Hannover 96 | Saison 1999/2000, 6.Spieltag |
FSV Mainz 05 - Hannover 96 1:0 (0:0) |
96: Sievers - Linke - Baschetti, Reinhardt - Stefulj, Kehl (65. Stendel), Kobylanski, Kreuz, Blank (79. Sainoski) - Bounoua (75. Tumani), Milovanovic / Trainer: Ivankovic
Tore: 1:0 Policella (49.) - Schiedsrichter: Blumenstein (Berlin) - Zuschauer: 5 731 - Gelbe Karten: Blank, Bounoua, Sainoski
Mainz lacht, weil sich 96 einmal
zum Narren macht
Dummer Patzer, im Sturm nichts los
Kennen Sie die typische Gangart eines Mainzer
Fußballfans? "Aufrecht ins Stadion rein und gebückt wieder raus. Wenn es mit 05 so
weiterläuft, kriegen wir noch alle einen Bandscheibenschaden", erzählte ein
Zuschauer in der Schlange vorm Kassenhäuschen. Statt vom Kummer ganz krumm konnten sich
die Mainzer Freitagabend aber kerzengrade auf den Heimweg machen, in der Karnevalshochburg
war es ein Feiertag. Hannover verlor vor 5731 Fans mit 0:1 und ist Platz drei los.
"Alles wird gut", hatte Trainer Branko Ivankovic vorm Anpfiff gesagt - mit
Ausnahme des gesperrten Altin Lala (für ihn kam Mirko Baschetti rein) und des
formschwachen Igoris Morinas (Morad Bounoua durfte zum ersten Mal von Anfang an ran)
schickte der Kroate die Sieger des Köln-Spiels auf den Rasen des schmucken
Bruchweg-Stadions.
In der siebten Minute machte ausgerechnet der 96er auf sich aufmerksam, der mit Darminfekt
fast hätte passen müssen: Sebastian Kehls Drehschuss von der Strafraumgrenze ging an den
Pfosten. Da hüpfte Mainz-Trainer Wolfgang Frank wie ein HB-Männchen auf und ab. Nach
fünf sieglosen Spielen wackelte sein Stuhl mit dem Erdal-Rex-Froschkopf drauf bereits.
In der 20. Minute die erste Aktion von Torjäger Goran Milovanovic, der als einzige Spitze
bislang hilf- und harmlos gewirkt hatte. Eine optimale Flanke von Danijel Stefulj
erwischte der Glatzkopf mit dem Kopf - aber nicht der Ball, nur der Mann landete im Netz.
Stefuljs Offensivdrang hatte für die Defensivabteilung jedoch Folgen.
Dreimal kamen die Mainzer über links locker durch, einem souveränen Jörg Sievers
verdankten es die Gäste, dass hinten weiter die Null stand. In der 35. Minute bewies
A-2-Nationalspieler Stefan Blank ein gutes Auge. Sein 35-Meter-Pass erreichte Bounoua. Der
Franzose rannte alleine auf Torwart Timo Wache zu - doch über das Schüsschen als
Abschluss konnte der Mainzer nur lachen.
Was Bounoua nicht schaffte, gelang Gustav Policella kurz nach der Halbzeit: Mit dem 1:0
machte er seinen Trainer froh - für 96 begann die Aufholjagd. Ivankovic brachte mit
Daniel Stendel und Ayhan Tumani noch zwei Stürmer, die nächste Großchance allerdings
gab es wieder für das Heimteam. Der Pfostenschuss von Christian Hock (75.) hätte alles
entscheiden können, so blieb die Hoffnung. Für einen Punkt allerdings hätte ein Tor
hergemusst - und davon war 96 in der
zweiten Halbzeit weit, weit entfernt. Fünf Stürmer erarbeiteten sich in Halbzeit zwei
nicht eine Chance. So stand bei 96 am Ende nicht hinten, sondern vorne die Null
Die Reaktionen:
96-Trainer Branko Ivankovic: In der ersten Halbzeit hätten wir das Spiel entscheiden müssen. Drei Chancen auswärts reichen normalerweise. Die zweite Halbzeit war schwach.
