Hannover 96 | 2. Bundesliga 98/99, 34. Spieltag |
Hannover 96 - SG Wattenscheid 09 2:1 (0:0) |
96: Wagener - Linke - Reinhardt, Dworschak - Kreuz (81. Gärtner), Addo (73. Gerber), Lala, Rasiejewski, Blank - Asamoah (17. Morinas), Kobylanski / Trainer: Gerber
Tore: 1:0 Reinhardt (56.), 2:0 Kreuz, (62. Foulelfmeter, Terranova an Lala), 2:1 Simeonov (79.) - Zuschauer: 24 941
96 sagt danke, am Ende ist's ein Drama
Reinhardt und Kreuz treffen, aber schöner Traum vom Aufstieg vorbei
Schluß, aus, die Saison ist seit gestern um 20.52 Uhr für 96 zu Ende. Vorbei ist auch der schöne Traum vom Aufstieg das 2:1 gegen Wattenscheid reichte nicht.
Es war ein emotionsgeladener letzter Arbeitstag für die 96-Spieler. Hand an Hand liefen sie ins Stadion ein, entfalteten vor der Tribüne ein Plakat mit der Aufschrift "Danke, 96-Fans". Auch Klubchef Martin Kind bedankte sich übers Mikro artig bei den Zuschauern "für die tolle und treue Unterstützung". Dann verteilte er Blumensträuße an Otto Addo, Dieter Hecking und Jens Rasiejewski, die 96 verlassen. Bei Addo erhoben sich die Fans und sangen "Otto, Otto", auch Hecking bekam einen warmen Applaus.
Wenig später winkte auch Gerald Asamoah zum Publikum herüber, allerdings mit schmerzverzerrtem Gesicht. In Minute 17 mußte er mit einer Hüftverletzung für Igoris Morinas raus. Zuvor hatte der Stürmerstar die erste Chance zur Führung verpaßt (5. Minute), sein Schuß wurde abgeblockt. Unterdessen blieb Sievers-Ersatz Kai Wagener lange beschäftigungslos. Nervös sei er kaum, hatte der Amateurtorhüter vorm Spiel beteuert. Fußball mit Herz wars nicht, was 96 in Hälfte eins spielte und doch gabs noch vor der Pause weitere Chancen: Blank (34.) und Morinas (35., 36.) vergaben.
Zwei Minuten nach dem Seitenwechsel mußte Wagener zufassen, er rettete gegen Dikhtiar, bekam dabei aber noch einen Tritt und blieb am Boden liegen das tat weh. 96 wieder in Torwartnot? Die Fans riefen schon nach Kobylanski, dem Helden von Fürth. Doch Wagener konnte weitermachen. Dann war 96 wieder am Zug und wie. Zuerst versuchte sich Kreuz mit einem Schuß aus spitzem Winkel, nach dem folgenden Eckball köpfte Morinas Wattenscheids Torwart Martin an (54.). Zwei Minuten später wars dann soweit: Bastian Reinhardt traf nach Morinas-Flanke per Kopf zum 1:0. Die Zuschauer hatten in der Pause erfahren, daß Fürth beim Aufstiegskonkurrenten Ulm ein 0:0 hielt, Karlsruhe in Unterhaching nur noch mit zehn Mann spielte. Da ging vielleicht noch was. 96 stürmte weiter die Hoffnung lebte. Umso mehr, als Altin Lala in der 62. Minute im Strafraum von den Beinen geholt wurde und Markus Kreuz den Elfmeter zum 2:0 verwandelte. Der Anschlußtreffer durch Simeonow (79.) hemmte die Gefühlswallungen kaum.
Und als die Kunde vom Ausgleich in Unterhaching kam, war die Freude groß. Wie aber stands in Ulm? Das war die große Frage. Die Antwort wurde erst nach Spielende verkündet: Dort wars beim 0:0 geblieben 96 fehlte nur ein Fürther Tor zum Aufstieg.
Die Reaktionen:
96-Trainer Franz Gerber: Wir haben noch mal alles versucht, um die letzte Chance zu erhalten. Wir haben eine großartige Saison gespielt, waren stärkstes Team der Rückrunde. Da sieht man mal, was hier geleistet worden ist.
