Hannover 96

Saison 2002/03, 10. Spieltag


FC Bayern München - Hannover 96 3:3 (1:2)


FC Bayern München: Wessels - Sagnol, Kuffour, R. Kovac, Lizarazu - Jeremies - Ballack - Salihamidzic, Scholl - Elber, Pizarro / Trainer: Hitzfeld

Hannover 96: Sievers - Cherundolo, Konstantinidis, Zuraw, Stefulj - Lala, Jaime - Krupnikovic - Bobic, Stendel, Idrissou / Trainer: Rangnick

Eingewechselt: 14. Thiam für Sagnol, 41. Zé Roberto für Salihamidzic, 68. Santa Cruz für Pizarro - 84. de Guzman für Krupnikovic, 90.+1. Stajner für Stendel

Tore: 1:0 Elber (4., Rechtsschuss, Vorarbeit Ballack), 1:1 Zuraw (16., Kopfball, Krupnikovic), 1:2 Stendel (44., Linksschuss, Idrissou), 2:2 Scholl (75., direkter Freistoß, Rechtsschuss), 3:2 Elber (80., Linksschuss, Jeremies), 3:3 Kuffour (82., Eigentor, Rechtsschuss, Stefulj) - Schiedsrichter: Koop (Lüttenmark) - Zuschauer: 52 000 - Gelbe Karten: Jeremies - Lala, Bobic


Beim FC Bayern kam es im Vergleich zur 1:2-Niederlage bei Milan in der Champions League zu folgenden personellen Änderungen: Torwart Kahn musste wegen seines Muskelfaserrisses passen, für ihn stand Wessels zwischen den Pfosten. Lizarazu nahm wieder den Platz hinten links ein, den zuletzt Tarnat inne hatte. Scholl begann an Stelle von Zé Roberto. Hannovers Trainer Rangnick stellte nach dem 4:4 gegen Werder Bremen nur auf einer Position um: In der Abwehr begann Konstantinidis, Carsten Linke musste auf der Bank Platz nehmen.

Der FC Bayern legte einen Blitzstart hin, und wer anders als Elber hätte bereits nach vier Minuten treffen sollen? Ein herrliches Tor: Scholl spielt weit auf rechts, Jeremies legt vom Flügel zurück auf Ballack, der schießt aus 15 Metern, Elber sprintet in den Ball und vollendet freistehend aus sechs Metern. Es war bereits Elbers neuntes Saisontor, allesamt im Olympiastadion erzielt.

Die Münchner blieben weiter im Vorwärtsgang. Vor allem die Hereinnahme von Scholl sorgte für etliche Impulse in der Offensive. Hannover versteckte sich zwar nicht - allein, es fehlten die Mittel, sich entscheidend in Szene zu setzen. Bis zur 17. Minute: Krupnikovic bringt eine Ecke von rechts herein, Wessels verschätzt sich, unterläuft den Ball, und Zuraw kann aus vier Metern einköpfen. Nicht unverdient der Ausgleich, weil sich der Aufsteiger couragiert ins Spiel einband, und der FCB etwas an Tempo herausnahm. Es war insgesamt eine lebhafte, aber faire Partie, in der beide Parteien ihr Heil meist in der Offensive suchten. Der Rekordmeister hatte leichte Feldvorteile, war optisch überlegen. Hannover mischte mit, war jedoch nicht immer geordnet genug im Spiel nach vorne. An fehlendem Mut lag's nicht, dass 96 nicht zu mehr Torchancen kam, eher an fehlender Abgeklärtheit und Coolness.

Hannovers Abwehr wirkte nicht immer sattelfest, doch Masse statt Klasse, sprich viele Abwehrbeine sind manchmal auch des Stürmers Tod. Des Defensivspielers Tod dagegen ist oft die Unkonzentriertheit. Frag' nach bei Pablo Thiam: Er vertändelte in der linken Strafraumhälfte gegen Idrissou, der schnell schoss, Wessels wehrte ab, aber Stendel konnte den Abpraller mit links ins fast leere Tor schieben (44.). Eine etwas glückliche Pausenführung für die Niedersachsen, die sich die Bayern aber selbst zuzuschreiben hatten.

Zé Roberto, noch vor der Halbzeit für den angeschlagenen Salihamidzic hereingekommen, spielte auf der linken Seite, Scholl wechselte nach rechts. In der Rückwärtsbewegung machte 96 die Räume sehr eng, verlegte sich auf eine reine Kontertaktik. Die Bayern zeigten großes Engagement, es fehlte aber an Präzision sowohl beim finalen Pass als auch im Abschluss. Außerdem waren die Aktionen häufig zu durchsichtig, stellten die Defensive von Hannover vor angenehm lösbare Aufgaben. Teils erinnerte das Geschehen an Handball, wenn der Ball geschickt durch den Rückraum gepasst wird, ständiges Powerplay des FCB - einzig, es fehlte der Abschluss. Hannover hielt sich tapfer in der Abwehrschlacht. Und nach einem der wenigen Konter kam Idrissou nach Ecke von Krupnikovic sogar aus sechs Metern frei zum Schuss, hämmerte den Ball aber an die Unterkante der Latte (70.). Eine Riesenchance zum 3:1!

Eine Viertelstunde vor Schluss gelang dem FCB dann doch der völlig verdiente Ausgleich. Allerdings symptomatisch in dieser Phase des Spiels aus einer Standardsituation: Scholl schoss einen Freistoß fast vom linken Strafraumeck aus 20 Metern direkt in den linken Winkel. Der Regisseur hatte zuvor schon zwei Mal Pech mit Aluminiumtreffern.

Dann begann die aufregende Schlussphase, zunächst mit Vorteil FCB: Hannover wehrt einen weiten Einwurf von links zu kurz ab, der Ball fliegt postwendend in den Strafraum zurück zu Elber. Der scheitert zunächst an Sievers, umdribbelt ihn dann aber und schiebt ein (80.). Doch kurz darauf gleich wieder der Ausgleich: Freistoß von Krupnikovic zu Stefulj, der legt mit dem Kopf ab auf Stendel, doch Kuffour kommt noch vor ihm an den Ball und erzielt mit dem Knie ein Eigentor (83.). In der Nachspielzeit rettete 96-Keeper Sievers mit zwei Riesenparaden gegen Scholl und Lizarazu den Punkt.

Der FC Bayern kam drei Tage nach der abermaligen Pleite in der Champions League (1:2 in Milan) gegen Hannover trotz dreier Tore und Überlegenheit nicht über ein Remis hinaus. In einer lebhaften Partie, die eine ganz heiße Schlussphase erlebte, sicherte sich Hannover mit einer engagierten Defensivleistung gegen zu einfallslose Bayern, deren Defensive große Schwächen zeigte, einen Punkt.

(Quelle: kicker sportmagazin, 28.10.02)


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