Hannover 96 |
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Conor Casey
Wer zu spät
kommt,
Also warum? Warum wurde Conor Casey ein Kicker? Die Antwort ist überraschend banal: Mit fünf Jahren zog der kleine Conor mit seinen Eltern vom beschaulichen Somersworth (New Hampshire) ins große Denver (Colorado). Es war Sommer, und damit zu spät für die Baseball- oder Football-Saison. Da hat ihn Mutter Susan (jetzt 53) kurzerhand in der „Soccer League“ angemeldet. „Der öffentliche Park, wo gespielt wurde, war gleich neben unserem Haus“, erinnert sich Casey. Ein Zufalls-Fußballer also? Zufall gefällt ihm nicht, er nennt es „coincidence“ – was man in diesem Fall mit „Fügung“ übersetzten sollte. Im nächsten Jahr stieg Casey dann zwar auch beim Base- und Basketball ein, aber irgendwie wars das nicht. „Mit zehn oder elf habe ich alles wieder sein gelassen.“ Es gab nur noch Fußball, vorzugsweise mit einem Ziel: Tore schießen – „das war es immer“. Da denkt der unbedarfte Deutsche: Damit machte sich der arme Junge zum US-Sportler zweiter Klasse. Wir kennen das aus dem Kino, die hübschen Mädchen kichern vorzugsweise im Dunstkreis der smarten Football-Jungs. Casey lacht: „Meine High-School war in allen Disziplinen schlecht.“ Starkult habe es um keinen Sportler gegeben. So übel kann es wohl nicht gewesen sein. Ob seiner Leistungen auf dem High-School-Rasen bekam Casey immerhin ein Stipendium, 1999 holte ihn die University of Portland nach Oregon. Dort bekam auch 96-Kollege Steven Cherundolo den ersten fußballerischen Feinschliff. Kennen gelernt haben sich die beiden US-Boys da aber noch nicht: „Ich habe Steve knapp verpasst.“ Der war nämlich schon auf dem Weg nach Hannover. Doch auch ohne den Jetzt-Kumpel Cherundolo hatte Casey eine gute Zeit auf dem Campus. Es gab nette „House-Parties“, nur mit der Mannschaft „haben wir nix gewonnen“. Schon wieder so bescheiden – im Internet (www.portlandpilots.com) erfahren wir: Der bullige Mittelstürmer führte Portland nach drei Jahren Flaute wieder in die Play-offs, die College-Liga wählte ihn zum Neuling des Jahres. Er ist halt kein Mann für große Worte. Für 96-Trainer Ralf Rangnick war Casey einer der Aufsteiger der vergangenen Saison, der Gelobte sagt dazu gelassen: „Es ist immer Platz für Entwicklung.“ Wieso sollte ihm das Überangebot an Stürmern im aktuellen Kader Bauchschmerzen bereiten? „Gut“ sei das – „es macht jeden besser, wenn er sich jeden Tag beweisen muss“. „Competition“ nennt das der Amerikaner. Selten sind die Rückfälle ins Englische. Casey spricht verdammt gut Deutsch für einen, der erst seit eineinhalb Jahren hier ist. Weil er viel liest, Filme mit Untertiteln schaut und „Steve“ ihm hilft. Conor hat sogar schon in der fremden Sprache geträumt. Es war aber wie im „real life“, gesteht er grinsend: „Ich habe nicht alles verstanden.“ Klar ist trotzdem, dass es ihm in Deutschland „gut gefällt“. Nur den kleinen mexikanischen Imbiss in Denver, den vermisst Casey wirklich: „Da gibt es die besten Burritos.“ Und natürlich die Familie, Mutter Susan, Vater Terry (53) und Schwester Jennifer (24). Einmal pro Woche wird mit der Heimat telefoniert, „so 20, 25 Minuten lang“. Warum sollte er auch wehmütig werden? Schon als kleiner Junge war es sein Traum, „in einer großen europäischen Liga zu spielen“. Diesen Traum erfüllt er sich jetzt mit Hannover 96. Bundesliga, das wird „schwierig, jedes Spiel ist ein Top-Spiel“. Dortmund hat ihn verliehen, wird die Rückkehr ins Westfalen-Stadion deshalb mehr als top? Nicht wirklich: „Ein Spiel ist ein Spiel.“ Und Fußball ist sein Spiel. |
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(Quelle: Neue Presse. 20. Juli 2002)