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Jiri Stajner
Der Mann für die
Da war diese Szene gestern in der AWD-Arena. Beim Trainingsspiel setzte sich Jiri Stajner von zwei Bewachern ab und traf wuchtig in die linke Ecke. Fußball kann so einfach sein. Prompt gab es erstaunliche Beifallsbekundungen von den Fans auf der spärlich besuchten Stehtribüne. Es sind diese magischen Momente, die sich Hannovers Anhänger von ihrem neuen Liebling auch in der Bundesliga erwarten. In den Millionen-Mann aus Liberec projizieren sie ihre Hoffnungen auf eine erstklassige 96-Zukunft, so wie sie es zuvor mit Jan Simak getan haben. Von dem Problemprofi hat Stajner auch die Trikotnummer zehn geerbt. Logisch also, „dass ich mit Jan verglichen werde.“ Er scheint den Vergleich nicht zu scheuen. Warum auch? In der Wahl zum Fußballer des Jahres in Tschechien wurde Stajner im Mai Dritter – weit vor Simak. „Jan war in Tschechien immer ein guter Fußballer“, erinnert sich der neue 96-Spielmacher, „aber er gehörte nie zu den besten.“ Stajner dagegen war vorige Saison mit 15 Treffern Torschützenkönig und spielte schon fünfmal für Tschechien. Bis zur nationalen Berufung war es freilich - verzeihen Sie uns das Wortspiel – ein steiniger Weg. Mit Parallelen zum sündhaften Profileben des Jan Simak. Mit 14 Jahren war Stajner in der Jugendmannschaft von Senohraby, einer 1000-Seelengemeinde 30 Kilometer südlich von Prag, vom Hauptstadtklub Slavia entdeckt worden. Mit 18 schaffte er den Sprung in die Erstligaelf, doch fortan schien ihm die Karriere aus dem Ruder zu laufen. Tschechische Journalisten berichten von Sauf- und Diskotouren, „er hat sein Leben in vollen Zügen genossen“, berichtet etwa Frantisek Steiner. „Dieses Image lastet mir ewig an“, ärgert sich Stajner. Gleichwohl, ja doch, in dieser wilden Zeit in Prag, die „sechs Jahre vorbei ist“, habe ihn „jugendlicher Leichtsinn“ getrieben. An dieser Stelle fühlt sich auch der freundliche Dolmetscher Jiri Zabransky (50) berufen, sich einzubringen. Der Inhaber einer Zeitarbeitsfirma hilft Stajner über die ersten sprachlichen Klippen hinweg und lehnte beim Spiel Sonntag gegen Utrecht (2:0) auch an der Plexiglashülle der Spielerbank, um die Anweisungen von Trainer Ralf Rangnick in tschechischen Vokabeln aufs Spielfeld zu rufen. „Ich kenne das auch noch aus meiner Jugendzeit in Tschechien“, sagt der brave Zabransky also. „Da wird Bier trinken zum Nationalsport.“ In seiner zweiten Sportart, dem Fußball, ging es nun für Stajner bergab. Slavia lieh ihn an den Erstligisten Budejovice aus. Dann der Absturz in die fünfte Liga nach Lounovice, wo er in seiner einjährigen Armeezeit spielte. Über den Zweitligisten Most schaffte der Geläuterte mit mehr als 30 Toren (zuletzt elf in 16 Spielen) die Rückkehr in die erste Liga. Zweieinhalb erfolgreichen Jahren mit Liberec folgte nun der Ruf der Bundesliga. Sonntag startet Stajner (trotz der lästigen Naht an der Oberlippe) mit 96 beim HSV. „Ich freue mich riesig auf das Stadion, auf die Fans.“ Deren hohe Erwartungshaltung und der Gegner bereiten ihm jedenfalls „keine schlaflose Nacht. Ich bin kein Sensibelchen.“ Man glaubt ihm, wenn man ihm tief in die Augen schaut. Sie strahlen Entschlossenheit aus. Und gerne glauben wir nun auch dies: „Ich denke, wir können gewinnen.“ |
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(Quelle: Neue Presse. 09. August 2002)