Hannover 96 | Saison 1999/2000, 11.Spieltag |
Alemannia Aachen - Hannover 96 1:2 (1:0) |
96: Sievers - Linke - Stefulj, Reinhardt - Lala, Kehl (77. Blank), Kreuz, Bounoua (46. Tumani), Kobylanski - Stendel, Milovanovic (65. Morinas) / Trainer: Ivankovic
Tore: 1:0 F. Schmidt (36., Foulelfmeter, Bounoua an Heeren), 1:1 Menzel (60., Eigentor), 1:2 Morinas (86.) - Schiedsrichter: Kircher (Tübingen) - Zuschauer: 21 200 - Gelbe Karten: Kobylanski
Erst Hölle, dann Himmel
Der 96-Engel heißt Morinas
Bounoua verbockt Elfmeter, in der zweiten Hälfte läuft alles für Hannover
Fred Tribbels besucht seit vier Jahrzehnten den Tivoli. An das 2:0 von Alemannia Aachen
gegen Hannover 96 vor 30 Jahren erinnert er sich besonders gerne. " Da habe ich als
20-Jähriger auf einer Apfelsinenkiste stehend den Sieg bejubelt." Am Freitag war
für Aachen aber alles Banane, 96 siegte 2:1.
Es begann gleich gut für 96. Die hitzige Atmosphäre ließ die Spieler anfangs kühl. Der
Tivoli war mit 22.400 Zuschauern beinahe ausverkauft, und Tribbels wusste auch warum:
"Gegen Hannover war hier schon immer der Teufel los." Erst nach einer
Viertelstunde aber wurde das Aachener Stadion für 96 zur Hölle. Plötzlich war es vorbei
mit der guten Ordnung, Hannovers Zweitligateam wurde immer mehr in die eigene Hälfte
gedrängt. Vor allem den Österreicher Dietmar Berchtold bekam 96 überhaupt nicht in den
Griff. Ein Mann, auf den auch Alemannia-Fan Tribbels besonders stolz ist: "Der hat
entscheidenden Anteil am Aufschwung hier." Bei 96 lief nach vorne gar nichts mehr.
Die Außen Altin Lala und Andrzej Kobylanski mussten zu viel in der Defensive arbeiten,
Mittelfeldmotor Markus Kreuz stotterte plötzlich, und Morad Bounoua agierte viel zu
hektisch. Dann aber hatte der Franzose plötzlich die Ruhe weg, ließ sich den Ball von
Henri Heeren wegnehmen und riss ihn dann einfach um. Frank Schmidt verwandelte den
fälligen Elfmeter zum 1:0 (37.). 96 rettete sich in die Pause, und für Bounoua war die
Partie gelaufen. Wohl
nicht nur wegen seines Patzers. Ayhan Tumani kam rein, großen Anteil daran, dass es für
96 auf einmal besser lief, hatte er nicht.
Aufsteiger Aachen schien plötzlich irgendwie gehemmt, 96 dagegen löste den Bremshebel,
hatte aber beim 1:1 großes Glück. Ingo Menzel schoss, bedrängt von Goran Milovanovic,
den Ball aus 14 Metern in den Winkel. Ein wunderschöner Treffer, wenn es nicht Aachens
Tor gewesen wäre, das Menzel traf. Sportfreund Tribbels, zuvor noch so redselig, wurde
immer stiller, weil 96 mit schnellen Kontern gefährlich blieb. Die Aachener hingegen
rannten sich meist in Hannovers Abwehr fest - und dann ging die Post ab. Wie in der 84.
Minute, als der Ball auf der rechten Seite bei Daniel Stendel landete. Der trieb ihn noch
ein paar Meter und spielte dann klug auf Igoris Morinas, der zum 2:1 für 96 einschob.
Viele der Aachener Fans, die zuvor noch keine Heimpleite erlebt hatten, verließen darauf
den Tivoli. Dabei verpassten sie noch die große Chance zum Ausgleich. Vanderbroek schoss
einen Freistoß Richtung Winkel, doch Sievers hielt 96 die drei Punkte fest. Zuvor hatte
Aachen allerdings schon ein halbes Dutzend guter Chancen vergeben. Landgraf, Diane,
Vanderbroek, zweimal Berchtold und Menzel scheiterten aber am überragenden Jörg Sievers.
