Hannover 96 | Saison 1999/2000, 26.Spieltag |
Hannover 96 - FC Energie Cottbus 3:2 (2:0) |
96: Sievers - Kehl - Stefulj, Reinhardt - Linke, Lala, Cherundolo, Kreuz, Bounoua (72. Gärtner) - Kobylanski, Stendel (88. Keita) / Trainer: Ehrmantraut
Tore: 1:0 Stendel (1.), 2:0 Reinhardt (12.), 2:1 Franklin (47.), 3:1 Kobylanski (59.), 3:2 Matyus (61.) - Schiedsrichter: Scheppe (Wenden) - Zuschauer: 12 211 - Gelbe Karten: Kobylanski, Sievers
3:2! 96-Spaß beginnt nach 35 Sekunden
Das war es dann wohl. 96 hat sich mit einem Spaß-Spiel gegen
Energie Cottbus aus dem Abstiegskampf verabschiedet. 40 Punkte sollten zum Klassenerhalt
reichen - fehlen nach dem 3:2 nur noch sechs aus acht Spielen.
Dem grippekranken Energie-Trainer Eduard Geyer fehlte gestern die Kraft, seinem Team noch
nach Hannover hinterherzufahren. Er wurde vom Assistenten Hagen Reeck vertreten, fieberte
daheim in Cottbus mit seiner Mannschaft. Präsident Dieter Krein hielt Geyer telefonisch
auf dem Laufenden.
Krein musste schneller zu seinem Handy greifen, als ihm lieb sein konnte. 96 ging schon
nach 35 Sekunden 1:0 in Führung. Mourad Bounoua hatte den Ball von der Strafraumgrenze
geschickt auf Daniel Stendel gespielt, der zog entschlossen ab und traf ins kurze Eck. Elf
Minuten später klingelte bei Familie Geyer schon wieder das Telefon, die neue Nachricht
wird auch nicht unbedingt zu Geyers Genesung beigetragen haben. Bastian Reinhardt hatte
mit einem wuchtigen Kopfball aus acht Metern das 2:0 erzielt. Nun war es allerdings nicht
so, dass die Zuschauer ein Spiel auf ein Tor sahen. Nach einem Fehler von Stefulj hätte
Sebastian Helbig schon früh (6.) zum zwischenzeitlichen Ausgleich treffen müssen, noch
einmal Helbig (11.), Vata (17.), Miriuta (30.) und Bitencourt (34.) vergaben gute Chancen.
Es war ein munteres Spielchen, scheinbar ohne taktische Zwänge. So was sehen die
Zuschauer gerne, Trainer wie Horst Ehrmantraut kann es zur Verzweiflung treiben. Er sprang
wiederholt von seinem Plastikstuhl auf und mahnte die 96-Profis zur Konzentration.
Nutzte aber nichts. 75 Sekunden nach Wiederanpfiff schlief die Abwehr, Franklin
Bittencourt bedankte sich mit dem 1:2. Es blieb äußerst unterhaltsam im
Niedersachsen-Stadion, und Präsident Krein musste weiter viel telefonieren. Das nächste
Mal nach einer knappen Stunde: Lala hatte Andrzej Kobylanski im Strafraum freigespielt,
der traf zum 3:1. Die Partie war damit noch lange nicht gelaufen, weil die 96-Abwehr so
löchrig war wie ein Schweizer Käse. Das nutzte Janos Matyus schon zwei Minuten nach dem
dritten 96-Tor, wanderte durch die hannoversche Hintermannschaft und schoss das 2:3.
Weil seine Vorderleute schlampten, musste 96-Torhüter Jörg Sievers wiederholt viel
riskieren und hatte Glück, als er im Strafraum Antun Labak umrammte (74.). "Es geht
auch ohne dich", hätte Energie-Chef Krein nach dem Abpfiff gerne zu Geyer gesagt.
Mit diesem Wunsch flog er freilich gestern bei 96 ab, es blieb beim 3:2.
