Hannover 96

1. Aufstiegsspiel


Tennis Borussia Berlin - Hannover 96 2:0 (1:0)


96: Sievers - Ernst - Eigner, Rasiejewski - Linke, Hecking, Arslan (66. Brezina), Kreuz, Addo - Degen (71. N'Diaye), Asamoah

Tore: 1:0 Copado (40.), 2:0 Melzig (78.) - Zuschauer: 11.000


Berlins Veilchen verpaßten Hannover zwei, das tut weh

Kaum Chancen fürs 96-Himmelfahrtskommando, Sonntag muß ein 3:0 her

 

Oje, das wird ganz schwer. 96 holte sich gestern abend bei den Berliner "Veilchen", so wird Tennis Borussia wegen seiner lila Vereinsfarbe genannt, ein blaues Auge. Nach der 0:2-Niederlage im ersten Aufstiegsspiel muß am Sonntag im Niedersachsen-Stadion ein 3:0-Sieg her, um den Sprung in die zweite Liga ohne den Umweg über die Amateurmeisterschaft zu schaffen.

Das "Himmelfahrtskommando 96 - wir schicken TB in die Hölle", so stand's auf einem hannoverschen Fan-Transparent, begann in angenehmer Atmosphäre. Die Samba-Band "Adrenalino" brachte das Blut der 11 000 Zuschauer (darunter 5000 aus Hannover) schon lange vorm Anpfiff in Wallung. Eine Multi-Kulti-Show mit brasilianischen Tänzerinnen und Zirkusartisten sorgte für Vorfreude auf das geplante Fußballfest. Ganz andere Voraussetzungen also als beim Haß-Aufstiegsspiel in Cottbus (1:3) vor einem Jahr, als Bananen aufs Spielfeld flogen und einige Spieler von Energie-Anhängern angespuckt und beschimpft wurden.

Auf dem Rasen war's dann aber mit den Berliner Nettigkeiten vorbei. Bei "typischem TB-Wetter", wie der Stadionsprecher feststellte (mit Spielbeginn fing's an zu regnen), übernahmen die Berliner sofort das Kommando. Trotzdem brüllte der offenbar nervöse Trainer Hermann Gerland, genannt "Tiger", schon nach fünf Minuten vor Wut. Eine Fernsehkamera am Spielfeldrand versperrte ihm die Sicht. An der Leistung seiner Mannschaft herumzumäkeln - dazu hatte Gerland in den ersten 45 Minuten keinen Grund. Auch wenn die 96-Torfabrik (120 Saisontreffer) nach 20 Minuten daran arbeitete, die Berliner Abwehrmauer (nur sieben Gegentore in der Regionalliga) zu knacken.

Im Hannover-Sturm wirbelten wie zuletzt immer Gerald Asamoah und Jürgen Degen. Top-Torjäger Vladan Milovanovic, als Joker stets für einen Treffer gut, saß noch nicht einmal auf der Reservebank. Mit seinem Verhältnis zu Coach Reinhold Fanz steht's, vorsichtig formuliert, nicht zum Besten. Zur Pause sah's auch fürs Fanz-Team nicht gut aus. Die klar überlegenen Hauptstädter führten nach einem Treffer von Francisco Copado aus dem Gewühl heraus mit 1:0. Auch nach dem Wechsel blieb der 96-Trainer bei seiner mutigen Aufstellung (nicht Defensivmann Bastian Reinhardt spielte, sondern der offensivere Volkan Arslan, später Damian Brezina).

Verständlich, denn Hannover brauchte das so wichtige Auswärtstor. Und der Nordmeister machte tatsächlich mehr Druck. Doch TB-Schlußmann Goran Curko, der mit glattrasiertem Kopf und großem Ohrring an den "Meister Propper" aus der TV-Werbung erinnert, hielt sein Tor sauber. Was ihm nicht schwer fiel, weil zwingende Torszenen Mangelware waren. In der Folgezeit ging's wieder andersherum - die Berliner brachten 96-Torhüter Jörg Sievers in Schwierigkeiten. Er bewahrte seine teilweise orientierungslos wirkende Elf zunächst vor einem höheren Rückstand. Bis zur 78. Minute, als TB-Kapitän Jens Melzig traf. Der hat 96 schon einmal den Aufstieg vermasselt, als er bei Cottbus für die Energie in den Aufstiegsspielen sorgte.

