Hannover 96 | Saison 2001/02, 25.Spieltag |
Hannover 96 - LR Ahlen 3:1 (0:1) |
Hannover 96: Sievers - Stefulj, Linke, Zuraw, van Hintum - Lala, Simak, Krupnikovic - Stendel, Casey, Keita / Trainer: Rangnick
LR Ahlen: Sejna - Vata, Schuster, Zimmermann, Fengler - Hamann, Daschner - Arnold, Bamba - Feinbier, Labak / Trainer: Rapolder
Eingewechselt: 77. Nehrbauer für Krupnikovic, 85. N'Diaye für Simak, 88. Kaufman für Stendel - 46. Dolzer für Schuster, 65. Gorschlüter für Labak, 85. Bella für Arnold
Tore: 0:1 Hamann (23.), 1:1, 2:1, 3:1 Stendel (52., 53., 63.) - Schiedsrichter: Berg (Konz) - Zuschauer: 11 552 - Gelbe Karte: Zuraw
Stendel-Gala, so ist 96 nicht
mehr aufzuhalten
0:1 zur Pause, es gibt sogar
Pfiffe. Ein Hattrick versöhnt Fans, der Vorsprung wächst
Jan Simak schnappt sich den Ball, umkurvt seine Gegenspieler wie im Training die Plastikhütchen und trifft wuchtig ins Tor. So war das häufig, wenn es bei 96 nicht lief - und dann lief es.
Doch Montagabend, in der Partie gegen elf lästige Ahlener, war es zunächst anders. Da schnappte sich Simak in der 26. Minute den Ball, umkurvte einige Gegenspieler tatsächlich wie im Training und traf wuchtig - die hochgerissenen Fäuse von Gästetorwart Marco Sejna. Der ist in Ahlen eigentlich nur zweite Wahl hinter Dirk Langerbein, durfte sich gegen 96 aber für die neue Saison empfehlen. Was er erstmal mit Nachdruck tat. Simaks Fehlschuss, wenn man ihn denn so nennen darf, hatte in der ersten Halbzeit etwas Symbolisches: Manchmal fehlt eben das Glück, und dann kommt auch noch Pech dazu. Hätte Hannovers Star getroffen (er war vor der Partie im Übrigen zum besten Spieler der zweiten Liga gekürt und dafür mit einem Blumenstrauß bedacht worden), wäre die Partie vermutlich schon ganz früh ganz anders gelaufen. Hätte, wäre - zu diesem Zeitpunkt stand es überraschenderweise 0:1. Erst lag Torwart Jörg Sievers bei einem Schuss von Marcus Feinbier noch richtig. Doch unmittelbar danach schenkte Matthias Hamann Hannover einen ein - er traf von der Strafraumgrenze (23.). Dabei ist die Familie Hamann, Bruder Dietmar trifft so für Liverpool und das deutsche Nationalteam, doch für derart weitsichtige Aktionen bekannt. Wofür die neunformierte hannoversche Vierer- Abwehrkette allerdings nur bedingt zur Verantwortung gezogen werden kann.
Klingelingeling also im 96-Tor - ein Weckruf für den Tabellenführer. Das Team von Ralf Rangnick hatte ihn wohl gehört. Allein es fehlten diesmal, bei allem Pech, auch einige Male die Mittel, um mit dem Ausgleich die Nerven beruhigen zu können. Ein paar Pfiffe zur Pause - das hatte es im Niedersachsen-Stadion lange nicht mehr gegeben. Doch die Geschichten, die der Fußball schreibt, sind in dieser Saison meistens schöne - jedenfalls aus 96- Sicht: Wie Daniel Stendel mit drei Treffern innerhalb von nur elf Minuten zum Spieler des Spiels wurde, lesen Sie auf der nächsten Seite ganz ausführlich. Es handelte sich hierbei um einen astreinen Hattrick. „Und so spielt ein Aufsteiger“, sangen die meisten der nur 11.552 Fans nun. Und womit? Mit Recht. Hannovers Torfabrik hatte endlich die richtige Betriebstemperatur erreicht und gleichzeitig Ahlens Vorwärtsdrang gestoppt. Lernen konnte 96 aus diesem Spiel auch noch was: Es muss nicht immer Simak sein, der die Wende einleitet.
