Hannover 96 | 2. Bundesliga 98/99, 1. Spieltag |
Hannover 96 - Karlsruher SC 1:0 (0:0) |
96: Sievers - Hecking - Linke, Baschetti - Reinhardt, Rasiejewski, Karaman (38. Brezina), Lala (59. Blank), Kreuz - Kobylanski (87. N'Diaye), Asamoah / Trainer: Fanz
Tore: 1:0 Kobylanski (80.) - Zuschauer: 24 700
Wir wollen Druck erzeugen und ein frühes Tor vorlegen" - so Reinhold Fanz kurz vorm Anpfiff. Der 96-Trainer hoffte dabei besonders auf den Tatendrang seiner Torjäger Gerald Asamoah und Andrzej Kobylanski. Über Asamoah hatte Karlsruhes kickender Methusalem Guido Buchwald gesagt: Wer bitte? Diesen Namen habe ich noch nie gehört." Der 37jährige Ex-Weltmeister und sein Team sollten den stämmigen hannoverschen Stürmer kennenlernen. Bereits in der achte Minute lief Asamoah nach einem wunderbaren Paß von Uzeir Karaman allein aufs KSC-Tor zu und konnte von Schlußmann Simon Jentzsch nur per Notbremse gestoppt werden. Schiedsrichter Hellmut Krug zog natürlich Rot und Coach Jörg Berger Konsequenzen: Er nahm seinen bis dahin gefährlichsten Angreifer Rolf Guie-Mien vom Platz, damit Ersatztorwart Holger Gehrke eingewechselt werden konnte.
In der 14. Minute saß Gehrke schon auf dem Hosenboden, als er, bedrängt von 96-Kapitän Jens Rasiejewski, den Ball nur mit großer Mühe ins Seitenaus befördern konnte. Der Aufsteiger machte weiter, was Fanz verlangt hatte - nämlich Druck. Und immer wieder wars Asamoah, der Abwehrchef Buchwald und dessen Kollegen vor Probleme stellte. So in der 27. Minute mit einem Seitfallschuß, den Gehrke parierte. Oder nur 60 Sekunden später, als der 96-Profi das Tor nur knapp verfehlte. In der 33. Minute klärte der KSC-Torwart dann mit einer Fußabwehr vor Carsten Linke.
Die zehn Karlsruher versteckten sich aber nicht. Der noch verbliebene Stürmer Rainer Krieg wurde von Mirko Baschetti erst in letzter Sekunde mit friedlichen Mitteln am Torschuß gehindert, einen Molata-Kopfball kratzte Markus Kreuz von der Torlinie (34. und 35). Dann war Pause, Zeit zum Durchatmen. Die gabs in der zweiten Halbzeit kaum noch, weil 96 den Druck erhöhte. die nicht nur personell unterlegenen Karlsruher kamen kaum noch über die Mittellinie. Doch mit dem Toreschießen in Überzahl hatte sich 96 schon in der vergangenen Regionalligasaison schwer getan. Als Mitte der zweiten Halbzeit der große Regen kam, rutschten die Badener ein ums andere Mal aus - und schließlich machte 96 den KSC naß. Neu-Stürmer Kobylanski köpfte einen Abpraller aus kurzer Entfernung über den langen Gehrke ins Tor (80.). Als Kobylanski vier Minuten vorm Abpfiff ausgewechselt wurde, umarmte ihn ein glücklicher Trainer. Fortan warteten alle auf den Schlußpfiff. Der Rest war Jubel. Die Fans sangen: Wir sind stolz auf unser Team aus Hannover."
Die Reaktionen:
96-Trainer Reinhold Fanz:
Man hat gemerkt, daß Andrzej Kobylanski vor der Heimpremiere nervös war. Das Tor wird ihm Selbstvertrauen geben.
KSC-Trainer Jörg Berger:
Es ist schwer, wenn man 83 Minuten mit einem Mann weniger spielen muß. Ich bin enttäuscht, weil die Mannschaft für ihre kämpferische Leistung nicht belohnt worden ist.
Libero Dieter Hecking:
Für unser erstes Heimspiel in der zweiten Liga war das eine Superleistung. Wir sind für unseren Druck in der zweiten Halbzeit belohnt worden.