Die Reaktionen:
96-Trainer Horst Ehrmanntraut:Wir haben in der
ersten Halbzeit sehr gut gespielt, Cottbus aber in der zweiten Hälfte zurück ins Spiel
gebracht.
Energie-Kotrainer Hagen Reeck: Jeder hat gesehen, wann wir das Spiel hier
verloren haben. Nach zwölf Minuten und dem 0:2 war die Messe gelesen.
96-Klubchef Martin Kind: Die erste Halbzeit war sehr gut. Es war ein
tolles Spiel, keine Frage. In der zweiten Halbzeit hat Cottbus gezeigt, das sie eine sehr
gute Mannschaft sind.
96-Manager Wolfgang Levin: Ganz entscheidend sind die drei Punkte. Über
die Abwehrleistung sprechen wir da lieber nicht. Das Spiel hätte auch 7:4 ausgehen
können.
Carsten Linke: Besser als in der ersten Halbzeit kann man nicht spielen.
In der zweiten haben wir die Ordnung verloren.
Markus Kreuz: Wir hätten früh das 3:0 oder 4:0 machen müssen. Die
Gegentore dürfen so nicht fallen.
Sebastian Kehl: Durch das frühe Gegentor in der zweiten Hälfte sind wir
ein bisschen ins Schwimmen geraten.
Jörg Sievers: Wir haben ordentlich angefangen, in der zweiten Halbzeit
aber zu viele Torchancen zugelassen.
Tennisstar Nicolas Kiefer: Superpartie, tolle Leistung von 96. So kann es
weitergehen.
Die Einzelkritik:
Jörg Sievers: So viel beschäftigt wie lange
nicht. Blieb ruhig hinter einer nicht immer sicheren Abwehr. Musste wiederholt in
höchster Not retten. Hatte Glück, dass es keinen Elfmeter gab und keine rote Karte, als
er Labak umstieß.
Sebastian Kehl: Offensiver Libero. Leitete etliche Angriffe mit klugen
Vorlagen ein. Dass die Abwehr wackelte, hatte weniger mit ihm als mit der offensiven
Ausrichtung der Mannschaft zu tun.
Bastian Reinhardt: Sein Gegenspieler Helbig wurde nach der Halbzeit
ausgewechselt, weil er keinen Stich machte. Gegen Labak hatte er mehr Probleme. Reinhardt
nutzte seine Kopfballstärke zum 2.0.
Danijel Stefulj: Anfangs wieder ein Flattermann, mit Patzern. Steigerte
sich. Spielte schöne lange Pässe.
Mourad Bounoua: Sein Spezialauftrag: Jonny Rödlund
stoppen, der zu 96 wechseln will. Dann ging Jonny in die Mitte, und Bounoua kam auf der
linken Seite auch gegen andere Cottbuser gut klar.
Carsten Linke: Der Chef im 96-Spiel. Immer mit den Kopf oben, behielt die
Übersicht. Gab schöne Vorlagen für die Stürmer. Dazu kampfstark und bissig.
Steven Cherundolo: Sollte rechts hinten dichtmachen. Trat aber auch links
vorn Ecken - musste lange Wege zurücklegen, kam manchmal zu spät.
Markus Kreuz: Lief fiel, leider auch das Spiel an
ihm zeitweise vorbei.
Andrzej Kobylanski: Riesig. Stopfte hinten links die Löcher, wenn
Bounoua anderweitig beschäftigt war. Vorne eine ständige Gefahr. Das Tor zum 3:1 war die
Krönung für Kobylanskis großartige Partie.
Daniel Stendel: Blitztorschütze zum 1:0. Chef im Sturm, verteilt die
Bälle geschickt.
Altin Lala: Eigentlich eine gute Leistung. Wenn Lala vorm gegnerischen
Tor doch nur eiskalt wäre ...
Harald Gärtner: Beackerte die linke Seite ohne Probleme.
Salif Keita: Last-Minute-Stürmer - diesmal ohne Treffer.
(Quelle: Neue Presse, 08.04.00)
Der nächste Gegner: Am 16. April um 15.00 Uhr beim Karlsruher SC