Hannover 96

2. Bundesliga 98/99, 10. Spieltag


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Hannover 96 - RW Oberhausen 1:1 (0:1)

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96: Sievers - Reinhardt - Baschetti, Linke - Lala, Addo, Rasiejewski, Kreuz, Blank (46. Gärtner) - Degen (74. Kobylanski), Messinese (66. N'Diaye) / Trainer: Fanz

Tore: 0:1 Weber (10.), 1:1 Degen (46.) - Zuschauer: 11 894


Kleeblätter im Glück, weil bei 96 nur Degen rupfen konnte
Planloses Unentschieden gegen den Letzten, Kontakt nach oben verloren

War das ein Gestöhne und Geraune im Niedersachsen-Stadion. "Nee", "ooh", dazwischen auch ein paar Pfiffe, zur Halbzeit sogar richtig viele. Es war so schlimm, daß die Fans aus der Nordkurve Reinhold Fanz aufforderten: "Trainer, hol' die Peitsche raus." Doch Fanz hatte nur einen Degen, der zuschlug.

Die sogenannten Kleeblätter aus Oberhausen, Letzter der zweiten Liga, ließen sich nicht rupfen von 96. Das 1:1 hilft 96 nicht weiter, der Kontakt zur Spitze reißt immer mehr ab. Überraschend hatte Fanz den kleinen Italiener auf der Rechnung. Guiseppe Messinese durfte zum ersten Mal von Anpfiff an mitkicken. Im Januar war Messinese nach Hannover gewechselt, hatte meist seinen 96-Dienst in der Reserve verrichtet. Neben dem Italiener stürmte Jürgen Degen, der auch die erste Chance (3.) vergab. Es fing gut an für 96, Linke schoß aus 20 Metern noch knapp vorbei (9.). Kaum war der Manndecker zurückgeeilt in seinen eigentlichen Arbeitsbereich, da erwischte es das 96-Team. Judt schlug einen Freistoß von der rechten Seite, Linke und Reinhardt sprangen am Ball vorbei, Weber erzielte das 0:1 (10.). Das Tor schockte 96.

Hilflos, ratlos, kopflos agierte die Mannschaft in der Folge. Jubel gab es nur noch einmal, und zwar genau nach 22 Minuten, als sich Gerald Asamoah zeigte. Die Fans feierten den 20jährigen Herzpatienten in Sprechchören. Vor der Partie hatte Asamoah mit Klubchef Kind gesprochen. Der Stürmer gab sich zuversichtlich, "in drei Wochen" schon wieder spielen zu können. Kind bleibt zurückhaltender. "Wir können die Verantwortung nicht tragen." Erst wenn ein "positives Gutachten" von einem Arzt vorliegt, der Asamoah das Spielen erlaubt, wird er wieder für 96 stürmen können. Zur Halbzeit glaubte Asamoah jedenfalls, "da geht noch was" - er meinte seine 96-Kollegen. Degen bestätigte den mitleidenden Asamoah schon in der ersten Minute der zweiten Hälfte. Einen Eckball von Rasiejewski köpfte der 30jährige zum Ausgleich ins Tor (46.). Und die Mannschaft machte endlich Druck. Oberhausen zog sich an den eigenen Strafraum zurück, der neue Trainer Aleksander Ristic ordnete seine Kleeblätter hinten an. Ristic saß 90 Minuten nahezu regungslos auf seinem Klappstuhl. Was er von 96 sah, machte ihm wohl auch wenig Angst. Die Hannoveraner leisteten sich im Aufbau noch immer zu viele Fehlpässe. Otto Addo versuchte es immer wieder im Alleingang - ihm fehlte mit Asamoah auch sein liebster Anspielpartner. Die eingewechselten Kobylanski und N'Diaye verstolperten Chancen (76.). Kurz vor Schluß stöhnten die Fans wieder: Kobylanski vergab aus vier Metern den Sieg.

Die Reaktionen:

Aleksander Ristic (Trainer Oberhausen): Das war ein gutes Zweitligaspiel. Ich bin seit zwölf Tagen im Amt. Wir haben Disziplin gekriegt. Unser Gegner war eine sehr gute Mannschaft mit erfrischendem Fußball.

96-Trainer Reinhold Fanz: Wir sind enttäuscht, müssen aber mit dem 1:1 zufrieden sein. Immer wieder bringen uns individuelle Aussetzer in Schwierigkeiten. Jetzt müssen wir auswärts punkten.

96-Sportdirektor Franz Gerber: Das Spiel haben wir verschenkt.

Dieter Hecking: Wir haben die erste Halbzeit verschlafen. Wir hätten in der Endphase das 2:1 machen können, aber auch ein Tor kassieren können. Der Punkt ist okay.

Jürgen Degen: Ich hätte zwei Tore machen müssen, dann hätten wir gewonnen.

Jens Rasiejweski: Es ist dumm, daß wir die Tore immer auf die gleiche Weise kassieren. Immer durch Standardsitutationen.

Otto Addo: Wir sind in der ersten Halbzeit nicht durch die massive Deckung gekommen.

Die Einzelkritik:

Jörg Sievers: Wenig geprüft, aber einmal überwunden. Wenn's was zu halten gab, war der Routinier sicher da.

Bastian Reinhardt: Wechselte sich schon nach dem frühen Rückstand mit Rasiejewski auf der Liberoposition ab, um vorne mit seiner Kopfballstärke für Gefahr zu sorgen. Es blieb beim Versuch.

Carsten Linke: Fleiß kann man dem langen Blonden immer bestätigen, aber diesmal fehlte oft die Nähe zum Gegenspieler.

Mirko Baschetti: Wie so oft - solide.

Jens Rasiejewski: Rackerte wie gewohnt, aber seinen Stempel konnte der dem Spiel nicht aufdrücken.

Altin Lala: Gerade mal lala. Hatte beim Flutlichtspiel selten einen hellen Moment.

Stefan Blank: Obwohl der 1,90-Meter-Mann optisch aus der Elf heraussticht, fiel er kaum auf. Ohne Bindung zum Spiel und Kollegen. Zu Recht ausgewechselt.

Markus Kreuz: Wendig und schnell, aber seine Flanken brachten die Oberhausener Abwehr zur selten zum Schwimmen. Schade - Gegenspieler Weber schoß ein Tor.

Otto Addo: Was wäre 96 ohne die Ideen dieses Mannes? Leider immer noch zu ballverliebt.

Jürgen Degen: Schon am Anfang stichelte er ganz ordentlich, nach der Pause traf er Oberhausen direkt ins Herz. Das gab viel Selbstvertrauen. Einer der Gewinner.

Guiseppe Messinese: Gegen Bezirksligaklubs gelingen ihm schon mal vier Treffer, daß er 96 in der zweiten Liga helfen kann, bleibt ein Gerücht. Die Personalnot muß wohl noch größer werden, damit der kleine Italiener wieder eine Chance bekommt.

Harald Gärtner: Drängte sich nicht als Stammspieler auf. Stand zuviel rum.

Babacar N'Diaye: Aktivposten ohne das Glück, das ein Angreifer zum Erfolg braucht.

Andrzej Kobylanski: Hätte als Einwechselspieler zum Helden werden können, rutschte aber einmal knapp am Siegtreffer vorbei, scheiterte ein anderes Mal an seinen Nerven.

(Quelle: Neue Presse, 17.10.98)


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