Altin Lala:
Ich hatte Probleme, ins Spiel zu finden. Das wird aber bald besser werden. Jetzt wird erst einmal gefeiert.
Carsten Linke:
Wir haben hinten sehr gut gestanden. Vorne muß es vielleicht noch ein bißchen besser werden.
Otto Addo:
In der zweiten Halbzeit hatte der KSC keine Kraft mehr, da wars eine klare Sache, daß wir irgendwann das Tor schießen.
Stefan Blank:
Wir sind überglücklich, daß wir das erste Spiel gewonnen haben. Was will man mehr? Nach meiner ersten Aktion hatte ich gleich wieder Probleme mit meinem verletzten Knie.
Matthias Dworschak:
Ohne Platzverweis wäre es schwieriger für uns geworden. Das war sehr unglücklich für den KSC.
Aufsichtsrat Harrald Wendt:
Hervorragend, wie sich die neuen eingefügt haben. Klasse Leistung.
Einzelkritik:
Jörg Sievers: Ohne Fehler, wurde allerdings auch kaum geprüft.
Dieter Hecking: Organisierte die Abwehr umsichtig, hatte einige gute Szenen im Spiel nach vorne.
Carsten Linke: Hatte anfangs Probleme mit dem wenigen Guie-Mien, war nach dem Platzverweis ohne festen Gegenspieler und bot eine solide Leistung.
Mirko Baschetti: Eine echte Verstärkung. Körperlich robust, technisch stark. Der Ex-Osnabrücker agierte kühl und souverän.
Bastian Reinhardt: Spielte erst links, wechselte nach der Einwechslung von Blank ins rechte Mittelfeld. Sorgte bei Standardsituationen für Gefahr mit dem Kopf.
Jens Rasiejewski: Gegen ihn war Großverdiener Martin-Vazquez arm dran. Schon nach zehn Sekunden ließ Rasiejewski den Spanier mit einem Foul spüren, wie hart es in der zweiten deutschen Liga zugeht.
Altin Lala: Der Albaner spielte unauffällig und blieb unter seinen Möglichkeiten.
Markus Kreuz: Zog mehrmals im Porsche-Tempo an Gegenspieler Fährmann vorbei, fand aber nur selben die Ausfahrt zum Tor.
Uzeir Karaman: Eine halbe Stunde lang im offensiven Mittelfeld mit Höhen und Tiefen. Setzte die Stürmer einige Male gekonnt in Szene, wurde aber schon nach 38 Minuten ausgewechselt.
Andrzej Kobylanski: Lief viel, ackerte aber bis zu seinem Tor vergebens. War im entscheidenden Augenblick zur Stelle.
Gerald Asamoah: War lange der bessere der beiden 96-Angreifer. Quirlig, schnell, unwiderstehlich. Nutzte seine Chancen aber nicht.
Damian Brezina: Sorgte für frischen Wind auf links.
Stefan Blank: Fiel nur mit einem Gewaltschuß aus 25 Metern auf.
Babacar NDiaye: Konnte nichts mehr bewegen.
Express: Koby knackt den KSC. Nach dem Wechsel kam der große Regen und Hannover mit noch mehr Druck, doch zunächst hielt das KSC-Bollwerk. Bis Kobylanski zuschlug und per Kopf den Siegtreffer erzielte.
Badische Neueste Nachrichten: Rote Karte machte einen Strich durch die Rechnung. Hannover 96 feierte einen 1:0-Premierenerfolg, während die Mannschaft von Jörg Berger einen Fehlstart erwischte.
Hannoversche Allgemeine Zeitung: 25 700 Zuschauer auf den Rängen erlebten zwar kein großes Fußballfest, doch eines stimmte, und das war für die Hannoveraner besonders wichtig: das Resultat.
Deutsche Presse-Agentur: Aufsteiger Hannover 96 hat dem Karlsruher SC den Einstand in der 2. Bundesliga gründlich verdorben.
Sport-Informationsdient: Das "Unternehmen Wiederaufstieg" begann für Bundesliga-Absteiger Karlsruher SC mit einem vollkommen unerwarteten Fehlstart.
(Quelle: Neue Presse, 31.07.98)