Hannover 96 | Saison 1999/2000, 25.Spieltag |
Hannover 96 - Chemnitzer FC 2:0 (1:0) |
96: Sievers - Kehl - Stefulj, Reinhardt - Linke, Lala (68. Bounoua), Cherundolo, Kreuz (86. Keita), Blank (81. Gärtner), - Kobylanski, Stendel / Trainer: Ehrmantraut
Tore: 1:0 Stendel (23.), 2:0 Keita (88.) - Schiedsrichter: Gagelmann (Bremen) - Zuschauer: 8 542 - Gelbe Karten: Cherundolo, Blank
96 froh, weil es Keita wieder
gut macht
Zweiter Sieg für Ehrmantraut, aber sein Team läßt 8542
Zuschauer lange zittern
2:0 gegen Chemnitz - Trainer Horst Ehrmantraut schaffte
seinen zweiten Sieg mit 96. Hannovers Zweitligist sammelte drei wichtige Punkte gegen den
Abstieg.
Da saß Goran Milovanovic nun an seinem 27. Geburtstag, gleich unter der Werbung eines
hannoverschen Brauhauses und schäumte vor Wut, weil er seiner Mannschaft im Abstiegskampf
wieder nicht helfen durfte. Es war nach 35 Minuten, als er einmal nach links zur
Anzeigetafel schaute, wo ein Teppich-Haus das Ecken-Verhältnis präsentierte: Vier zu
null für 96, war da zu lesen.
Horst Ehrmantraut saß zu diesem Zeitpunkt auch - auf seinem Plastik-Garten-Trainer-Stuhl
aus dem Baumarkt. Und schien die Ruhe selbst zu sein. Nicht, dass sein Team bis dahin mit
überragendem Spiel Werbung für Zweitligafußball gemacht hätte, Chemnitz war so
harmlos, dass Ehrmantraut sich jede Aufregung sparen konnte. Abgesehen von einer Szene in
Minute elf. Da schreckte auch der 96-Coach hoch, weil Torsten Bittermann plötzlich den
rechten Pfosten traf. 96 hatte das Spiel abgesehen von dieser Chance in Hälfte eins aber
im Griff. Nur im Sturm schien es anfangs zu haken - bis zur 23. Minute: Da drehte sich
Daniel Stendel geschickt mit dem Ball um seinen Gegenspieler Drazen Podunavac und traf mit
links zum 1:0.
Nach der Pause durfte sich dann auch Milovanovic
bewegen, Ehrmantraut schickte ihn mit den anderen Reservisten zum Warmlaufen. Seine
Kollegen bemühten sich derweil, die spielerische Überlegenheit in weitere Tore
umzusetzen - und übertrafen sich dabei an Harmlosigkeit. "So viele Torchancen
habe ich ja schon lange nicht mehr gesehen", staunte Volker Roth,
Schiedsrichter-Obmann des Deutschen Fußball-Bundes - doch 96 traf zunächst einfach nicht
mehr: Stendel setzte den Ball gegen den Pfosten, Blank, Lala und Kehl schossen vorbei - um
nur die besten Gelegenheiten zu nennen.
Je öfter die 96-Profis auf dem Platz daneben trafen, desto lauter forderten die Fans die
Einwechslung des Torjägers: "Milo-Milovanovic" und "wir wollen
Milovanovic", sangen sie, doch Ehrmantraut blieb hart. Die Chemnitzer wichen dagegen
plötzlich von ihrer weichen Linie ab und kamen in den Schlussminuten gefährlich vor das
96-Tor. "Pass auf, die schießen denen gleich noch einen rein", unkte DFB-Mann
Roth, "obwohl 96 besser ist." Und das wurde auch belohnt - mit einem weiteren
Tor: Der eingewechselte Morad Bounoua spielte auf den eingewechselten Salif Keita, und der
traf aus fünf Metern zum 2:0. Schon beim 2:1 gegen Mainz hatte er für die Entscheidung
gesorgt.
