Hannover 96

Saison 2001/02, 18.Spieltag


Hannover 96 - 1. FC Union Berlin 3:2 (2:0)


Hannover 96: Sievers - Cherundolo, Linke, Diouf, Zuraw - Lala, Stefulj - Krupnikovic - Stendel, Kaufman, Keita / Trainer: Rangnick

1. FC Union Berlin: Beuckert - Benthin, Ernemann, Kozak, Nikol - Vidolov, Koilov, Menze, Fiel - Divic, Ristic / Trainer: Wassilev

Eingewechselt: 74. Rose für Zuraw, 85. Nehrbauer für Krupnikovic, 88. Mikolajczak für Keita - 46. Isa für Benthin, 74. Balcarek für Divic, 81. Chifon für Koilov

Tore: 1:0 Krupnikovic (2.), 2:0 Diouf (30.), 2:1 Vidolov (60.), 3:1 Krupnikovic (62.), 3:2 Isa (70.) - Schiedsrichter: Fandel (Kyllburg) - Zuschauer: 13 431 - Gelbe Karten: Kaufman - Ernemann, Chifon, Fiel


Weihnachtsmeister 96 beschert Hannover
Krupnikovic zaubert zweimal. Endlich wieder Erster

Das war ein frohes Torfestival zum Jahresabschluss: Hannover 96 gewann 3:2 gegen die Mannschaft von Union Berlin – nun überwintern die Roten als Weihnachtsmeister. 15 000 Zuschauer kamen trotz grimmiger Kälte ins Niedersachsenstadion, um das letzte Profi-Fussballspiel des Jahres zu sehen.

Kann DFB-Boss Gerhard Meyer-Vorfelder wirklich hannoversche Ehen gefährden? „So verliert man seine Frau - mit Spielterminen von MV“, war jedenfalls auf einem großen Transparent auf der Tribüne zu lesen. Die Verärgerung der Fans wegen der familienunfreundlichen Ansetzung am Donnerstagabend vor Weihnachten war groß.

Manch neugieriger 96-Anhänger wird es sich - auch wegen der grimmigen Kälte - daheim auf der kuscheligen Fernsehcouch gemütlich gemacht haben. Die 15 000 Zuschauer werden aber ihr Kommen nicht bereut haben, 96 pflegte wieder die zärtliche Beziehung zu Hannovers Fußballvolk und war schon nach 88 Sekunden neuer Tabellenführer, was sich an diesem Abend auch nicht mehr ändern sollte. Daniel Stendel war 20 Meter vorm Union-Tor gefoult worden, Nebojsa Krupnikovic drehte den Ball gefühlvoll in den Winkel - ein krummes Ding, Torhüter Sven Beuckert sah starr, als wäre er am Boden festgeforen, zu. 

„Spitzenreiter, Spitzenreiter“ sangen die Fans. Einige von ihnen mögen sich noch an den 14. Juni 1987 erinnert haben. Da war 96 zuletzt nach einem kompletten Spieltag Erster in Liga zwei - und stieg auf. Davon ist die aktuelle Mannschaft zumindest noch 16 Spieltage entfernt, nach der frühen Führung spielte sie vorübergehend auch nicht mehr wie ein Aufsteiger. Union spielte nun schwungvoll nach vorne, vertrottelte aber den Ausgleich: Nikol (9.), Ristic (15.), Fiel (17.) und Divic (22.) vergaben allerbeste Chancen. Der neue Union-Angreifer Petar Divic, den 96 auch beobachtet hätte, ließ bei seiner Gelegenheit die Verteidiger Linke und Diouf ganz alt aussehen. Eine bessere Figur machte Dame Diouf in Minute 30: Einen Freistoß von Krupnikovic köpfelte er mit einem Aufsetzer ins Tornetz. Das 2:0 schockte Union, mit den frechen Angriffen war es vorerst vorbei und in der Abwehr bewegten sich die Berliner wie träge Bären. Es gab große Lücken, die 96 aber nicht entschlossen nutzte. Keita (33. und 36.) verpasste die frühe Entscheidung. 

