-Freistoß nicht weit genug
weg und sah Gelb-Rot. 27 Minuten Überzahl - das nährte die Hoffnung auf den
Favoritensturz. Mit Stendel und Morinas durften zwei weitere Stürmer den Erfolg suchen,
indes, 96 fand ihn nicht. Nicht mal durch einen berechtigten Elfmeter, den Maul an Bounoua
verschuldet hatte. Die Riesenchance zum Ausgleich, aber Miletic brachte beide Hände an
den halbhohen Kreuz-Schuss. Ball drüber, alles aus (85.). Die Brechstange vermochte die
Tür zur vierten Pokalrunde für 96 danach auch nicht mehr zu öffnen.
Die Reaktionen:
96-Kapitän Carsten Linke: Die Chancen waren da. Es ist bitter für uns,
so zu verlieren. Das Gegentor in der 45. Minute darf nicht fallen.
Bastian Reinhardt: Wir haben aus unserer Überlegenheit in der letzten
halben Stunde zu wenig gemacht. Bielefeld hat die Räume eng gemacht, da war es schwer.
Das 1:2 ist verdient.
Mourad Bounoua: Es ist sehr traurig, wenn ein Elfmeter kurz vor Schluß
nicht reingeht.
Silvio Meißner: In Hannover ist es sowieso schwer. Wenn wir in die
Verlängerung gemußt hätten, wäre es noch schwerer für uns geworden. Wir haben Glück
gehabt.
Zdenko Miletic: Der Trainer hat mir einen Tip gegeben. Er hat gesagt: Geh
in die rechte Ecke oder flieg in die rechte Ecke. Das war richtig. Wir haben die erste
Halbzeit dominiert und verdient gewonnen.
96-Trainer Branko Ivankovic: Wir sind mit zu viel Angst und Respekt ins
Spiel gegangen. In der ersten Halbzeit war Bielefeld klar besser. Die zweite Halbzeit war
gut. Der verschossene Elfmeter hat gezeigt, daß dies nicht unser Tag war.
Bielefelds Trainer Hermann Gerland: Wir haben eine Stunde ganz
hervorragend gespielt. Einmal sind wir im Tiefschlaf gewesen, da hats gleich den Ausgleich
gegeben.
Die Einzelkritik:
Jörg Sievers: Bei den Gegentoren machtlos. Hatte viel zu tun - und
packte es dann souverän an. Hannovers Nummer eins ließ sich allerdings in Minute 63 auf
ein Dribbelduell mit Labbadia ein. Das hätte auch schiefgehen können.
Carsten Linke: Der Chef der 96-Hintermannschaft mußte immer wieder
Lücken stopfen, die seine Vorderleute mit Fehlpässen im Spiel nach Vorne geschaffen
hatten. Das gelang ihm allerdings nicht immer. Leistete sich einen Querschläger in die
Beine von Labbadia.
Mirko Baschetti: Hängte sich meist an van der Ven - und sah von dem
früheren Uerdinger bisweilen nur die Hacken. Von hinten heraus agierte Baschetti
bisweilen zu umständlich. Steigerte sich aber in Hälfte zwei, bis er für Morinas
ausgewechselt wurde.
Bastian Reinhardt: Ist einen Kopf größer als Maul, zog beim
Kopfballduell vorm 0:1 aber den Kürzeren, weil er einen Schritt zu spät kam. Auch Bruno
Labbadia, gegen den Reinhardt überwiegend spielte, stellte ihn immer wieder vor Rätsel -
gelöst hat der 96-Verteidiger sie nicht.
Andrzej Kobylanski: Deutlich schwächer als zuletzt, was auch am flinken
Gegenspieler lag. René Rydlewicz überlief Kobylanski mehrmals, obwohl der
Blank-Vertreter auf der linken 96-Seite auch recht flott zu Fuß ist.
Markus Kreuz: Bemühte sich, die 96-Offensivaktionen im Mittelfeld zu
ordnen. Dem 22-jährigen fehlen aber bishweilen Ruhe und Übersicht - auch wenn er dem
Angriffsspiel noch die meißten Impulse zu geben vermag. Sein Elfmeter war zwar plaziert,
aber nicht hart genug geschossen - der mußte sitzen.
Sebastian Kehl: War der auch dabei? Scherz beiseite, aber der talentierte
Jungprofi (19) tauchte im zentralen Mittelfeld zu oft unter und blieb daher zu Recht nach
Hälfte eins in der Kabine. Kehl kann mehr.
Danijel Stefulj: Seine Leistung gegen den A-2-Nationalspieler Maul war
sicher nicht 1a. Konnte den leichtfüßigen Bielefelder Linksaußen nur selten stoppen.
Ayhan Tumani: Versuchte alles, ihm gelang nichts. Rasselte nur wegen
seines Einsatzes an Note 6 vorbei.
Mourad Bounoua: Sorgte auf der rechten Seite wieder für einigen Druck.
Der Dauerläufer spielte den dummen Fehlpass vorm 1:2, holte später dafür einen Elfmeter
raus.
Goran Milovanovic: Der Einzige, dessen Aktionen im Sturm immer für
Unruhe sorgen. Hatte Glück beim 1:1.
Darlington Omodiagbe: Wirbelte in den fünf Minuten gegen Nürnberg vor
neun Tagen mehr als gestern in 45. Keine saubere Leistung von Omo.
Daniel Stendel: Ersetzte Tumani und vermochte wie Omodiabge kaum Akzente
zu setzen.
Igoris Morinas: Viel in Bewegung, ohne etwas bewegen zu können.
Hier die Tore online: http://www.stud.uni-hannover.de/~willy/tor96.htm
(Quelle: Neue Presse, 13.10.99)
Der nächste Gegner: Am 17. Oktober um 15 Uhr beim Chemnitzer FC.