Hannover 96

2. Bundesliga 98/99, 31. Spieltag


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Stuttgarter Kickers - Hannover 96 2:2 (1:1)

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96: Sievers - Rasiejewski - Reinhardt, Dworschak - Kreuz, Addo, Lala (77. Fakaj), Kobylanski, N'Diaye - Asamoah (61. Cherundolo), Morinas (46. Gerber) / Trainer: Gerber

Tore: 1:0 Kevric (23.), 1:1 Asamoah (35.), 1:2 Addo (50.), 2:2 Kevric (90.) - Zuschauer: 5 500


Das Zitterfinale - 96 fehlen zehn Sekunden zu Platz drei
Gerber ärgert sich über Fakaj, für Addo geht Aufstiegsrennen weiter

Willi Sinn fährt Taxi, und er kennt sich nicht nur auf Stuttgarts Straßen aus. Er redet gern und viel, gibt Ratschläge für Aufstiegskandidaten. "Man muß nur rein in den Strafraum, Ruhe bewahren - und dann puff."

Franz Gerber war früher Torjäger, aber mit der Ruhe ist es als Trainer vorbei. Wütend schoß der Ex-Profi nach dem Schlußpfiff den rechten Schuh von Andrzej Kobylanski über den Rasen. Gerber war tief getroffen von dem Tor, mit dem"wir vielleicht den Aufstieg verspielt haben", wie Markus Kreuz meint. Der Ausgleich der Stuttgarter Kickers zum 2:2 war so ziemlich das dümmste, was der Mannschaft passieren konnte.

Unglücklich fiel schon das 0:1 (24.), das Jörg Sievers "auf meine Kappe" nahm. Bei einem Freistoß "habe ich mit einer Flanke gerechnet und auf die andere Seite spekuliert". 96 lag hinten in der Partie, die unbedingt gewonnen werden sollte. Gerber hatte "alles riskiert", das defensive Mittelfeld links und rechts mit den Stürmern Kobylanski und Babacar N'Diaye besetzt. Dazu begann der Coach mit dem Angriffsduo Igoris Morinas und Gerald Asamoah.

Trotz dieser Offensivmacht sah 96 ohnmächtig zu, wie die Kickers Druck machten. Nach einem Solo von Asamoah fiel jedoch unerwartet das 1:1 (34., Foto: Jubel von Asamoah, Addo und N'Diaye). Danach hatte 96 die besten Szenen. Addo, Kreuz und Asamoah (alle 38.) vergaben Torchancen. Zum 2:1 traf dann erst wieder der überragende Addo (51.). Drei Kickers ausgetrickst, rein in den Strafraum und - puff. Das sah so herrlich einfach aus, so wie es sich Taxifahrer Sinn vorstellt. Doch was folgte, war zu armselig für ein Team, das in die Bundesliga will. Die Kickers rannten an, die 96-Abwehr wackelte. Sievers rettete sechsmal in höchster Not.

Ein Klasseteam hätte zudem den Raum, den 96 zum Kontern hatte, für weitere Treffer genutzt. Doch die stümperhaften Versuche führten nur zu einer Chance, die Fabian Gerber frei vor Torwart Klaus vergab (89). Als Schiedsrichter Albrecht die letzte Minute anzeigte und Ervin Fakaj in der Stuttgarter Hälfte den Ball führte, schien dennoch alles überstanden. Sieg in Stuttgart, Platz drei mit 52 Punkten. Doch "was macht dieser Nationalspieler. Schießt aus 45 Metern aufs Tor. Rechts stand Kobylanksi, links Kreuz völlig frei. Wenn er die anspielt oder zur Eckfahne rennt, Lambada tanzt oder sonstwas macht, pfeift der Schiri ab", ärgert sich Gerber. Aber Fakaj machte alles falsch. Behielt nicht die Ruhe, schoß kläglich. Kevric erzielte im Gegenzug das 2:2. Abpfiff. 50 Punkte. "Wir sind weiter im Rennen", sagt Addo. Richtig, aber auch möglich, daß am Ende diese 10 Sekunden zum Aufstieg fehlen.