Die Reaktionen:
96-Trainer Ralf Rangnick: Der Daniel strotzt in
jedem Training vor Selbstvertrauen. So ist auch solch ein Hattrick möglich. Das
war wieder ein wichtiger Schritt, zumal die anderen für uns gespielt haben.
Ahlens Trainer Uwe Rapolder: In der ersten Halbzeit haben wir Glück
gehabt, in der zweiten den Stendel dreimal unbedrängt gewähren lassen. So was
darf einer erfahrenen Mannschaft nicht passieren.
Jörg Sievers: Wir waren schon in der ersten Halbzeit die klar bessere
Mannschaft, haben nur das Tor nicht getroffen. Um aufzusteigen reichen 65
Punkte.
Nebojsa Krupnikovic: Wir haben auch in der ersten Halbzeit gut gespielt,
aber der Ball wollte einfach nicht ins Tor. Das 3:1 am Ende war sehr gut.
Daniel Stendel: In der Regionalliga ist mir schon mal ein Hattrick
gelungen. Wir sind noch nicht ganz durch, haben aber lösbare Aufgaben. Ich
hoffe und glaube fest daran, in der nächsten Saison in der ersten Liga zu
spielen.
Carsten Linke: Wir haben sehr aggressiv angefangen und leider ein dummes
Tor bekommen. Ansonsten haben wir sehr gut gespielt und am Ende hochverdient
gewonnen.
Die Einzelkritik:
Jörg Sievers: Etwas unglücklich vorm 0:1. Rettete
erst, entschied sich, dem Ball nicht nachzugehen, sondern zurück ins Tor zu
rennen. Vielleicht wärs anders besser gewesen, den Schuss von Hamann konnte er
dann jedenfalls nicht mehr halten.
Danijel Stefulj: Bald hatte er alle Positionen durch. Zuletzt links
vorne, diesmal rechts hinten. Wartete manchmal zu lange, bevor er sich vorne
einschaltete. Wenn ers tat, dann sehr dynamisch.
Carsten Linke: Aufmerksam. Klärte oft mit dem Kopf.
Dariusz Zuraw: Seine herausragende Eigenschaft ist, dass man ihn kaum
bemekerkt. Unauffälliger Ketten-Arbeiter.
Marc van Hintum: Spielte den Ball oft direkt weiter, so als ob er nichts
damit zu tun wollte. In der zweiten Hälfte mit mehr Selbstvertrauen, aber die
Flanken kamen nicht an.
Altin Lala: Neben Krupnikovic wichtigster 96- Zentrumsspieler. Wenn er
auf den Ball draufgeht, spürt man bis in den letzten Stadionwinkel den Willen,
sich durzusetzen. Zudem mit schönen Pässen in die Spitze.
Nebojsa Krupnikovic: Der 96- Brasilianer, Herr der Zauberpässe. Ein
Vergnügen, seine Vorlagen aus dem Fußgelenk zum Mitspieler fliegen zu sehen.
Überraschend doch einigermaßen fit geworden - und das war gut so.
Jan Simak: Bekam vorm Anpfiff den Fußball-Oscar für den besten
Zweitligaprofi von der Spielergewerkschaft. Kämpfte trotz Fleischwunde für
eine übertarifliche Zulage - für ein Tor hats nicht, für die Siegprämie aber
schon gereicht.
Daniel Stendel: Der Mann des Spiels mit seinem Hattrick. Conor Casey:
Erster Einsatz von Beginn an. In der Luft nicht schlecht, bei Bodenberührung zu
ungelenk.
Salif Keita: Er legte Stendel klasse zum 1:1 vor - damit wohl wirs gut
sein lassen.
Thorsten Nehrbauer: Hielt mit.
Babacar N'Diaye: Von den Fans geforderter Kult-Kicker mit Kurzeinsatz.
(Quelle: Neue Presse, 05.03.02)