96-Meisterspieler von 1938 Ludwig Männer: Wenn mir vorher einer gesagt hätte, daß die noch so eine Serie schaffen und um den Aufstieg spielen, hätte ich den ausgelacht. Es kam vielleicht aber auch alles etwas früh. Technisch sind die Jungs ja alle ganz toll, aber spielerisch reichts nicht.
Otto Addo: Für mich war es ein bewegender Abschied. Ein bißchen traurig bin ich, daß es nicht ganz zum Aufstieg gelangt hat. Aber trotzdem, der Sieg war ein versöhnlicher Abschluß.
Staranwalt Götz von Fromberg: Den Aufstieg haben sie nicht in dem letzten Spiel verschenkt.
Gerald Asamoah: Es ist schade, daß wir das jetzt nicht geschafft haben. Wir müssen aber mit der Saison zufrieden sein. Herzlichen Glückwunsch noch an Ulm.
Torwart Kai Wagener: Das war ein Supererlebnis für mich. So etwas habe ich noch nie mitmachen dürfen. Die Fans waren klasse. Vor allem Carsten Linke hat mir sehr viel Mut zugesprochen. Das hat geholfen.
Markus Kreuz: Das ist jetzt ganz bitter. Aber war haben es gegen die Stuttgarter Kickers oder auch gegen TB Berlin verspielt. Da hätten wir die nötigen Punkte holen müssen.
Bastian Reinhardt: Unmöglich, daß es nicht gereicht hat. Ich mag mir die Spiele jetzt im Fernsehen gar nicht mehr anschauen.
Matthias Dworschak: Insgeheim hatten wir noch ein Fünkchen Hoffnung, doch es war fast klar, daß Ulm mindestens einen Punkt holt. Mit 57 Zählern haben wir aber eine tolle Saison gespielt.
Koordinator Rolf Müller: Die Mannschaft hat unter Franz Gerber ein Riesenjahr gespielt. Tragisch, daß es am Ende nicht gereicht hat.Volkan Arslan: Ich wäre gerne noch mit 96 aufgestiegen vor meinem Wechsel nach Essen.
Die Einzelkritik:
Kai Wagener: Der Ersatz vom Ersatz (Nummer eins Sievers
verletzt, Müller gesperrt) hielt wie ein Großer.
Carsten Linke: Nach einem Patzer des Liberos wäre fast das 0:1 gefallen.
Ansonsten eine gute Leistung.
Matthias Dworschak: Die Glatze blinkt zwar nicht mehr so, seitdem er in
Fürth mit acht Stichen genäht werden mußte. Aber der Manndecker zeigte eine saubere
Leistung.
Bastian Reinhardt: Für Trainer Gerber ist der lange Manndecker (1,94
Meter) einer der wertvollsten Spieler. Beim Kopfball zum 1:0 hat er Gerber recht gegeben.
Rettete auch zweimal in höchster Not am Boden.
Stefan Blank: Besser auf den Beinen als in Fürth, aber glücklos. Vergab
eine große Chance.
Jens Rasiejewski: Bei der Verabschiedung vorm Anpfiff ausgepfiffen.
Agierte in seinem letzten Spiel für 96 nicht so, daß die Fans umschwenken und klatschen
mußten.
Altin Lala: Der Albaner rannte mehr als seine Kollegen. Vergab
unglücklich eine große Möglichkeit, holte aber den Elfmeter zum 2:0 heraus.
Otto Addo: Von den Fans gefeiert, obwohl er nach Dortmund geht.
"Otto, wir danken dir." Aber vor seinem letzten Spiel hatte Addo wohl keinen
Zaubertrank getrunken.
Markus Kreuz: Besser als in den vergangenen Wochen. Schöne Vorlagen, den
Elfmeter sicher verwandelt.
Gerald Asamoah: Verletzte sich schon in der fünften
Minute an der Hüfte. Mußte ausgewechselt werden. Schade für den Publikumsliebling, daß
sein wahrscheinlich letztes Spiel für 96 so endete.
Andrzej Kobylanski: War in Fürth im Torwarttrikot besser als gestern im
Sturm.
Fabian Gerber: Für Addo eingewechselt, unauffällig.
Harald Gärtner: Gerber schenkte ihm den Einsatz zum Abschied. Das Thema
Gärtner ist abgeharkt.
(Quelle: Neue Presse, 18.06.99)