Hannover 96

Saison 2001/02, 23.Spieltag


Karlsruher SC - Hannover 96 1:2 (1:0)


Karlsruher SC: Becker - Kracht, Waterink, Grimm - Graf, Rus, Rothenbach, T. Weis, Melkam - C. Fritz, D. Fuchs / Trainer: Kuntz

Hannover 96: Sievers - Cherundolo, Diouf, Linke, van Hintum - Lala, Krupnikovic, Stefulj - Stendel, Keita, Simak / Trainer: Rangnick

Eingewechselt: 51. Backmann für Grimm, 80. Cetin für T. Weis, 84. Labbadia für Rothenbach - 62. Morinas für van Hintum, 62. Casey für Keita, 89. Nehrbauer für Simak

Tore: 1:0 Fuchs (8.), 1:1 Casey (74.), 1:2 Krupnikovic (84.) - Schiedsrichter: Sippel (München) - Zuschauer: 12 100 - Gelbe Karte: Cherundolo


96 feiert in Karlsruhe ein Nimmerwiedersehen
Sie schwächeln lange. Zum Glück gibts aber zwei schöne Momente.

Um viertel nach fünf am Nachmittag verabschiedete sich Stefan Kuntz auf ungewisse Zeit von 96: „Ich denke, dass wir uns in der nächsten Saison nicht mehr hier sehen werden”, sprach der Karlsruher Trainer. 

Vermutlich wird er froh sein, den undankbaren Gast vorerst nicht mehr im Wildpark-Stadion begrüßen zu müssen. Mehr als 70 Minuten hatte dessen spielerisch minderbemittelte Mannschaft ein 1:0 gegen 96 gehalten – und wurde schließlich doch in der Schlussphase vom Ersten dafür bestraft, „dass wir unsere individuellen Fehler nicht abstellen konnten”, wie Kuntz feststellte. Vor allem Gabriel Melkam hatte den Ex-Nationalspieler verärgert. Der ließ sich von Steven Cherundolo an der Strafraumgrenze den Ball klauen. 

Die folgende feine Flanke des 96-Verteidigers drehte sich in einem langen Bogen über die KSC-Abwehr direkt vor die Stirn des zuvor eingewechselten Conor Casey und von dort ins Tor (74. Minute). „Ein wichtiger Treffer für mich”, wusste der US-Amerikaner, „und für die Mannschaft.” 

96-Trainer Ralf Rangnick sah danach „mit Freude, dass wir nach dem Ausgleich voll auf Sieg gespielt haben”, was auch aufging. Wieder half Melkam, als er 18 Meter vor dem KSC-Tor Jan Simak von den wertvollen Beinen holte. Beim folgenden gefühlvollen Freistoß von Krupnikovic machte auch Torwart Bastian Becker eine unglückliche Figur. Der Ball flog „in die Torwart-Ecke, das darf nicht passieren” (Kuntz). Becker war noch mit den Fingern dran (84.). So viel zur kurzen, starken Phase, die 96 den Sieg brachte. Dass es für Carsten Linke trotzdem „ein schlechtes Spiel” war, lag an den 70 Minuten zuvor, insbesondere aber an der miserablen ersten halben Stunde. Karlsruhe machte Druck, „wir haben uns den Schneid abkaufen lassen”, analysierte Rangnick. All das, was 96 sonst so stark macht – das flotte Kombinationsspiel, das energische Pressing – all das vermisste Rangnick: „Wir haben keinen Zugriff bekommen.” 

Auch nicht auf Danny Fuchs, der mit einem wuchtigen Fernschuss in den Winkel zum 1:0 traf (8.). 96 schwächelte bedenklich, Fußball-Magier Jan Simak etwa wurde vom sturen Bewacher Carsten Rothenbach entzaubert. „Es war schwer für mich”, klagte er. „Mein Gegner hat immer Hand gespielt”, womit der übertrieben eigensinnig und lässig agierende Simak meinte, dass Rothenbach oft nach dem Trikot oder den Armen des 96-Stars griff. „Als wir in der Kabine waren, musste ich erst mal nachgucken, ob Rothenbach dort auch ganz nah bei Jan war”, scherzte Rangnick. Seine Spieler freilich hatten wegen der einfallslosen Darbietung in der Pause nichts zu lachen. Danach allerdings erhöhten sie erheblich den Druck. Karlsruhe kam nur noch einmal gefährlich vor das 96-Tor, doch Graf schoss drüber (58.), worüber sich Hannovers Fans (500) königlich amüsierten. Auch sie werden im nächsten Jahr wohl nicht hierher zurückkehren.