Wolfgang Frank, Trainer Mainz 05: Wir sind alle froh, daß wir endlich mal wieder gewonnen haben. Der Sieg war logische Konsequenz aus viel Kampf und Einsatz. Hannover hatte in der zweiten Halbzeit keine Chance.
Stefan Blank: Wir waren die klar bessere Mannschaft, aber ohne Chancen gibts keine Tore. Das war eine unnötige Niederlage.
Markus Kreuz: Die Mainzer haben nur Mist gespielt. Wenn wir 1:0 in Führung gehen, kriegen die hier eine Packung von uns. Wir haben das ganze Spiel dominiert.
Bastian Reinhardt: Wir waren zu behäbig und langsam, haben uns auskontern lassen. Das ist peinlich.
Mourad Bounoua: Wenn ich das Ding gemacht hätte, hätten wir gewonnen. Ich habe gewartet, gewartet, gewartet - und dann wars zu spät. Aber ich verspreche, ich machs wieder gut.
Mirko Baschetti: Hier hat sich gezeigt, daß wir noch keine Spitzenmannschaft sind. Eine Spitzenmannschaft hätte das nach Hause geschaukelt. Mainz war so schwach wie Offenbach.
Die Einzelkritik:
Jörg Sievers: Der Fänger zwischen den Pfosten versteht sein Handwerk, soviel steht fest. Nur eine Fußnote ist, daß der 34-jährige beim Mainzer 1:0 möglicherweise nicht schnell genug aus seinem Tor kam.
Carsten Linke: Die Abwehr war manchmal alles andere als sattelfest, weil der Libero die Zügel nicht fest genug in die Hand nahm. So konnte der Kapitän das 96-Schiff nicht auf Kurs Tabellenführung bringen.
Bastian Reinhardt: Als Kopfarbeiter ist der 1,94-Meter-Manndecker unverzichtbar. Die Fußarbeit ist allerdings verbesserungswürdig.
Mirko Baschetti: Gut, daß er nach seiner Sperre (Ampelkarte) wieder da ist. Dennoch stand das Signal nicht immer auf Rot für die Mainzer Stürmer.
Danijel Stefulj: Beim 3:1 gegen Fortuna Köln hatte er glücklicher agiert - als Manndecker. Gestern im rechten Mittelfeld mit vielen Stellungsfehlern.
Sebastian Kehl: In der ersten Halbzeit der Kopf im 96-Spiel. Zweikampfstark, mit Übersicht - und bei einem Pfostenschuß auch gefährlich.
Andrzej Kobylanski: Engagiert bis zum Geht-nicht-mehr. Das verdient Respekt, obwohl dem Polen nicht alles gelang.
Stefan Blank: Ein Traumpass auf Mourad Bounoua - ansonsten konnte der 96-Blindschopf, der eigentlich gar keiner ist, nicht glänzen.
Mourad Bounoua: Konnte Blanks Vorlage nicht zum 1:0 für 96 nutzen. Bounoua ist zwar Franzose, spielt aber noch nicht wie ein Weltmeister.
Markus Kreuz: In seiner Ex-Heimat hoch motiviert. Zu hoch?
Goran Milovanovic: Einsame Spitze - weil er lange faktisch der einzige Stürmer war. Einmal wurde es haarig, als der 96-Glatzkopf im Netz landete, der Ball allerdings nicht.
Daniel Stendel: Kam, um die Offensive zu verstärken. Unauffällig.
Ayhan Tumani: Noch ein Stürmer - wie Stendel.
Dzevdet Sainoski: Kaum Ballkontakte.
(Quelle: Neue Presse, 24.09.99)
Der nächste Gegner: Am 4. Oktober um 20.15 Uhr zu Hause gegen den 1. FC Nürnberg.