Hannover 96 | 2. Bundesliga 98/99, 21. Spieltag |
Hannover 96 - SpVgg Unterhaching 0:1 (0:0) |
96: Sievers - Rasiejewski - Dworschak, Reinhardt (18. Gärtner) - Linke, Baschetti, Cherundolo, Addo, Kreuz (80. Arslan) - Morinas (73. Becker), Asamoah / Trainer: Gerber
Tore: 0:1 Seitz (72.) - Zuschauer: 22 929
96 geknickt, Gerbers Heimpremiere mißglückt
Unterhaching kontert geschickt, 23 000 Zuschauer enttäuscht
Die Heimpremiere von 96-Trainer Franz Gerber ist mißglückt. Nach den Siegen in Uerdingen (1:0) und Köln (2:0) gab's gestern abend vor 22 929 Zuschauern beim 0:1 gegen Unterhaching einen Dämpfer.
Was darf man schon erwarten von 96, wenn's gegen eine Mannschaft geht, die im Schnitt pro Spiel nur 0,7 Tore zuläßt (14 Gegentreffer in 20 Partien)? Nicht unbedingt einen schönen Fußballabend, hatte Unterhachings Trainer Lorenz-Günter Köstner vorher vermutet. Er sollte Recht behalten. Köstner predigt seinen Spielern immer wieder die heilige Defensivtaktik, weil "auch dieser Weg zum Erfolg führen kann". In Hannover führte der Weg für seine Spieler erst einmal in die eigene Hälfte, Unterhaching verließ sich erneut auf seine zerstörerischen Kräfte. Das wäre in Minute drei beinahe schon schiefgegangen für die Gäste. Igoris Morinas sprang der Ball im Strafraum vor die Füße - doch der 96-Stürmer war so verdutzt, daß die Kugel auch gleich wieder wegkullerte. 96 bemühte sich weiter, die kampfstarken Bayern in Verlegenheit zu bringen, doch das gelang nur selten. Unterhaching nahm Hannovers Kreativkräften Otto Addo und Gerald Asamoah die Effektivität - wenn's denn sein mußte mit vereinten Kräften oder Fouls. Es war ein wenig wie beim Sieg in Köln, nur daß 96 nun die Rolle des 1. FC übernommen hatte und das Spiel machen mußte. Unterhaching hingegen konterte geschickt und hatte die klareren Chancen. So scheiterte Jochen Seitz mit einem plazierten Schuß aus 18 Metern nur knapp am 96-Torhüter Jörg Sievers (18.), Markus Oberleitner verstolperte freistehend fünf Meter vorm Tor (28.), und Jan Seifert (32.) scheiterte mit einem Kopfball an die Latte.
96 jedoch hatte in Hälfte eins nur noch eine gute Chance bei einem 18-Meter-Schuß von Carsten Linke, den Torwart Jürgen Wittmann glänzend parierte. In der Halbzeit war Bastian Reinhardt zuversichtlich, daß es "noch einen Sieg gibt". Der Verteidiger hatte sich schon früh (18.) aus der Partie verabschieden müssen, weil "ich nach einem Duell mit einem Unterhachinger im Strafraum umgeknickt bin". Verdacht auf Bänderriß. Der Knick im 96-Spiel war auch nach dem Seitenwechsel unverkennbar. Die junge hannoversche Mannschaft wirkte verunsichert, versuchte sich vergebens mit Einzelaktionen. So schoß Mirko Baschetti nach einem Alleingang links vorbei (63.). Unterhaching blieb gefährlich. In der 65. Minute vereitelte Sievers eine Chance von Matthias Lust, sieben Minuten später war aber auch der 96-Torhüter hilflos. Jochen Seitz hatte aus 19 Metern abgezogen - und genau in den rechten oberen Winkel getroffen. Es blieb zur Enttäuschung der hannoverschen Fans das einzige Tor des Abends. Am Ende gab's sogar Pfiffe für die Aufsteiger.
Die Reaktionen:
Unterhachings Trainer Lorenz-Günther Köstner: Meine Mannschaft hat so gespielt, wie 96 in Uerdingen und Köln. Es war natürlich ein Traumtor, solche Tore schießt man nicht immer.
96-Trainer Franz Gerber: Unsere Offensivkräfte konnten sich einfach nicht entscheidend durchsetzen. Von hinten kam auch zu wenig. Die Mannschaft braucht noch einiges. Sie ist noch nicht kreativ genug.
96-Chef Martin Kind: Ich bin nicht enttäuscht. Heute hat einfach die bessere Mannschaft gewonnen. Wir haben vor dem Spiel ein wenig geträumt, jetzt ist die Realität wieder da.
Matthias Dworschak: Wir hätte die Gegenspieler beim Treffer konsequenter stören müssen.
Steven Cherundolo: Wir hatten Chancen genug, haben sie aber nicht genutzt.
Harald Gärtner: Wir haben immer nur gespielt, gespielt, gespielt - und am Ende ist nichts dabei rumgekommen.
Otto Addo: Die haben die Räume zugemacht, wir sind da nicht durchgekommen. Unterhaching hat mit einem Sonntagsschuß gewonnen. Für mich war's ein schlechtes Spiel. Ich konnte wenig Akzente setzen.
Gerald Asamoah: Die standen hinten super. Ich bin enttäuscht.
Die Einzelkritik:
Jörg Sievers: Bewahrte sein Team vorm früheren Rückstand. Konnte den Glücksschuß von Seitz zum 0:1 nicht halten.
Jens Rasiejewski: Libero, oft zehn Meter hinter seiner Abwehr. Nicht immer Herr der Lage im 96-Strafraum.
Matthias Dworschak: Hatte mit Altin Rraklli viel Mühe. Aber der Glatzkopf gewann das Duell gegen den Albaner.
Bastian Reinhardt: Knickte früh bei einer Rettungsaktion um, mußte in der 18. Minute ausgewechselt werden.
Harald Gärtner: Kam für Reinhardt, rückte auf die rechte Seite der Viererkette und stolperte gleich in einige unglückliche Aktionen. Konnte später auch auf der linken Seite seine gute Leistungen aus der Vorbereitung nicht bestätigen.
Mirko Baschetti: War viel in Bewegung, Sieger im Duell mit Garcia, der auch ausgewechselt wurde. Hätte ein Tor erzielen können. Bester 96-Spieler.
Carsten Linke: Machte viel, aber nicht alles gut. Fing rechts an, wechselte in die Mitte der Kette, dann wieder rechts. Hatte Pech bei einem 20-Meter-Schuß.
Markus Kreuz: Mußte Addo Platz machen, rückte von offensiven Mittelfeld auf die linke Seite, später in die zentrale Kettenrolle. Der Wechsel brachte ihn auch nicht besser ins Spiel.
Steven Cherundolo: Anfangs stark und schnell. Als der 96-Motor stotterte, ließ aber auch der 20jährige nach. Spielte einige Fehlpässe - die Nerven.
Otto Addo: Versuchte es immer wieder im Alleingang, rannte sich zu oft fest. Nur ein Kreativblitz von Addo schien die Unterhachinger Abwehr knacken zu können.
Gerald Asamoah: Ständig von zwei bis drei Gegnern umringt. Behauptete sich, auch wenn er keine Torchance erarbeiten konnte.
Igoris Morinas: Gut am Ball, aber zu selten in Szene gesetzt.
Volkan Arslan: Für Kreuz im Spiel, konnte keinen entscheidenden Stich mehr machen.
(Quelle: Neue Presse, 06.03.99)