Hannover 96 | Saison 1999/2000, 5.Spieltag |
Hannover 96 - Fortuna Köln 3:1 (2:0) |
96: Sievers - Linke - Stefulj, Reinhardt - Lala, Kehl (90. Sainoski), Kobylanski, Kreuz (75. Stendel), Blank - Morinas (46. Bounoua), Milovanovic / Trainer: Ivankovic
Tore: 1:0 Kreuz (29.), 2:0 Kreuz (43., Foulelfmeter), 3:0 Milovanovic (67.), 3:1 Lex (75.) - Schiedsrichter: Sippel (Würzburg) - Zuschauer: 14 049 - Gelbe Karten: Blank, Kehl, Kobylanski - Rote Karte: Lala (87., Tätlichkeit) - Bes. Vorkommnis: Kreuz scheitert mit einem Handelfmeter am Pfosten (59.)
96 kreuzt oben auf, weil
Ivankovic Versprechen hält
Aufstiegsplatz nach erstem Heimsieg. es soll noch besser
werden
Der Mann will nach oben. Deshalb kann er nicht sitzen
bleiben. Branko Ivankovic zeigte sich fast 90 Minuten lang standhaft, verfolgte das Spiel
der Seinen zumeist im Auf- und Abgehen am Spielfeldrand. Als es vorbei war, klatschte der
Trainer freudig erregt in die Hände, ballte im Ottmar-Hitzfeld-Stil auch kurz die
Fäuste.
Aus gutem Grund: Nach dem 3:1 gegen Fortuna Köln ist 96 schon ziemlich weit oben - Platz
drei in der zweiten Liga. Wenn jetzt Schluss wäre, hätte es geklappt mit dem Aufstieg.
Und Ivankovic verspricht: "Wir werden noch besser."
Dass der kroatische Fußballprofessor seine Versprechen hält, davon konnten sich schon
gestern Nachmittag 14.049 Zuschauer im Niedersachsen-Stadion überzeugen. Er wolle den
Fans "unseren ersten Heimsieg schenken", hatte Ivankovic gesagt. Und nach einer,
sagen wir mal, unspektakulären knappen halben Stunde drehte 96 plötzlich auf.
Erst gab es zwischen Minute 26 und 27 vier dicke Chancen. Chance eins: Markus Kreuz
spielte Igoris Morinas frei, der Litauer hatte aber offenbar nicht gut gefrühstückt -
sein Schuss war nur ein Schüsschen. Chance zwei: Goran Milovanovic versuchte es aus der
Drehung, Fortuna-Torhüter Attila Hajdu lenkte den Ball über die Latte.
Chance drei: Hajdu machte Carsten Linke (er wurde 34) kein Geburtstagsgeschenk, weil er
den Kopfball des 96-Kapitäns aus dem Winkel fischte. Chance vier: Hajdu lag auch beim
Flachschuss von Andrzej Kobylanski richtig.
Dafür sah der 28-jährige Schlussmann aus Ungarn bei Chance Nummer fünf, die eigentlich
gar keine Chance war, wesentlich älter aus als er ist: Der Freistoß von Kreuz ("Es
sollte eigentlich eine Flanke werden") landete zur Überraschung aller im Netz. Das
1:0 in der 29. Minute.
Nun hatte 96 alles im Griff. Und als Sebastian Kehl seinen Kollegen Milovanovic frei
spielte, legte Kölns Rajko Tavcar den 96-Stürmer mal eben übers Knie. Den fälligen
Elfmeter verwandelte Kreuz sicher - sein drittes Saisontor (42.). Applaus zur Pause.
Nach dem Wechsel versäumte es 96, mehr als nur noch ein Tor draufzulegen. Nach einem
schönen Außenristpass des eingewechselten Morad Bounoua erzielte Milovanovic seinen
fünften Saisontreffer (67.). Vorher hätte Markus Kreuz sein Torekonto auf vier erhöhen
können.
Aber nach einem Handspiel des Kölners Hansjörg Schneider (er sah dafür Rot) auf der
Linie schoss Kreuz den Strafstoß diesmal nur an den Pfosten (59.). "Mist",
ärgerte sich der Fehlschütze. Vorher hatte Kreuz noch nie einen Elfmeter für 96
vergeben.
Dass Köln dank Alexander Lex in der 75. Minute noch zum Ehrentreffer kam - na gut, es
störte herzlich wenig. Die rote Karte für Hannovers Altin Lala schmerzte dagegen ein
wenig mehr.
Am Ende bedankten sich Branko Ivankovic und sein Ballpersonal bei den Fans. Und der
96-Coach, schon während der Partie mit Hemd und Krawatte ganz Gentleman, zog sich dafür
extra noch sein Sakko an. Der Mann will eben nach oben. Und womit? Mit Stil.
