Hannover 96 | Saison 2001/02, 30.Spieltag |
1. FC Saarbrücken - Hannover 96 1:1 (1:1) |
1. FC Saarbrücken: Pletz - Stark, Weber, Echendu - Muschinka, Hutwelker, De Guzman, Nsaliwa, Reinmayr - Choji, Covic / Trainer: Dooley
Hannover 96: Wehlmann - Cherundolo, Linke, Zuraw, Rose - Lala, Krupnikovic, N'Diaye - Stendel, Casey, Keita / Trainer: Rangnick
Eingewechselt: 53. Koltai für Covic, 71. Brnas für Weber - 75. Kaufman für Keita, 82. Bounoua für Stendel
Tore: 0:1 N'Diaye (30.), 1:1 Reinmayr (34.) - Schiedsrichter: Schößling (Leipzig) - Zuschauer: 2 300 - Gelbe Karten: Covic - N'Diaye
96 ohne Spannung, der Trainer drückt ein
Auge zu
Lustlose Vorstellung beim Absteiger. Nur
Baba winkt - und wird bestraft.
Wetten, dass 96 in Saarbrücken gewinnt? Zu diesem Tipp gehörte vorher nicht viel Mut. Oddset aber bot die Partie nicht mal mehr an, weil den Experten keine sinnvolle Quote mehr eingefallen war. Zu krass schien der Leistungsunterschied zwischen dem Ersten und dem Vorletzten der zweiten Liga, der vor wenigen Wochen erst 0:8 in Unterhaching verloren hatte.
Gestern aber war davon nicht viel zu spüren, 96 passte sich dem miesen Niveau des kommenden Drittligisten an. So ging ausgerechnet in Saarbrücken eine schöne Serie zu Ende. Viermal in Folge hatte 96 zu null gespielt, was Trainer Ralf Rangnick gerne stolz vorrechnete. Das sei auch im Hinblick auf die erste Liga wichtig. Wetten, dass die 96-Abwehr in der Formation von gestern aber niemals in der ersten Liga spielt? Hannovers Hintermannschaft war in Saarbrücken so schlecht sortiert, dass sie schon in Hälfte eins mehr als das eine Gegentor hätte kassieren können. So fiel der Treffer in Minute 34, als die 96-Abwehr zu weit aufgerückt war. Hannes Reinmayr hob den Ball aus 17 Metern über den herausstürzenden Carsten Wehlmann ins Tor zum 1:1.
Vier Minuten zuvor hatte Babacar N‘Diaye die Führung für 96 erzielt – aus vier Metern mit dem Kopf nach Flanke von Salif Keita. Das war einfach. Wie beim 6:0 gegen Schweinfurt schnappte sich der Jubel-Baba wieder die Eckfahne und winkte lustig ins Publikum. Schiedsrichter Christian Schössling reagierte humorlos und bestrafte N‘Diaye mit Gelb, was ihm ein Pfeifkonzert einbrachte. Viele Tore darf der neue 96-Spielmacher N‘Diaye in dieser Saison also nicht mehr schießen, sonst droht ihm noch eine Sperre. In der 33. Minute vermied er neuen Ärger und trat den Ball nach einer Casey-Flanke aus drei Metern über das Tor. Das war noch einer der wenigen Höhepunkte in dem lustlosen 96-Spiel. Wenn es denn jemand noch nicht begriffen haben sollte, dass es für den Aufsteiger um nichts als Prämien und Rekorde mehr geht – gestern muss er es kapiert haben.
Carsten Wehlmann war immerhin mit dem gebotenen Fleiß bei der Sache. Er faustete und fing sicher, den ersten Erstliga-Test bestand der Sievers-Vertreter im Tor. Wehlmann rettete auch bei der feinen Chance von De Guzman in Minute 67. Casey hatte sich zuvor zweimal glücklos gegen Saarbrückens Pletz versucht (62. und 66.). Auch Dariusz Zuraw köpfelte aus fünf Metern zu ungenau (77.). Nur Unentschieden beim Absteiger – wir würden auch keine Wetten mehr darauf annehmen, dass es noch Fußballfeste gibt in dieser Saison.
Die Reaktionen:
96-Trainer Ralf Rangnick: Wir haben anfangs fast leblos gespielt. Später hatten wir dann die Kontrolle und haben ein herrliches Tor geschafft, waren beim Gegentor aber unaufmerksam. Die zweite Halbzeit war besser.
Saarbrückens Trainer Thomas Dooley: Das hatte phasenweise nichts mit Fußball zu tun. Trotzdem hatten wir Chancen und hätten die Überraschung schaffen können.
Daniel Stendel: Vielleicht war die Luft ein bißchen raus.
Babacar N'Diaye: Wir hatten das Spiel nicht so im Griff, wie wir das wollten.
Carsten Linke: Zum Glück haben wir vorher schon gezeigt, daß wir es besser können.
Carsten Wehlmann: Ich denke, ich kann zufrieden mit mir sein, auch wenn mich das Gegentor ärgert.
Die Einzelkritik:
Carsten Wehlmann: Der Torwart kam durch den TÜV – es war sein erstes Spiel für 96. Der Ex-Hamburger blieb immun gegen das Wackel-Virus, das in der Abwehr steckte. Hielt die meisten Schüsse und Flanken fest, einen (von de Guzman, der frei stand) sogar richtig gut. Am Gegentor mit Schuld-Anteilen.
Steven Cherundolo: Im Zeugnis könnte stehen – er hat sich bemüht. Wollte viel nach vorn machen, war auch häufig am Ball, aber seine Flanken kamen nicht an. Klärte einmal mit dem Kopf in höchster Not.
Carsten Linke: Neuer Kapitän und Sievers-Vertreter. Ruderte ganz viel mit den Armen, machte Wind, war aber auch zu lässig und zu weit weg vom Gegenspieler.
Dariusz Zuraw: Der Tarnkappen- Abwehrmann. Fällt kaum auf, was aber nicht immer schlecht sein muss. Einmal aber im Blickpunkt: Sein Kopfball hätte zum Tor führen müssen.
Marco Rose: Wir drücken es mal freundlich aus – er hat noch viel Luft nach oben in seiner Leistungsskala.
Altin Lala: War auch schon auffälliger in dieser Saison. Wuselig, ab und zu mit einem schönen Pass, doch er saugte nicht so viele Bälle wie gewohnt an.
Nebojsa Krupnikovic: Schön, dass es ab und zu Ecken gab. Dann konnte man sehen, dass der Stratege doch mitspielt. In der zweiten Hälfte mit mehr Schwung.
Babacar N‘Diaye: Winkte wieder mit der Eckfahne nach seinem Tor, dies sollte er sich beizeiten abgewöhnen, denn dafür gabs diesmal Gelb. Als Spielmacher aufgestellt, einer der Engagiertesten bei 96.
Daniel Stendel: Er rennt ja immer viel, diesmal zu oft ins Leere. Könnte noch Torschützenkönig werden, aber diesmal ohne Chance.
Conor Casey: Der amerikanische Kämpfer. Holte sich viele Bälle aus dem Mittelfeld, aber glücklos bei Torschüssen und Kopfbällen.
Salif Keita: Bereitete das 1:0 mit einer schönen Flanke auf N‘Diayes Kopf vor. Sonst gelang ihm nichts.
Jiri Kaufman: Hat nichts mehr bewegt.
Morad Bounoua: Er auch nicht.
(Quelle: Neue Presse, 06.04.02)