Hannover 96

Saison 2001/02, 21.Spieltag


VfL Bochum - Hannover 96 4:2 (2:2)


VfL Bochum: Vander - Fahrenhorst, Toplak, Ristau, Bemben - Schindzielorz, Mandreko, Wosz, Buckley - Christiansen, Freier / Trainer: Neururer

Hannover 96: Sievers - Cherundolo, Linke, Diouf, van Hintum - Stefulj, Lala - Krupnikovic - Simak, Kaufman, Stendel / Trainer: Rangnick

Eingewechselt: 69. Dickhaut für Christiansen, 78. Joppe für Buckley, 85. Ehrhard für Wosz - 39. Zuraw für van Hintum, 71. Casey für Kaufman, 79. N'Diaye für Linke

Tore: 1:0 Wosz (2.), 1:1 Stendel (3.), 1:2 Stefulj (27.), 2:2 Christiansen (44.), 3:2 Buckley (68.), 4:2 Wosz (83.) - Schiedsrichter: Pickel (Ettringen) - Zuschauer: 13 042 - Gelbe Karten: Fahrenhorst - van Hintum, Simak, Kaufman


96, wie weh tut das erste Mal ?
Unschlagbar ist nicht mehr. Die Abwehr hat es verbockt.

Willkommen daheim im Ruhrpott. Delron Buckley kehrte erst Mittwochfrüh nach einer langen Flugreise als Verlierer (gegen Mali) vom Afrika-Cup zurück. Der Südafrikaner sollte nach Maßgabe von VfL-Trainer Peter Neururer erst mal „schlafen, schlafen, schlafen”. 

Dumm für 96, dass Buckleys Wecker rechtzeitig klingelte, der Außenstürmer war überraschend in der Bochumer Anfangsformation und gleich hellwach. Er umdribbelte den in der Defensive phasenweise überforderten Steven Cherundolo und flankte auf Thomas Christiansen. Dessen Schuss konnte 96-Torhüter Jörg Sievers noch abwehren, aber Dariusz Wosz staubte ab zum 1:0. 117 Sekunden waren da erst gespielt, weitere 45 Sekunden später landete der Ball nach einem wuchtigen Schuss von Daniel Stendel schon im Bochumer Tor.

Dieses Selbstbewusstsein – schon beim 4:2 in Aachen hatte sich 96 von einem Gegentreffer nicht schocken lassen und zurückgeschlagen (zum zwischenzeitlichen 2:1). Das Gefühl der Unbesiegbarkeit machte Hannovers Profis stark, da war kaum Raum für Selbstzweifel. Noch. Am Mittwoch freilich gabs wiederholt Ansatzpunkte für Kritik, vor allem am Abwehrverhalten. 96 bekam die schnellen Außenstürmer Buckley und Paul Freier genauso wenig in den Griff wie Spielmacher Dariusz Wosz.

Weil 96 aber im Angriff immerhin Normalform erreichte, hatte die Partie einen extrem hohen Unterhaltungsfaktor. Die Ereignisdichte dürfte im Rollschuh-Musical „Starlight Express”, das gleich neben dem Ruhr-Stadion in einer Halle läuft, kaum höher sein. Das Tempo auch. Als Danijel Stefulj zum 1:2 einschoss (27.), schien die Partie den gewohnten Lauf für 96 zu nehmen. Christiansen glich aber noch vor der Pause aus (43.), und die schöne 96-Serie geriet in Gefahr. 

„Keine Profimannschaft geht ungeschlagen durch eine Saison”, mahnte der frühere 96-Kotrainer und Neururer-Kumpel Werner Kasper und bemühte die Wahrscheinlichkeitsrechnung: „Je länger man nicht verliert, desto wahrscheinlicher wirds, dass es passiert". Also gut, 20 Spiele wars für 96 gut gegangen, nach dem 3:2 durch Buckley (68.) musste man kein Mathematiker oder Prophet sein, um vorherzusagen, dass es diesmal schief geht, auch wenn 96 noch ordentliche Chancen hatte. Denn wenn das schnelle Bochumer Kombinationsspiel ins Rollen kam, konnte 96 es kaum stoppen. So erzielte Wosz auch nach einem Konter das 4:2 (83.). Die bittere erste Pleite war perfekt.

Die Reaktionen:

96-Trainer Ralf Rangnick: Wir haben es nicht geschafft, eine 2:1-Führung zu halten oder sogar auszubauen. Die Chancen waren da. Aber wir waren nicht ganz so griffig wie sonst. Ich habe immer gesagt, dass wir eine gute Mannschaft sind, aber keine Übermannschaft

Bochums Trainer Peter Neururer: Wir sind bewusst ein hohes Risiko eingegangen und haben gezeigt, zu was wir gegen eine spielerisch überragende Mannschaft fähig sind.

96-Chef Martin Kind: Das war nicht unser Tag. Wir müssen mit der Niederlage leben. Am Montag gibt es eine neue Herausforderung gegen Mainz.

Nebojsa Krupnikovic: Wir haben zu wenig aus unseren Chancen gemacht. Wichtig ist, dass wir aus dem nächsten Spiel wieder drei Punkte holen und es wieder gutmachen.

Marc van Hintum: Es war nicht mein Tag. Ich habe wirklich nicht gut gespielt. Dass das mal passiert, war klar.

Bochums Sportdirektor Heinz Knüwe: Das war ein Tag der offenen Tür. Hannover kann trotzdem für die erste Liga planen. Dazu sind sie zu gefestigt.

Die Einzelkritik:

Jörg Sievers: Sensationell. Hielt einige unhaltbare, vier nicht. 

Steven Cherundolo: Wir wissen nicht, ob Amerika ein Länderspiel gegen Südafrika verlieren würde. Jedenfalls verlor Cherundolo gestern das Duell gegen Buckley klar. 

Carsten Linke: Nach vorne nicht so schlecht (Kopfball an die Latte), nach hinten nicht so gut (Stellungsfehler beim 2:2). 

Dame Diouf: Haut immer mal einen raus — auf die Tribüne oder sonst wo hin. Das musste am Mittwoch auch sein, weil 96 hinten nicht ganz dicht war. 

Marc van Hintum: Bochums Freier war so frei, den Holländer abfliegen zu lassen. Van Hintum flog — pardon ging — nach 39 Minuten entnervt. 

Altin Lala: Der 96-Kampfzwerg war diesmal kein Riese. Immerhin an Hannovers 2:1 beteiligt. 

Nebojsa Krupnikovic: Einige gute Pässe aus dem Fußgelenk. Das sieht arrogant aus und ist es manchmal auch. Tauchte später ab.

Danijel Stefulj: Nicht ganz fit, machte aber das 2:1 wie ein ganz Gesunder. Aber auch abgetaucht.

Daniel Stendel: Einmal mehr Daniel Düsentrieb. Daniel Torlos sowieso nicht mehr. Machte das 1:1 wie ein Großer. 

Jiri Kaufman: Gut angefangen, stark nachgelassen. 

Jan Simak: Ein Zuckerpass zum 2:1, ansonsten vernaschte er keinen. Simak 2002 ist noch nicht der Simak von 2001. 

Dariusz Zuraw: Löste den überforderten van Hintum ab und nahm Freier ein paar Freiheiten. Aber nur ein paar. 

Conor Casey: Konnte nichts mehr retten. 

Babacar N'Diaye: Auch kein Retter.

(Quelle: Neue Presse, 07.02.02)


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