1. Halbzeit:

5. Minute: Gerald Asamoah setzt sich rechts schön durch, wird dann vom Ex-96er Raickovic böse umgetreten. Der Freistoß bringt nichts.

9. Minute: Die erste Torchance. Aracic kommt im 96-Strafraum frei zum Schuß. Markus Kreuz hat aber ein Bein dazwischen.

15. Minute: Kreuz läßt sich nach einem harmlosen Schubser von Namdar dramatisch fallen, wird vom Schiedsrichter ermahnt.

18. Minute: Erste 96-Chance. Asamoah zieht von der Strafraumgrenze ab, Curko hält.

21. Minute: Otto Addo legt auf Asamoah vor, der schießt aus spitzem Winkel knapp am Tor vorbei.

22. Minute: Raickovic mit gefährlichem Freistoß - knapp daneben.

30. Minute: Copado dringt in den 96-Strafraum ein, wird im letzten Moment von Kreuz gestoppt.

32. Minute: Kopfball von Jürgen Degen - in die Arme von Curko.

36. Minute: Namdar legt auf Dermech vor, Sievers lenkt dessen knallharten Schuß zur Ecke.

40. Minute: Gestocher im 96-Strafraum. Rasiejewski und Ernst sind sich nicht einig, der Ball kommt zu Copado. Der schießt das 1:0 - Jörg Sievers war die Sicht verdeckt.

42. Minute: Dermech springt Linke brutal vorn in die Beine - Gelb für den Ex-Hannoveraner.

45. Minute: Zwei Chancen für Berlin. Erst schießt Copado zu schwach, dann Aracic daneben.

2. Halbzeit:

46. Minute: Kovacec ist frei durch. Aber Sievers paßt auf und klärt.

48. Minute: Linke wird umgestoßen, fordert vergeblich Elfmeter.

51. Minute: Copado kommt frei zum Schuß, doch er trifft daneben.

58. Minute: Freistoß von Raickovic in den 96-Strafraum, Kovacec verfehlt den Ball nur knapp.

61. Minute: Aracic leitet einen Strafstoß direkt auf Copado weiter. Der schießt volley - haarscharf am Pfosten vorbei.

63. Minute: Spektakuläre Direktabnahme von Asamoah - jedoch weit übers Tor.

65. Minute: Aracic knapp daneben.

67. Minute: Kovacec taucht frei vor Sievers auf, schießt dem durch die Beine. Doch Kreuz schlägt den Ball kurz vor der Linie weg.

71. Minute: Der trickreiche Spanier Copado ist wieder nicht zu stoppen - gefährlicher Schuß.

75. Minute: Ernst probiert's aus der Distanz - drüber.

78. Minute: Das 2:0. Ecke für Berlin, der Ball wird auf Can zurückgelegt. Der flankt in den 96-Strafraum. Ex-Profi Jens Melzig als Herr der Lüfte, er köpft unhaltbar für Sievers ein. Die Partie ist gelaufen.

85. Minute: Sievers hält einen gefährlichen Freistoß von Copado.

86. Minute: Addo schießt aus der Distanz - drüber.

87. Minute: Konter, Aracic zieht ab. Sievers ist mit den Fingern dran.

 

Reaktionen:

96-Mittelfeldmann Volkan Arslan: Das war der beste Gegner, den wir bisher hatten.

96-Trainer Reinhold Fanz: Das wird ganz schwer für uns, aber es ist noch alles drin.

TB-Trainer Hermann Gerland: Wir hätten noch viel mehr Tore schießen müssen.

96-Abwehrspieler Markus Kreuz: TB war einfach zu stark in der Abwehr.

96-Torhüter Jörg Sievers: Wir haben schlecht gespielt. Es wird verdammt schwer.

TB-Abwehrspieler Jens Melzig: Zu 50 Prozent sind wir aber weiter.

Engelbert Nelle, Präsident des Niedersächsischen Fußballverbandes: Ein dramatischer Kampf, Tennis Borussia hat zu Recht gewonnen. 96 hat zu viele Abwehrfehler gemacht.

Wolf-Günther Wiesel, 96-Aufsichtsratschef: Ich bin sicher, daß beide Mannschaften nächstes Jahr in der zweiten Liga spielen werden.

96-Chef Martin Kind: Für uns ist es eine sehr kritische Situation.

(Quelle: Neue Presse, 22.05.98)


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