Die Reaktionen:
96-Trainer Branko Ivankovic: Ich freue mich für die Fans über den ersten Heimsieg. Wir haben drei schöne Tore geschossen und viele Chancen herausgearbeitet.
Kölns Trainer Harald "Toni" Schumacher: Eine halbe Stunde hatten wir 96 so weit, dass sie nicht mehr weiter wussten. Dann haben wir zwei doofe Tore kassiert.
96-Chef Martin Kind: Das war ein erfrischendes Spiel. Der Sieg wird die Mannschaft weiter motivieren.
96-Aufsichtsrat Dr. Martin Biskowitz: Wir stehen jetzt besser da als vor einem Jahr.
Markus Kreuz: Nach dem 1:0 ist der Knoten geplatzt, und wir waren klar besser.
Carsten Linke: Wir haben über 90 Minuten kaum Chancen zugelassen und hätten höher gewinnen müssen.
Goran Milovanovic: Das war unser erster Heimsieg - ich bin sehr glücklich. Ich möchte mich bei der Mannschaft bedanken, die mir mein Tor ermöglicht hat. Und auch bei den Fans, die mich so lieben.
Jörg Sievers: Eine gute Leistung und ein verdienter Sieg.
Wolfgang Frank, Trainer des nächsten Gegners Mainz: 96 hat eine kompakte Truppe und war vom Zweikampfverhalten klar besser. Wir werden es ihnen aber nicht so leicht machen.
Die Einzelkritik:
Jörg Sievers: Der Fänger war selten
in Not. Bis auf einen Schuss fischte er alles weg - schuldlos am Gegentor.
Carsten Linke: Fehlerlos, machte an seinem 34. Geburtstag den Kölnern
keine Geschenke. Der Kapitän als Vorbild.
Bastian Reinhardt: In Offenbach war er für Manager Thomas von Heesen
Weltklasse. Gegen Köln Zweitligadurchschnitt.
Danijel Stefulj: Bisher rechts im Mittelfeld, jetzt erstmals Manndecker.
Fehlerlos und stark im Zweikampf - gegen ihn spielen zu müssen wünscht man keinem
Stürmer.
Stefan Blank: Flitzte die linke Seite hoch und runter - mit zwei schönen
Flanken, die zu Toren hätten führen können. Kann es aber noch besser.
Andrzej Kobylanski: Wenn 96 Kilometergeld zahlen würde, wäre der Pole
der Topverdiener. Müsste häufiger auf die Bremse treten und überlegter agieren statt
draufloszulaufen. Im Mittelfeld eine Notlösung.
Sebastian Kehl: Manchmal zu pomadig, kann oder will das hohe Tempo von
Spielern wie Kreuz oder Milovanovic nicht mitgehen. Im zentralen Mittelfeld ein
Wackelkandidat.
Altin Lala: Eigentlich eine gute Leistung. Schnell und mit gutem Auge.
Ruinierte sich aber mit seinem Ausraster und der roten Karte die kommenden Wochen - da
sitzt er gesperrt auf der Tribüne.
Igoris Morinas: Spielt mit Kreuz hinter der einzigen Spitze Milovanovic.
Da muss er mehr laufen als früher. Kommt nicht in Schwung, vergab eine Chance zu
leichtfertig. Noch immer ohne Tor.
Markus Kreuz: 96-Trainer Branko Ivankovic wird mehrere Ausrufezeichen
hinter seinen Namen gesetzt haben. Kreuz wächst langsam in die Rolle des Spielgestalters
hinein. Schöne Vorlagen, dazu zwei Tore - was zählt da schon ein verschossener Elfmeter?
Goran Milovanovic: Holte den Elfmeter vorm 2:0 heraus und machte das
dritte Tor. Mehr braucht man von einem Stürmer eigentlich nicht zu erwarten, auch wenn er
drei weitere Treffer hätte erzielen können. Manchmal zu eigensinnig - aber muss ein
guter Stürmer dies nicht auch sein?
Morad Bounoua: Brachte wie in Offenbach Schwung ins 96-Spiel. Hat es
verdient, mal von Beginn an dabei zu sein.
Daniel Stendel: Noch nicht in Topform.
Dzevdet Sainoski: Kam kurz vorm Abpfiff. Bei der Einwechslung machte der
Mazedonier keine Fehler.
Hier die Tore online: http://www.stud.uni-hannover.de/~willy/tor96.htm
(Quelle: Neue Presse, 20.09.99)
Der nächste Gegner: Am 24. September beim FSV Mainz 05.