Hannover 96 | Saison 2001/02, 26.Spieltag |
SV Babelsberg 03 - Hannover 96 1:3 (0:1) |
SV Babelsberg 03: Kunze - Molata - Laaser, Miftari, Kinkel - Chalaskiewicz, Däbritz, Civa, Lorenz, Dowe - Kampf / Trainer: Franz
Hannover 96: Sievers - Cherundolo, Linke, Zuraw, Stefulj - Lala, Simak, Krupnikovic - Stendel, Casey, Keita / Trainer: Rangnick
Eingewechselt: 22. Härtel für Kinkel, 56. Baluszynski für Chalaskiewicz, 73. Ullmann für Kampf - 65. N'Diaye für Keita, 71. Nehrbauer für Lala, 87. Kaufman für Stendel
Tore: 0:1 Casey (1.), 1:1 Molata (57.), 1:2 Simak (58.), 1:3 Simak (85., Foulelfmeter, Härtel an N'Diaye) - Schiedsrichter: Späker (Marl) - Zuschauer: 5 924 - Gelbe Karte: Härtel, Kinkel, Lorenz - Casey
Einsame Spitze - an diesem 96
zweifelt keiner mehr
Nicht mehr rechnen. So wird
gefeiert
96 ist einsame Spitze in der zweiten Liga und plant die Aufstiegsfeierlichkeiten.
Nun mal ehrlich: Kann es denn noch immer Bedenken geben am 96-Aufstieg? „Wenn Sie wüssten, wie lange ich schon nicht mehr daran zweifele“, ließ Trainer Ralf Rangnick uns am Sonnabend nach dem 17. Saisonsieg rätseln. Man ahnt, dass er nicht erst seit Wochen, sondern schon seit Monaten fest an seine Mannschaft und den Sprung in die erste Liga glaubt.
Eine erstklassige Leistung wie beim 6:2 im Hinspiel freilich hatte 96 in Babelsberg nicht geliefert. Das lag auch am holprigen Untergrund im altersschwachen Karl-Liebknecht-Stadion. „Auf so einem Rasen“, befand Rangnick, „spielst du nicht spektakulär“, zumal der Gegner „einen kompletten Deckungsverband aufgebaut“ hatte, wie Trainerkollege Horst Franz eingestand. Sein Elf-Mann-Abwehrriegel war allerdings schnell geknackt. Steven Cherundolo flankte, ConorCasey hielt geschickt den Fuß hin – ein Blitztor nach 24 Sekunden. 96 spielte für Rangnick fortan „clever und diszipliniert“, es fehlte aber etwas an Präzision und Überraschungsmomenten. Der 96-Coach fühlte sich auch nicht dafür zuständig, „den Zuschauern hier ein attraktives Spiel zu bieten“.
Die Babelsberger Fans hatten nur einmal richtig Spaß, wofür ausgerechnet ein Profi sorgte, den 96 noch (mit 6000 Euro pro Monat) zur Hälfte bezahlt: Michael Molata köpfelte mit Glück zum 1:1 (57. Minute) und jubelte, als hätte er Babelsberg damit den Klassenerhalt gesichert. Dass daraus nun wirklich nichts mehr wird, wurde zwei Minuten später klar. Jan Simak schien sich plötzlich nicht länger von den spielerisch minderbemittelten Babelszwergen ärgern lassen zu wollen. An der Mittellinie startete er ein riesiges Dribbling, umkurvte vier Gegenspieler und wuchtete den Ball von der Strafraumgrenze ins rechte obere Eck.
„Ein Traumtor von Jan, das einfach nur er so schießt“, freute sich Rangnick. Weil 96 noch einen Strafstoß geschenkt bekam (Babacar N’Diaye war im Strafraum an der Grundlinie gefallen), legte Simak noch einmal nach. Mit 16 Treffern hat er in der Torschützenliste nun mit Bielefelds Artur Wichniarek gleichgezogen. Wir zählen also noch einmal nach: 56, 57, 58 – 96 hat schon neun Punkte Vorsprung auf den Zweiten Mainz und (vorerst bis Montagabend) zwölf auf Platz vier. Es fehlen allenfalls noch sieben zum Aufstieg, bei neun ausstehenden Partien. „Bei 65 Punkten“, meint Rangnick, „kann man darüber ja mal reden.“ Wenn 96 die gesammelt hat, wird es eine erste spontane Aufstiegsparty geben. Offiziell wird es erst bei den Feierlichkeiten vor dem Rathaus am 6. Mai – einen Tag nach dem letzten Saisonspiel in Fürth.
Die Einzelkritik:
Jörg Sievers: Gegen harmlose Gegner wie Babelsberg ist das Erkältungsrisiko für ihn größer als die Torgefahr. Auch wie angefroren beim Kopfball von Molata zum 1:1, den hätte er in besseren Tagen über die Latte gewischt.
Steven Cherundolo: Für den kranken van Hintum nachgerückt. Bereitete das 1:0 vor, leitete auch das 1:1 mit einem Fehlpaß ein.
Carsten Linke: Verlor das Luftduell gegen Molata vor dem Ausgleich. Beschwerte sich, dass ihn der Babelszwerg weggedrückt habe. Schob auch viele Bälle nicht zum Mitspieler.
Dariusz Zuraw: Würde ein Richter die Elf aufstellen, müßte das Urteil lauten: Zuraw hat sich festgespielt und einen Stammplatz verdient. Kopfballstark, hart und geschickt im Zweikampf. Wäre ungerecht, wenn er rausflöge.
Danijel Stefulj: Hatte Probleme mit Babelsbergs Bestem Chalaskiewicz.
Altin Lala: Kam auf dem "Rübenacker" ('Rangnick) gut klar. Bestellte das Mittelfeld für 96-Konter. Wegen einer Bauchmuskelzerrung ausgewechselt.
Nebojsa Krupnikovic: Zauberte diesmal nicht, sondern zauderte. Wollte am 96-Strafraum einen Gegner tunneln. Das ging schief - wie so manches bei ihm.
Jan Simak: Der einzige Spieler, der bei Bedarf den S-Gang einlegen kann. Der Tscheche dreht dann auf im sogenannten Simak-Turbo, wenn 96 in Not ist wie nach dem 1:1. Dann schmeißt er die Tormaschine an und zeigt dem Gegner, dass er in seiner S-Klasse nicht mithalten kann.
Daniel Stendel: Nach drei rüden Fouls am Oberschenkel und Knöchel verletzt. Konnte so angeschlagen nicht das Torgespenst spielen. Sah nachher verbunden aus "wie eine Mumie" (Rangnick).
Salif Keita: Eine gute Flanke, ein Fast-Tor, das war zu wenig.
Conor Casey: Schnelles Tor und gute Leistung.
Babacar N'Diaye: Bekam einen Elfer, bereitete für Simak eine Chance schlau vor.
Thorsten Nehrbauer: Hielt sich gut als Lala-Ersatz.
Jiri Kaufman: Machte nichts falsch.
(Quelle: Neue Presse, 11.03.02)