Hannover 96 | 2. Bundesliga 98/99, 26. Spieltag |
Hannover 96 - FC Energie Cottbus 2:0 (1:0) |
96: Sievers - Kehl - Linke, Dworschak - Rasiejewski, Lala, Addo (76. N'Diaye), Kreuz, Blank - Seidel (89. Fakaj), Morinas (81. Becker) / Trainer: Gerber
Tore: 1:0 Kreuz (33., Foulelfmeter, Amadou gegen Morinas), 2:0 Seidel (87.) - Zuschauer: 23 187
96 darf weiter vom Aufstieg träumen. Der Aufsteiger wischte Energie
Cottbus Freitag abend eins aus, siegte 2:0 gegen den alten Rivalen. Für Kapitän Jens
Rasiejewski, der als Staubsauger vor der Abwehr agierte, und seine Kollegen ging's auch
darum, eine sportliche Altlast zu entsorgen.
Mit einem Sieg wollten sie die Schmach des 1997 gegen Cottbus verpaßten Aufstiegs
vergessen machen. Die 96-Fans erinnerten sich offenbar noch sehr gut an die schmutzigen
Szenen beim entscheidenden zweiten Spiel (1:3) in Cottbus, als die hannoverschen Spieler
bespuckt, beleidigt und mit Bananen beworfen worden waren. Es gab ein Pfeifkonzert und ein
pfiffiges Transparent in Block I, das an den Ausfall des Flutlichts damals erinnern
sollte: "Der Letzte macht das Licht aus."
Den ersten Geistesblitz im Spiel hatte Gegner Cottbus. Witold Wawrzyczek
stand nach einer kurz ausgeführten Ecke allein rechts im Strafraum (3. Minute),
scheiterte mit seinem plazierten Schuß jedoch an Torhüter Jörg Sievers. 96 fehlte
anfangs die rechte Inspiration. Das Team hatte zwar im Mittelfeld ein spielerisches
Übergewicht, zu zwingenden Torchancen aber kam's nicht. Ausdruck der Verunsicherung:
Markus Kreuz und Jens Rasiejewski behinderten sich gegenseitig bei einem Freistoß (33.).
Torgarant Igoris Morinas jedoch behielt die Nerven und bereitete die hannoversche Führung
vor. Er trickste Bewacher Moudachirou Amadou im Strafraum aus, fiel hin, holte sich den
Ball zurück, weil der Elfmeterpfiff ausblieb - und stürzte ein zweites Mal, nachdem
Amadou ihm erneut ein Bein gestellt hatte.
Den fälligen Strafstoß verwandelte Markus Kreuz (33.). 96-Trainer Franz Gerber hatte
schon vermutet, "daß Cottbus es mit allen Mitteln versuchen wird". Die
spielerischen hielten sich aber auch in Hälfte zwei in Grenzen. Weil's aber auch bei 96
abgesehen von einer Chance für Kehl (50.) wieder hakte, war's über weite Strecken kein
schönes Zweitligaspiel.
Die Fans forderten mit "Gerald, Gerald"-Rufen die Einwechslung von Asamoah, doch
Trainer Franz Gerber ließ den Stürmerstar nach dessen zweiwöchiger Verletzungspause auf
der Bank schmoren. Cottbus bemühte sich weiter nach Kräften, die drohende Niederlage
abzuwenden - immer wieder auch mit unerlaubten Mitteln. So flog Rayk Schröder nach
wiederholtem Foulspiel mit Gelb-Rot vom Platz (75.). Sören Seidel machte dann alles klar.
Nach Vorarbeit von Becker und Lala schaffte er das 2:0 (87.).
Die Reaktionen:
Cottbus-Trainer Eduard Geyer: "Wir haben sehr
mangelhaft und ängstlich gespielt, hatten eigentlich keine Tormöglichkeit.Hannover hat
zu Recht gewonnen. Manche Spieler wissen offenbar nicht, um was es geht."
96-Trainer Franz Gerber: "Ich bin hochzufrieden, auch wenn es kein
berauschendes Spiel war. Meine junge Mannschaft hat ihr Pensum clever runtergespielt und
die Chancen eiskalt genutzt."
96-Chef Martin Kind: "Es war ein Arbeitssieg. Wir haben mal Glück
gehabt. Wenn wir jetzt in Oberhausen gewinnen, ist für uns alles drin.
Carsten Linke: "Wenn wir in Oberhausen genau so
konzentriert spielen, gewinnen wir auch da."
Jörg Sievers: "Die zweite Halbzeit von uns war grottenschlecht. Wir
hätten die anderen in Überzahl locker ausspielen müssen."
Sebastian Kehl: "In der zweiten Hälfte ließ es bei uns zu
wünschen übrig. Die hätten wir eigentlich ganz locker ausspielen müssen."
Markus Kreuz: "Es war kein gutes Spiel, am Ende sind wir ziemlich
hektisch geworden. Wir wollen jetzt noch so viele Spiele wie möglich gewinnen. Und dann
schauen wir mal auf die Tabelle."
Die Einzelkritik:
Jörg Sievers: In seinem 334. Spiel für 96 wieder ohne Fehl und Tadel. Zeitweise sogar sensationell.Sebastian Kehl: Wie der junge Sammer. Nahezu erstklassig sein Stellungsspiel und seine Pässe.
Matthias Dworschak: Kojaks Einsätze werden wieder erfolgreicher. Seine Gegenspieler gingen leer aus.
Carsten Linke: 100. Spiel für 96, er kam mit Heidrich manchmal nicht zurecht. In der Offensive besser: Ein Kopfball landete am Pfosten.
Jens Rasiejewski: Im defensiven Mittelfeld wird die Drecksarbeit erledigt, saubere Leistung.
Altin Lala: Wieder so làlà. Aber auch ein Vorbereiter beim 2:0.
Otto Addo: Wenn er antritt, läufts bei 96. Nach 20 Minuten Anlaufzeit glänzte der künftige Dortmunder mit Vorlagen und Einzelaktionen. Verzettelte sich dann aber.
Markus Kreuz: Beim Strafstoß so sicher wie einst im Mai da verwandelte er den entscheidenden Elfmeter im Aufstiegsspiel gegen TB. In der internen 96-Torjägerliste ist Kreuz mit jetzt sechs Treffern ein As.
Stefan Blank: Der U-21-Nationalspieler poliert sein Image immer mehr auf. Gute Leistung auf der linken Seite.
Igoris Morinas: Glücksgriff. Wie er den Elfmeter herausholte Hut ab. Der Litauer ist von seinen Gegenspielern ungefähr so zu beherrschen, wie ein Bulle beim Rodeo.
Sören Seidel: Lange wars weder Fisch noch Fleisch, was der Leihstürmer zustande brachte. Bewies beim 2:0 aber seine Torjägerqualitäten.
Babacar NDiaye: Kam für Addo unauffällig.
Matthias Becker: Kam für Morinas Initiator des 2:0, fast ein Tor.
Ervin Fakaj: Kam für Seidel, sicherte das 2:0.
(Quelle: Neue Presse, 17.04.99)