Hannover 96

2. Bundesliga 98/99, 4. Spieltag


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SpVgg Unterhaching - Hannover 96 3:1 (1:1)


96: Sievers - Hecking - Linke, Baschetti - Reinhardt, Rasiejewski, Blank (62. Kehl), Addo (57. Gerber), Kreuz - Kobylanski (70. N'Diaye), Asamoah / Trainer: Fanz

Tore: 0:1 Kreuz (17.), 1:1 Garcia (25.), 2:1, 3:1 M. Zimmermann (62., 83.) - Zuschauer: 3 000


Zimmermann nagelte zwei rein, 96 fand’s behämmert
Starker Start beim Hitze-Spiel, aber dann ging Hannover die Puste aus

Wenn der 96-Luxusbus im Verlauf der vergangenen Regionalliga-Saison in Wilhelmshaven oder Herzlake vorfuhr, war das Erstaunen groß. Nun spielt Hannover in der zweiten Liga - und zieht auch dort die Blicke auf sich.

Gestern in Unterhaching rollten die 96-Profis mit dem noblen Bus von Bayern München an. Der Rekordmeister hatte seinen fahrbaren Untersatz den per Flugzeug angereisten Norddeutschen geliehen. Eine kleine Geste des großen FC Bayern. Im Unterhachinger Sportpark war’s dann aber mit den Nettigkeiten zwischen Bayern und Niedersachsen vorbei. Nach 90 Minuten Kampf in einer Art Brutkasten (mehr als 30 Grad im Schatten wurden gemessen, aber auf dem Rasenrechteck gab’s kaum Schatten) hatten die Gastgeber mit 3:1 gewonnen. Für 96 war’s die erste Niederlage im dritten Spiel.

Während sich einige der etwa 500 hannoverschen Fans unter den 2700 Zuschauern gerade von der nahen „Gartenschänke" auf den Weg ins Stadion machten, ging schon das erste Mal ein Raunen durchs überschaubare Stadion. Gerald Asamoah war an drei Unterhachinger Abwehrspielern vorbeigesaust wie ein Porsche an einem VW-Käfer, flankte dann aber hinters Tor.

96-Trainer Reinhold Fanz setzte unter blau-weißem Himmel im Süden von München auf die Anfangsformation vom 1:0-Sieg in Bielefeld. Und sah die Seinen zunächst Angriffen ausgesetzt. Nach sechs Minuten schoß Geburtstagskind Markus Oberleitner (wurde gestern 25) noch weit drüber, drei Minuten später machte er es dann besser. Aber 96-Schlußmann Jörg Sievers konnte abwehren. Wenig später war’s Stürmer Alfonso Garcia, der mit einem Kopfball den Posten traf. So etwas, das ist bekannt, rächt sich irgendwann. Genauer gesagt in der 17. Minute: Asamoah wühlte sich mit seinem muskelbepackten Körper im Strafraum durch, plötzlich hatte Markus Kreuz freie Schußbahn - und der Linksfuß traf mit rechts zum 0:1. Nach 26 Minuten gaben die Unterhachinger, die bis vor kurzem noch keinen Trikotsponsor hatten und nun für eine ortsansässige Senffirma werben, ihren Senf dazu. Oberleitner legte mit dem Kopf vor, Garcia kam herangerauscht und vollendete aus kurzer Distanz. Das erste 96-Gegentor nach 206 Zweitligaminuten. Der Ausgleich war zwar verdient, aber aus hannoverscher Sicht höchst überflüssig. Nach dem Wechsel ließ sich der Aufsteiger erneut unter Druck setzen - und wurde bestraft. Matthias Zimmermann nagelte den Ball aus gut 25 Metern mit links in den rechten Winkel (60.). Freilich war’s ein Sonntagsschuß am Sonntagnachmittag - und somit Pech für Hannover. Pech hatte dann auch Carsten Linke. Sein Kopfball flog knapp übers Tor (63.). Und auch der eingewechselte Babacar N’Diaye traf per Kopf nicht (76.). Schließlich ging bei 96 nichts mehr, Zimmermann schlug noch einmal zu - sein Kopfball landete unter der Latte.