Die Reaktionen:

96-Trainer Ralf Rangnick: In den ersten 20 bis 25 Minuten sind wir überhaupt nicht ins Spiel gekommen, logische Folge war das Tor zum 0:1. Einen solchen Treffer habe ich auch noch nicht oft gesehen, abgesehen vielleicht von Jan Simak. Karlsruhe hat sehr gegnerorientiert gespielt.

Karlsruhes Trainer Stefan Kuntz: Es war lange ein sehr gutes Spiel von meiner Mannschaft, das die Zuschauer begeistert haben wird. Wir hätten das 2:0 noch machen müssen, danach hätten wir das Spiel in Ruhe genießen können. Wir werden jetzt viel Druck bekommen.

Jan Simak: In der ersten Halbzeit haben wir kein Glück gehabt. Der Trainer hat uns dann in der Pause gesagt, dass wir aggressiver spielen müssen. Das haben wir dann auch gemacht.

Conor Casey: Wir haben erst in der zweiten Halbzeit gut gekämpft und die Tore gemacht. Wichtig sind einfach die drei Punkte.

Nebojsa Krupnikovic: Der erste Treffer war ein Supertor von diesem Fuchs. Danach hatte Karlsruhe so gut wie keine Möglichkeiten mehr. Wir haben nicht von der ersten Minute an richtig Druck gemacht.

Jörg Sievers: Wir sind auch nach diesem Spiel noch lange nicht durch. Wir haben uns sehr schwer getan, ins Spiel zu kommen, aber mit zunehmendem Verlauf kippte die Partie in unsere Richtung. Solche Spiele gibt es schon mal.

Carsten Linke: Wir haben erst in der zweiten Halbzeit mehr Druck gemacht.

Klubchef Martin Kind: Was zählt, ist nur das Ergebnis. Mehr möchte ich zu diesem Spiel nicht sagen.

Aufsichtsratschef Harrald Wendt: Wir haben zehn Minuten lang gut gespielt, das hat gereicht.

Die Einzelkritik:

Jörg Sievers: Am Gegentor schuldlos, zweimal im Glück, sonst arbeitslos.

Steven Cherundolo: Sah schon nach wenigen Minuten Gelb. Bis zur Halbzeit zögerlich, erst danach legte er den Vorwärtsgang ein. Bereitete mit seiner Flanke das 1:1 durch Casey vor.

Carsten Linke: Begann mit einem Querschläger, auch danach nicht immer souverän.

Dame Diouf: Dass er mal unbedrängt den Ball zum Gegner spielt, daran haben wir uns gewöhnt. Diesmal aber mit ein paar Fehlpässen zu viel.

Marc van Hintum: Der einzige 96-Profi, der sich im Vergleich zur letzten Partie etwas steigerte, trotzdem ausgewechselt.

Altin Lala: Ein Abfangjäger, der einen dicken Fallschirm hinter sich herschleppte. Müde, weil er Montag (gegen Mainz) und Mittwoch (für Albanien) 180 Minuten gearbeitet hatte. Hielt trotzdem gut dagegen.

Nebojsa Krupnikovic: Wenn einer versuchte, die Kollegen wachzurütteln, dann der Stratege. Seine Pässe kamen an, sein Freistoß saß.

Jan Simak: Ließ den Coolen raushängen, oberlässig. Holte immerhin den Freistoß vorm 2:1 heraus.

Daniel Stendel: Glücklos und oft spät dran. Rackerte immerhin.

Salif Keita: Manchmal sah es so aus, als ob es was werden könnte mit ihm. Aber sobald er dem Tor näher kommt, geht gar nichts mehr.

Danijel Stefulj: Der Mann, der alles kann: Erst als Linksaußen kalt gestellt, dann im Mittelfeld, dann links hinten.

Conor Casey: Er macht das Tor zum Ausgleich - das zählt. Und nicht, was sonst so schief lief bei ihm.

Igoris Morinas: Für ihn war es schon ein Erfolg, eingewechselt zu werden.

Thorsten Nehrbauer: Durfte die Nachspielzeit mitmachen.

(Quelle: Neue Presse, 18.02.02)


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