Nach der Pause ging es abwechslungsreich weiter, was überwiegend an den schwachen Abwehrreihen lag. „Auf dem harten Boden haben es die großen Spieler schwer“, weiß 96-Trainer Ralf Rangnick. Vor allem Dame Diouf stolperte bedenklich, so erreichte er auch einen Querschläger von Krupnikovic nicht, Widolov stieß dazwischen und traf zum 2:1 (60.). Es zeichnet 96 in dieser Saison wohl aus, dass sie sich durch solche Tore nicht verunsichern lassen. Krupnikovic hatte schon zwei Minuten später wieder ein treffliches Erlebnis. Aus 13 Metern traf er zum 3:1. Aber ach, die 96-Abwehr wackelte weiter. Den nächsten Patzer (von Diouf und Linke) nutzte Isa - klingelingeling, das war das 2:3 (70.). Richtig wach wurde 96 danach nicht mehr, rettete aber den Sieg bis zum Schlusspfiff und feiert als Erster Weihnachten. Ein frohes Fest für 96. 

Die Reaktionen:

96-Trainer Ralf Rangnick: Der Abstand zu Platz vier beträgt jetzt zehn Punkte - damit können wir gut Weihnachten feiern. Meine Mannschaft hat unter schwierigen Bedingungen wieder mal Moral und Charakter gezeigt.

Union-Trainer Georgi Wassilev: Hannover hat seine sehr gute Zukunft. Ich wünsche alles Gute fürs nächste Jahr in der ersten Liga.

Sportdirektor Franz Gerber: Wir haben eine gewaltige Hinrunde erlebt, das hätte sich keiner gedacht. Hier wurde Unglaubliches geleistet.

Nebojsa Krupnikovic: Ich habe zwei Tore gemacht, eins vorbereitet. Das ist schon okay. Die beiden Gegentore ärgern mich allerdings.

Jörg Sievers: Es ist sehr angenehm, sich kurz vor Weihnachten noch mit dem ersten Platz zu beschenken.

Carsten Linke: Union hat gut gespielt. Wenn man oben steht, hat man auch etwas Glück.

Die Einzelkritik:

Jörg Sievers: Schwieriges Spiel für den Kapitän. Die Berliner war zwar oftmals gefährlich vorm 96-Tor, aber sie schossen entweder vorbei oder unhaltbar rein. Sievers konnte kaum eingreifen. Machte das Wenige gut.

Steven Cherundolo: Rechts wie aufgedreht. Befreite sich locker aus schwierigen Lagen. Als er aber einmal frei durchlaufen konnte, verieß ihn der Mut.

Dame Diouf: Köpfte ein Tor und freute sich darüber wie ein Schneekönig. Aber in seinem eigentlichen Arbeitsgebiet rutschte und schwamm Diouf mächtig.

Carsten Linke: Kraulpartner von Diouf, hatte aber ein paar Schwimmhilfen dabei.

Dariusz Zuraw: Für ihn ungewohnt wieder links in der Kette. Ordentlich. Musste mit Oberschenkelzerrung raus.

Altin Lala: Gut, dass er so viel wegfegte. Führte auch den Lala-Kreisel in die 96-Geschichte ein. Drehte sich um den Gegenspieler mit dem Ball am Fuß - elegant.

Danijel Stefulj: Seinen energischen Antritt hätten wir gern öfter gesehen. Sein Pass vorm 3:1 war traumhaft.

Nebojsa Krupnikovic: Diesmal ein echter Simak. Lieferte in der Schaltzentrale Ideen und Vorlagen. Und war dann auch noch torgefährlich. Einen Freistoß versenkte er zauberhaft, den zweiten köpfte Diouf ins Netz - und das dritte 96-Tor machte er auch noch. Allerdings führte sein Querschläger zum 2:1.

Daniel Stendel: Holte den Freistoß heraus, der zum 1:0 führte. Arbeitete viel, aber nicht immer glücklich.

Jiri Kaufman: Einmal war er frei durch, schoss den Torhüter aber an. Ansonsten lief die Partie an ihm meist vorbei.

Salif Keita: Bemüht, aber aus ihm wird wohl nie ein Torjäger. Fiel meist hin, wenn er aufs Tor schießen konnte.

Marco Rose: Licht und Schatten. Einer guten Aktion folgte eine schwächere.

Thorsten Nehrbauer: Half noch mit.

(Quelle: Neue Presse, 21.12.01)


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