Hannover 96

96, deine Stars

Thorsten Nehrbauer

Nehrbauer hat den Fleiß-Preis 
Er will aber noch mehr von 96

Genießen, jeden Augenblick. Die erste Liga ist für Thorsten Nehrbauer ein Abenteuer. Das gelte aber für das gesamte Team. Er weiß: Damit es nicht nur ein kurzer Genuss wird, muss jeder vollen Einsatz bringen. Nehrbauer für seinen Teil bringt vollen Einsatz. Das hat ihm den Fleiß-Preis eingebracht und den Ruf, ein artiger Profi zu sein.

Das Wort artig mag er gar nicht. Wir sitzen im Café des Marriot am Maschsee, und zum ersten Mal bei unserem Gespräch verzieht er das Gesicht: „Das sind blöde Aussagen für einen.“ Das Wort professionell, das komme schon eher hin.

Stänkern ist nun mal nicht sein Ding. Er glaubt an die Gerechtigkeit. Wenn er in der Anfangself stehe, würde er von den Bankdrückern auch verlangen, dass sie die Klappe halten. Er ist sich sicher, irgendwann kommt seine Zeit. „Ich werde es dem Trainer so schwer wie möglich machen, mich draußen zu lassen.“

Professionelle Standardaussagen von einem, der noch in der zweiten Reihe steht? Nein, spricht man mit Nehrbauer, bekommt man schnell einen anderen Eindruck. Er ist ein ehrlicher Typ, sympathisch und kollegial – Rheinländer eben. Und er hebt nicht ab.

Die NP-Serie findet er klasse, hat bisher alle Porträts der Kollegen ausgeschnitten, um sie zu sammeln – eine tolle Erinnerung an gemeinsame Zeiten, meint er. Außerdem „können die Spieler den Fans zeigen, dass sie eben nicht arrogante Profi sind, die nur an die Kohle denken“.

Nehrbauer nimmt man das ab. Bodenständig ist er und sagt solche Sachen wie: „Ich muss wissen, wo ich hingehöre.“ Und das weiß er.

Auch wenn der Boden um sein Hemminger Reihenhaus zurzeit etwas glitschig ist – Halt findet er bei seiner Frau Sarah (25). Im Kinofilm „Stadt der Engel“ sind sie sich näher gekommen. Da spielte Nehrbauer noch in Düsseldorf. Sarahs Bruder, ein großer Fan der Fortuna, stellte den Kontakt her. Vor zwei Jahren ist mit Sohn Tim ein zweiter Engel dazugekommen. „Das sind für mich die zwei wichtigsten Dinge in meinem Leben“, betont Nehrbauer immer wieder.

Und die Stadt Hannover? Er blickt aus dem Fenster. Ja, der Maschsee ist super und der Zoo. Beliebte Ausflugsziele für Familie Nehrbauer an Papas freien Tagen. Dann ist auch Westhighland-Terrier „Julchen“ mit dabei.

Heimweh Richtung Rheinland hat er eher nicht. Nur der Karneval fehlt ihm ein bisschen. „Es ist wichtig, auch mal ordentlich zu feiern“, ist er überzeugt. Dazu hatte er mit 96 bislang genug Gelegenheit.

Dabei war sein Start in Hannover alles andere als viel versprechend. „Hier fing alles an“, blickt er sich im Marriot um, erinnert sich an die ersten Gespräche mit Horst Ehrmantraut. Der holte ihn vor zwei Jahren an die Leine. Kurz darauf aber musste der bei 96 dann ungeliebte Trainer gehen. „Das war wie ein Schlag ins Gesicht“, erinnert sich Nehrbauer.

Denn Ähnliches hatte er schon in Bielefeld erlebt. Thomas von Heesen verpflichtete ihn, aber Nachfolge-Trainer Hermann Gerland schob ihn schnell aufs Abstellgleis. Keine schöne Erfahrung für das Talent, das von der U 15 bis U 21 alle DFB-Auswahlmannschaften durchlaufen hat. Doch die Geschichte wiederholte sich nicht, weil er auch „mit Ralf Rangnick sehr gut auskommt“.

Richtig schlimm in seiner fußballerischen Laufbahn sei es nur einmal gewesen. Mit 15 fesselte ihn eine Verletzung drei Monate an den Rollstuhl. Da spielte er schon bei Bayer Leverkusen, im Alter von zehn Jahren war der ambitionierte Fußballknabe vom Bonner SC zu der Werkself gewechselt. Immer beäugt von Vater Hans, selbst einmal Regionalligaspieler. Der nahm ihn immer mit zum Fußball und war auch sein erster Trainer.

Aber Schluss mit den „ollen Kamellen“, erzählen ist eigentlich nicht so sein Ding. Artig – Entschuldigung, höflich –?bietet er an, unsere Cappuccinos zu zahlen. Doch das übernehmen wir, ganz professionell. 

Ein Dutzend Fragen

  • Welches Auto fahren Sie

Jeep Cherokee

  • Was essen Sie am liebsten?

Eine unaussprechliche rheinische Spazialität. Übersetzt ungefähr: Bratkartoffeln mit Ei und Salat

  • Ihr Lieblingsgetränk am Tag und abend?

Apfelschorle, Radler

  • Ihr Lieblingsfilm?

"Stadt der Engel"

  • Welches Lied singen Sie gern?

Alle Karnevalslieder

  • Was gefällt Ihnen an Hannover am besten?

96 und der Maschsee

  • Über welchen Mitspieler können Sie am meisten lachen?

Die Stimmung ist allgemein gut

  • Wie erholen Sie sich am besten?

Bei meiner Familie

  • Ihr schönster Moment in der Karriere?

Der Aufstieg mit 96

  • Und der schlimmste?

Als 15-Jähriger musste ich mal drei Monate im Rollstuhl sitzen

  • Wem würden Sie einen Orden verleihen - und warum?

Meiner Frau und meinem Sohn, weil sie das Wichtigste für mich sind

  • Was begeistert Sie an 96?

Die Fans, die Mannschaft, das Umfeld - das passt einfach alles. Hier macht es Spaß zu arbeiten

(Quelle: Neue Presse. 26. Juli 2002)


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