 

Die Reaktionen:

96-Trainer Franz Gerber: Ich könnte Tobsuchtsanfälle kriegen, wenn ich an den Ausgleich denke. Es sind immer wieder die gleichen Fehler, die uns die Punkte kosten. Wir haben unsere Konter einfach nicht clever genug abgeschlossen.

Stuttgarts Interimscoach Ralf Vollmer: Wir haben stark begonnen, doch nach einer halben Stunde gab’s einen Bruch. Die Art und Weise, wie meine Mannschaft nach dem 1:2 den Kampf angenommen hat, hat mir sehr imponiert.

96-Chef Martin Kind: Ich bin enttäuscht. Aber wenn uns die Fans zum Sieg über TB verhelfen, ist wieder alles drin.

Aufsichtsratschef Harrald Wendt: Mit dem Ergebnis muß man zufrieden sein. Der Aufstieg ist immer noch möglich.

Torhüter Jörg Sievers: Wir waren so dicht dran am Sieg. Doch es geht weiter. Wenn wir am Sonntag gegen TB gewinnen, sind wir wieder voll dabei.

Markus Kreuz: Einer von uns Doofen muß am Ende doch aufsteigen.

Gerald Asamoah: Die letzten Minuten von draußen ansehen zu müssen, war für mich die Hölle. Und dann fällt auch noch der Ausgleich. Wir sind alle sehr enttäuscht.

 

Die Einzelkritik:

Jörg Sievers: Das 0:1 war sein Fehler. Rettete dann aber sechsmal hervorragend.

Jens Rasiejewski: Als Ausputzer gut. Aber keine saubere Leistung mehr, wenn der Kapitän den Besen in die Ecke stellt und den Strafraum verläßt. Zu viele Abspielfehler.

Bastian Reinhardt: Erstes Spiel nach zehn Wochen Verletzungspause. Fand sich noch nicht wieder so zurecht wie früher.

Matthias Dworschak: Sein Gegenspieler bewegte nichts. Einmal rasierte der Glatzkopf den Ball bei einer Stuttgarter Chance vor der Linie weg.

Babacar N’Diaye: Rechts defensiv ein Sicherheitsrisiko. Später als Stürmer keine Gefahr für die Stuttgarter.

Altin Lala: Starker Malocher im zentralen Mittelfeld.

Markus Kreuz: Erst links vorne schwach, später links hinten besser. Kreuz ist in der jetzigen Form kein 96-As.

Andrzej Kobylanski: Begann in ungewohnter Position links hinten, war dann irgendwann wieder Stürmer. Rannte viel.

Otto Addo: Bester Spieler auf dem Platz. Riesensolo zum 2:1, half sehr oft in der Abwehr aus. An ihm liegt’s nicht, wenn 96 nicht aufsteigt.

Igoris Morinas: Kam nicht ins Spiel. Kein Torschuß. Schien noch von seiner Verletzung gehemmt. Gerber nahm ihn zur Halbzeit „wegen seiner Leistung" raus.

Gerald Asamoah: Schön, daß er wieder stürmt. Erzielte sein viertes Saisontor. Nur wenn Asamoah und Addo Gas geben, kommt 96 in Schwung.

Fabian Gerber: Wie schon gegen Uerdingen schwach. Der Trainersohn schien nicht richtig fit zu sein. Verlor fast jeden Zweikampf, vergab die Chance zum 3:1. Das war nichts.

Steven Cherundolo: Das war o.k. vom Ami bis zur Nachspielzeit. Er hinderte seinen Gegenspieler Kevric dann aber nicht am 2:2.

Ervin Fakaj: Der 96-Depp. Der albanische Nationalspieler hätte das 2:1 über die Zeit schaukeln können, mit Übersicht und Ruhe. Aber daran fehlt’s.

(Quelle: Neue Presse, 25.05.99)


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