Die Reaktionen

Dieter Hecking: Sicher war mehr drin, wenn man 1:0 führt. Aber wir haben in der zweiten Halbzeit zu wenig die Bälle gehalten. Nach dem 1:2-Rückstand war es schwer, nochmal ins Spiel zurückzufinden.

Gerald Asamoah: Nach dem 1:0 haben wir es versäumt, die Führung auszubauen. Die haben uns dann ausgekontert und den Ausgleich erzielt. Beim 2:1 waren wir nicht nahe genug am Mann, und das 3:1 war wieder ein Konter. Danach waren wir alle platt.

Markus Kreuz: Der Ausgleich hätte nicht fallen dürfen. Das haben die Unterhachinger wie bei ihrem 1:1 in Gütersloh gemacht. Wir hatten das in der Mannschaftssitzung angesprochen.

96-Trainer Reinhold Fanz: Wir haben uns in der ersten Halbzeit ganz gut verkauft, haben es aber nach dem 1:0 versäumt, die Führung auszubauen. In der zweiten Hälfte haben wir nach dem 2:1 alles probiert, aber gegen so eine dicht gestaffelte Abwehr ist’s schwer.

Unterhachings Trainer Lorenz-Günter Köstner: Ich habe trotz der Hitze die Parole ausgegeben, volle Pulle zu spielen. Wenn’s schief gegangen wäre, hätte ich auch die Verantwortung übernommen. 96 hat seine Stärken in Angriff und Mittelfeld. In der Abwehr sind Schwächen zu erkennen.

Die Einzelkritik:

Jörg Sievers: Drei Gegentore - trotzdem einer der besten Hannoveraner.

Dieter Hecking: Der Libero ist selbstkritisch - deshalb wird er mit seiner Leistung nicht ganz zufrieden gewesen sein.

Carsten Linke: Dem zuletzt von einem Hexenschuß geplagten Manndecker gelang es nicht immer, Garcia zu verhexen.

Mirko Baschetti: Hatte Rraklli gut im Griff. Also Note gut.

Bastian Reinhardt: Am 1:0 beteiligt, sonst häufig zu unbeteiligt.

Jens Rasiejewski: Der Kapitän saugte diesmal nicht so gründlich staub.

Stefan Blank: Der Torschütze von Bielefeld hatte zeitweise mit Markus Oberleitner zu tun und dabei einige Probleme.

Otto Addo: Seine Kondition reichte diesmal für 55 Minuten. Gut findet sich Otto aber noch lange nicht.

Markus Kreuz: Kam mal über rechts, mal über links - schön verwirrend. In der zweiten Halbzeit ließ er nach.

Andrzej Kobylanski: Kämpfte, schoß aber nur einmal halbherzig aufs Tor. Zu wenig.

Gerald Asamoah: Am Ball ein Genuß. Aber vorm Tor zu ungefährlich.

Fabian Gerber: Der Managersohn fiel nicht auf - aber auch nicht ab.

Sebastian Kehl: Siehe Gerber.

Babacar N’Diaye: Am Ball kann „Air Baba" was - nur: Ein Tor von ihm ist ungefähr so wahrscheinlich, wie eine Dattelpalme auf Spitzbergen.

Pressestimmen zum Spiel:

Abendzeitung (München): Aufsteiger Hannover 96 hat nach zwei Siegen ohne Gegentor den Meister gefunden.

Süddeutsche Zeitung (München): An Ausreden hätte es der SpVgg Unterhaching nicht gemangelt. Die 35 Grad auf dem schattenlosen Spielfeld oder den Gegner, der ausgeruht kam, während den Gastgebern noch das Donnerstagsspiel in den Knochen steckte. Doch es kam ganz anders.

Kicker: Die 96er enttäuschten nicht, dürften aber wieder auf dem Boden der Tatsachen angekommen sein.

Hannoversche Allgemeine Zeitung: 96 ist keine Über-Mannschaft, doch die Fanz-Truppe hat das Potential, eines Tages nach Höherem zu greifen. Das 1:3 in Unterhaching darf deshalb als Lehrstunde abgehakt werden.

Bild (Hannover): Wo steht 96 in der 2. Liga? Die Antwort liegt in der Mitte zwischen der Euphorie der beiden 1:0-Siege gegen Karlsruhe und Bielefeld und der Ernüchterung in Unterhaching.

(Quelle: Neue Presse, 17.08.98)


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