Die Reaktionen:
96-Trainer Horst Ehrmantraut: Das war
ein Riesen-Schritt, aber es bleibt eine enge Geschichte. Unser nächster Gegner Cottbus
hat eine ganz andere Klasse als Chemnitz.
Chemnitz Trainer Christoph Franke: Ich wusste, dass wir hier heute auf
eine sehr offensiv ausgerichtete Mannschaft treffen. Das erste Tor ist zu einfach
gefallen, dadurch haben wir unsere resolute Haltung aufgegeben. Das Ergebnis geht in
Ordnung.
Goran Milovanovic: Vielen Dank an die Fans, dass sie mich so
unterstützen. Ich glaube, sie wissen, dass ich ein guter Stürmer bin.
Markus Kreuz: Wenn Offenbach jetzt in Köln verliert, haben wir sieben
Punkte Vorsprung. Das ist das wichtigste.
Stefan Blank: Wir hatten Chancen für fünf Spiele, hätten den Sieg
früher klarmachen müssen. Es war eine überzeugende Leistung.
Salif Keita: Ich bin glücklich für mich und die Mannschaft. Es war ein
einfaches Tor für mich.
Jörg Sievers: Das war ein verdienter Sieg. Wir haben das Spiel
kontrolliert.
Sebastian Kehl: Wir haben verdient gewonnen. Zum Ende des Spiels sind wir
ein bisschen nervös geworden. Wir hätten die heute abschießen müssen.
Die Einzelkritik:
Jörg Sievers: Bestand den
Rückpass-Test, den die 96-Abwehrspieler mit ihm durchführten. Immer wieder schoben Kehl
und Co. dem Torwart die Kugel zu.
Sebastian Kehl: Nutzte die Freiheit, die ihm die schwachen Chemnitzer
Stürmer boten. Spielte meist vor der Abwehr, leitete viele gute Angriffe ein.
Bastian Reinhardt: Sicherer Manndecker gegen Marko Dittgen. Aber mit zu
vielen Fehlpässen im Mittelfeld.
Danijel Stefulj: Anfangs mit einigen Patzern, dann aber ohne Probleme
nach hinten und mit guten Vorlagen für die Angreifer.
Stefan Blank: Zwei, drei gute Szenen, das ist zu wenig für einen, der in
der Bundesliga für Stuttgart spielen will.
Carsten Linke: Chef im hinteren Mittelfeld. Wechselte sich mit Kehl als
Libero ab. Zweikampf- und Kopfballstark.
Steven Cherundolo: Der Amerikaner ist aufgestiegen, er darf jetzt auch
Freistöße und Eckbälle treten. Klappte aber nicht besonders.
Markus Kreuz: Man kann ihm nicht vorwerfen, dass er sich nicht bemüht
hat. Rannte viel, setzte die Mitspieler auch manchmal schön in Szene. Aber der 1. FC
Köln wird für zwei Millionen Mark Ablöse sicher mehr erwarten.
Andrzej Kobylanski: Der VW-Käfer bei 96 läuft und läuft. Gab wieder
als Linksaußen Gas, kam aber immer dann ins Stottern, wenn er vorm Chemnitzer Tor stand.
Daniel Stendel: Erst ging bei ihm gar nichts, dann erzielte er ein
schönes Tor.
Altin Lala: Der Rechtsaußen war der schwächste 96er. Das war schon
Kunst, wie er freistehend versiebte (66.).
Mourad Bounoua: Besser als sein Vorgänger Lala, bereitete das 2:0 vor.
Harald Gärtner: Konnte die 96-Karre in der kurzen Zeit nicht anschieben.
Salif Keita: Wieder Last-Minute-Stürmer - mit schnellem Torerfolg zum
2:0.
(Quelle: Neue Presse, 01.04.00)
Der nächste Gegner: Am 7. April um 19.00 Uhr zu Hause gegen den FC Energie Cottbus