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Dame Diouf
Das
96-Elefantengehirn Diouf sollten
Senegalesen sind „wie Elefanten, sie vergessen nie, wenn sie einer in ihrem Stolz kränkt“, sagt Karen. Und die sollte es wissen. Schließlich ist die schlanke Blondine seit drei Jahren die Freundin von Dame Diouf, dem senegalesischen Abwehrhünen bei 96. Diouf erzählt die Geschichte von Jules Bocande, jetzt Nationalheld und Kotrainer bei Senegals erstem und beeindruckendem WM-Auftritt (bis ins Viertelfinale). Zu seiner aktiven Zeit als Stürmer in Frankreich sei der mal von Fabien Barthez (jetzt Torwart bei Manchester United) beleidigt worden. „Später im Kabinengang“, so Diouf, „hat Bocande dem Barthez dann auf die Schulter getippt, und als der sich umdrehte …“ Dioufs kantiger Kopf schnellt zur Demonstration nach vorne: „Kopfnuss“, Skandal, Sperre. Er zeigt auf eine Narbe über seinem rechten Auge: „Das war noch im Senegal, ein Ellenbogen vom Gegenspieler.“ Dafür hat sich Diouf nach dem Spiel „richtig“ revanchiert. Wenn wir ihn jetzt so sehen, verlegen lächelnd und die Hand der Freundin streichelnd, können wir uns das kaum vorstellen. In Deutschland, erklärt Diouf, habe er „viel gelernt“, sei ruhiger geworden. Und weiß, dass „so eine Scheiße“ nichts bringt. Klar wird auf dem Platz „viel geredet“ – provoziert. „Aber“, er deutet von einem Ohr zum anderen, „das geht hier rein und da raus. Ich lache nur, gehe weg.“ Dann den nächsten Zweikampf gewinnen, das bringe viel mehr. Und um Zweikämpfe zu gewinnen, ist er bei 96. Diouf ist schnell und –?robust wäre eigentlich untertrieben. Fast 1,90 Meter, fast 90 Kilo, der Mann ist ein Schrank. Seinem Entdecker Franz Gerber ist er in Wilhelmshaven aufgefallen, weil „alle Angst hatten, gegen Dame zu spielen“. Dabei wäre Diouf fast im Senegal versauert. Sein Verein US Goree wollte „nur Geld verdienen“, verweigerte dem noch 17-Jährigen die Freigabe Richtung Tunesien. Diouf hat aber einfach mit den stolzen Schultern gezuckt, die nötigen zwölf Monate die Fußball-Arbeit komplett eingestellt – und wechselte ablösefrei nach Frankreich. Dort kickte er in Rennes kurz mit El Hadji Diouf, der heute ein Star in Liverpool ist. „Mit dem habe ich aber schon in den Straßen von Dakar gespielt“, sagt der 96-Namensvetter. Bis Ex-96-Sportdirektor Gerber ihn nach Hannover holte, gabs auch noch die Station Bremen, die Diouf so gar nicht gefiel. Zum einen, weil ihn Trainer Frank Neubarth zum Bankdrücker machte. Zum anderen, weil er von Wildfremden auf der Straße angesprochen wurde: „Hast du was?“ Drogen wollten die. „Nur, weil ich so aussehe“, sagt er und zeigt auf seine filigranen Rasta-Zöpfchen. Das verärgerte den gläubigen Moslem: „Ich rauche nicht, trinke nicht.“ Und Drogen kommen erst recht nicht in Frage. In Hannover bleiben ihm solche Szenen erspart. Diouf wohnt mit Karen im beschaulichen Ricklingen – und die Freundin ist sein einziges Suchtproblem: Seit sie sich kennen, versucht er, ihr das Rauchen abzugewöhnen. Sie schaut ihm tief in die Augen und lächelt: Diouf wird wohl noch ein wenig mehr Überzeugungsarbeit leisten müssen. Aber Zigaretten hin oder her, er hat Karen schon mit nach Dakar genommen, der Familie vorgestellt. Für Mutter Omy (63) und seine sieben Geschwister (drei Brüder, vier Schwestern) baut er dort ein großes Haus. Jetzt, wo es ihm gut geht, soll es auch allen anderen besser gehen. Na ja, nicht allen. „Jetzt kommen Verwandte zu uns, die habe ich früher nie gesehen.“ Früher, da ging es der Familie schlecht: Der Vater starb, als Diouf acht Jahre alt war. Bruder Mustafas (jetzt 42) Armeesold reichte nicht, Dame brach die Schule ab und arbeitete als Koch. Elefantenhirn, wir erinnern uns: Dass damals keiner half, hat er natürlich nicht vergessen. |
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(Quelle: Neue Presse. 07. August 2002)