Hannover 96 | 2. Bundesliga 98/99, 12. Spieltag |
Hannover 96 - Fortuna Düsseldorf 0:2 (0:1) |
96: Sievers - Baschetti - Reinhardt, Dworschak - Linke, Addo, Rasiejewski, Kreuz, Gärtner (65. Hecking) - Degen (84. N'Diaye), Kobylanski (65. Gerber) / Trainer: Fanz
Tore: 0:1 Tare (44., Foulelfmeter), 0:2 Cartus (90.) - Zuschauer: 9 439
Schwarze Wolken über Hannover, 96 ging kein Licht
auf
Abstiegskampf hat begonnen, Stürmer im Test
Gestern um 16.53 Uhr war die erste Heimniederlage perfekt - 0:2 gegen Fortuna Düsseldorf. Für die Aufsteiger aus Hannover hat der Abstiegskampf begonnen. 96 hat nur noch vier Punkte Vorsprung auf den Tabellenkeller.
Der Boden im Niedersachsen-Stadion war nach Dauerregen in der Nacht naß und schwer. Die Platzkommission hatte jedoch schon am Sonnabend entschieden, daß das Spiel stattfindet. Weil schwarze Wolken kurz nach dem Anpfiff den Himmel über Hannover verdunkelten, wurde die Nachmittagspartie zum Flutlichtspiel. 96 ging gestern 90 Minuten lang kein Licht auf. "Wir hätten noch eine Stunde länger spielen können", ärgerte sich 96-Trainer Reinhold Fanz hinterher, "das Düsseldorfer Tor war wie vernagelt." Dabei begann seine Mannschaft recht gut. Fanz hatte hinten umgestellt: Der ballsichere Mirko Baschetti ordnete als Libero das Spiel, der bisherige Abwehrchef Bastian Reinhardt wurde zum Manndecker, und Carsten Linke rückte ins Mittelfeld. Der Ex-Oldenburger bot eine starke Partie - und traf in der 21. Minute zum 1:0 für 96. Ganz regulär, wie die Fernsehaufzeichnung bewies. Doch Schiedsrichter Schmidt meinte gesehen zu haben, daß Linke nach dem Paß von Gärtner im Abseits stand und gab den Treffer nicht.
96 spielte danach weiter durchaus kultiviert nach vorne. Gäste-Trainer Klaus Allofs schien es "nur noch eine Frage der Zeit, bis das erste Tor gegen uns fällt". In der 41. Minute war's dann auch fast soweit, doch Jürgen Degen verstolperte sieben Meter frei vorm Tor. Ein ähnliches Mißgeschick passierte wenig später auch Baschetti - und zwar im eigenen Strafraum. Er trat am Ball vorbei, traf statt dessen das linke Schienbein von Nehrbauer. Schmidt entschied auf Strafstoß (44.). "Zu Recht", gab Baschetti zu, "den habe ich voll erwischt." Igli Tare verwandelte sicher. In Hälfte zwei versuchte es 96 "mit der Brechstange" (Fanz), doch die Fortuna-Abwehr ließ sich nicht knacken. Die Ordnung in Hannovers Mannschaft war dahin, Düsseldorf bei Kontern gefährlich: Pizarro (57.) und Dobrowolski (71.) vergaben die frühe Entscheidung. In der Nachspielzeit passierte es dann doch noch: Daniel Cartus machte sich auf und davon, ließ sich auch vom ausgelaugten Dworschak nicht aufhalten und schoß zum 0:2 ein. Fanz will nun am kommenden Freitag in Uerdingen "auswärts eine Sensation schaffen". Sensation? Zur Erinnerung: Uerdingen ist Tabellenletzter, ein Sieg ist Pflicht, sonst geht's in der Tabelle nach ganz unten. Vorm Zitterspiel im Westen testet 96 in dieser Woche drei Stürmer.
Die Einzelkritik:
Jörg Sievers: Der Torwart kann einem leid tun. Bekam kaum etwas zu tun, mußte aber zwei unhaltbare Treffer hinnehmen.
Mirko Baschetti: Erstmals Libero. Fing gut an, spielerisch viel besser als Vorgänger Reinhardt. Doch nach dem von ihm verschuldeten Elfmeter lief beim Abwehrchef gar nichts mehr.
Bastian Reinhardt: Solide als Manndecker gegen Tare.
Matthias Dworschak: Beim zweiten Gegentor ohne Ball langsamer als Cartus mit. Muß nach seiner langen Verletzungspause erst wieder in Schwung kommen.
Harald Gärtner: Für den gesperrten Lala rechts hinten im Einsatz. Langsam mit vielen Fehlern - Fanz sollte Gärtner auf die Ersatzbank verpflanzen.
Jens Rasiejewski: Bemüht, aber mehr nicht..
Markus Kreuz: Links hinten im Einsatz. Schnell, aber Kreuz bringt null Gefahr vors gegnerische Tor.
Carsten Linke: Diesmal im zentralen Mittelfeld. Stoppte Dobrowolski, mit vielen guten Vorlagen. Erzielte ein Tor, das zu Unrecht wegen Abseits nicht anerkannt wurde. Mit Riesenlaufpensum - so ist's recht, Herr Linke!
Otto Addo: Der 96-Zauberer in der Krise. So schwach haben die Fans Addo noch nie gesehen. Erstmals forderten die Zuschauer seine Auswechselung.
Andrzej Kobylanski: Das war wieder nichts.
Jürgen Degen: Besser als Kobylanski, weil er sich auch mal Chancen erarbeitete. Aber die vergab er kläglich.
Dieter Hecking: War verletzt, kam für Gärtner. Fiel aber nicht auf - für einen Stürmer keine gute Stellenbeschreibung.
Fabian Gerber: Kam für Kobylanski, sorgte für neuen Schwung. Gerber brachte in 22 Minuten mehr zustande als der Pole in 68. Minuten.
Babacar N'Diaye: Für Degen spät eingewechselt, machte aber keinen Stich.
Die Pressestimmen:
Express (Düsseldorf): Fortuna meldet sich zurück. Igli Tare verwandelte gegen Strafstoßkiller Sievers souverän. Nach der Pause versäumte es Fortuna aber, den Sack frühzeitig zuzumachen.
Hannoversche Allgemeine Zeitung: Das Resultat paßte aus hannoverscher Sicht zum tristen Wetter. Mit 0:2 kassierte 96 gegen Fortuna Düsseldorf die erste Heimniederlage. Besserung scheint vorerst nicht in Sicht.
Bild (Hannover): 96 im Herbst - ein Trauerspiel. Die Pfiffe und Unmutsäußerungen werden immer lauter - und vor allem mehr.
kicker: Das Stürmerproblem in Hannover wird immer akuter. Im Spiel gegen Fortuna Düsseldorf trat die eklatante Abschlußschwäche auch erstmals zu Hause zu Tage.
(Quelle: Neue Presse, 02.11.98)