Die Reaktionen:
96-Trainer Branko Ivankovic: Es war eine fantastische Atmosphäre. Wir haben einen sehr starken Gegner besiegt. Das macht den Erfolg noch wertvoller.
Alemannias Trainer Eugen Hach: Wir haben eine tolle Halbzeit gespielt, dann hat uns das Eigentor aus der Bahn geworfen. Wir haben mit 96 einen starken Gegner gehabt.
96-Aufsichtsrat Martin Biskowitz: Ein ganz wichtiger Sieg. Gefallen hat mir die Art und Weise, wie sich die Mannschaft in der zweiten Halbzeit gewehrt hat.
Daniel Stendel: Wir standen gut. Jetzt können wir in Ruhe weiterarbeiten.
Carsten Linke: Wir haben in der zweiten Halbzeit sehr gut gespielt, deswegen ist der Sieg auch nicht unverdient.
Goran Milovanovic: Wir haben endlich mal auch das nötige Glück gehabt.
Jörg Sievers: Aachen macht viel Druck. Es war aber klar, daß sie das Pressing nicht über 90 Minuten durchhalten können.
Sebastian Kehl: In der zweiten Halbzeit haben wir sehr überlegen gespielt.
Markus Kreuz: Einige haben sich in der ersten Halbzeit zu sehr versteckt. Nach dem 0:1 hatten wir aber nichts zu verlieren.
Die Einzelkritik:
Jörg Sievers: Rettete einmal fantastisch wie Bayerns Kahn gegen Glasgow - Sievers brachte die Hand noch fix an einen Schuß von Diane. Ebenso großartig in der Schlußminute.
Carsten Linke: Hatte seine Abwehr meistens im Griff. Vergab die erste Minichance.
Bastian Reinhardt: Ordentliche Leistung. Ließ sich auch dadurch nicht verwirren, daß die Aachener Angreifer immer wieder auf die Flügel auswichen.
Danijel Stefulj: Schwierige Aufgabe meist gegen den besten Aachener Angreifer Diane. Seine Härte bekommt der 96-Verteidigung gut.
Altin Lala: Machte fast alles falsch. Viele Fehlpässe, ging zu zögerlich in die Zweikämpfe. Die von ihm betreute rechte Seite war die Problemzone der 96-Abwehr.
Andrzej Kobylanski: Auf links zu weit nach hinten gedrängt, nach vorne wirkungslos.
Markus Kreuz: Ihm sah man zumindest an, daß er die Niederlage verhindern wollte. Machte aber zu wenig aus seinen Möglichkeiten.
Sebastian Kehl: Hangelte sich mehr schlecht als recht durchs Mittelfeld.
Mourad Bounoua: Leistete sich den dümmsten Patzer der Partie. Blöd, weil 96 bis zu dem Elfmeter gut mitgehalten hatte. Zu Recht ausgewechselt.
Daniel Stendel: Ständig unterwegs. Bost sich an, rackerte, war aber in den Zweikämpfen eher unglücklich. Bereite das 2:1 schön vor.
Goran Milovanovic: Weiter im Formtief. Versiebte gleich nach der Halbzeit die Chance zum Ausgleich.
Ayhan Tumani: Lief viel, aber das Spiel lief auch an ihm vorbei.
Igoris Morinas: Endlich mal länger als fünf Minuten im Einsatz. Erfrischend für den schlappen Angriff. Erzielte das 2:1, hätte noch das 3:1 machen können.
Stefan Blank: Enttäuscht, weil er erst spät eingewechselt wurde. Bewies, daß dies ein Fehler war.
Hier die Tore online: http://www.stud.uni-hannover.de/~willy/tor96.htm
(Quelle: Neue Presse, 06.11.99)
Der nächste Gegner: Am 19. November um 19.00 Uhr zu Hause gegen den FC St. Pauli