Hannover 96 | Saison 2001/02, 8.Spieltag |
LR Ahlen - Hannover 96 2:5 (1:2) |
LR Ahlen: Langerbein - Hamann - Zimmermann, Vasilijevic, Schuster - Hutwelker, Dolzer, Simon, Fengler - Baluszynski, Feinbier / Trainer: Neururer
Hannover 96: Sievers - Cherundolo, Linke, Diouf, Stefulj - Lala, Krupnikovic, Simak - Stendel, Keita, Kaufman / Trainer: Rangnick
Eingewechselt: 46. Rösele für Hutwelker, 58. Arnold für Vasilijevic, 58. Bella für Baluszynski - 46. Bounoua für Stendel, 70. Nehrbauer für Kaufman, 83. Morinas für Keita
Tore: 1:0 Fengler (17.), 1:1 Stendel (18.), 1:2, 1:3 Simak (44., 59.), 2:3 Feinbier (67.), 2:4 Krupnikovic (85.), 2:5 Simak (89.) - Schiedsrichter: Koop (Lüttenmark) - Zuschauer: 5 500 - Gelbe Karte: Dolzer, Zimmermann - Simak
Simak hat den Trieb, so
kreiselt 96 zum Aufstieg
Der Spielmacher zaubert und
trifft dreimal. Sogar Brehme staunt.
Hoppla, das war eng: Mit viel Tempo steuerte Mirko Liesebach um 19.05 Uhr den
96-Mannschaftsbus auf den Parkplatz am Werse-Stadion und bremste erst kurz vor einem Fan, der vor Schreck zur Seite sprang. „Huuch“, bibberte eine Ahlener
Geschäftsstellen-Mitarbeiterin. „Hoffentlich geben die Hannoveraner gleich im Spiel
nicht so viel Gas.“ Doch 96 begann auch auf dem vom Dauerregen aufgeweichten und tiefen Rasen
schwungvoll. Hannovers Profis tobten so munter über das Feld wie Grundschüler bei
einem Klassenausflug.
Den Spieltrieb konnte Ahlen oft nur durch Fouls bremsen. Vor allem Jan Simak musste leiden, Dolzer trat ihn in Minute elf von hinten böse um und war mit der
gelben Karte noch gut bedient. Die Ahlener schienen hilflos angesichts des 96-Offensivdrangs, und doch war ihnen zu helfen: Cherundolo rutschte an der
Außenlinie aus, auch Lala trat ins Leere. Der Weg war frei für Baluszynski, dessen
harten Schuss Sievers vor die Füße von Fengler abwehren konnte, der zum 1:0
abstaubte (17.). Der Ausgleich kam schnell: Stendel nahm einen verunglückten Pass von Lala vor der
Strafraumgrenze geschickt an, drehte sich und traf mit einem wenig druckvollen Linksschuss zum 1:1 (18.).
96 tobte fortan weiter munter über den Platz, schien aber vor lauter Lust am Spiel
das Toreschießen zu vergessen. Jan Simak immerhin erinnerte sich an das Wesentliche im Fußball. Ja, fast scheint es, als habe er nur das eine im Kopf. In
Minute 44 jedenfalls dribbelte der Ballzauberer an drei Ahlenern vorbei und traf zum
1:2.
Das wird auch Lauterns Teamchef Andreas Brehme gerne gesehen haben. Der Weltmeister von 1990 lobte zur Pause: „Eine so spielstarke Mannschaft wie
Hannover ist ein Aufstiegsaspirant.“ Offenbar war Brehme vor allem wegen Simak gekommen.
Und der junge Tscheche (22) drehte weiter auf, tanzte nach einer Stunde Arnold aus
und wuchtete den Ball zum 1:3 ins Ahlener Tor. Entschieden war die Partie damit trotzdem noch nicht, weil die stabile 96-Viererkette plötzlich
ausgehebelt wurde. Diouf wurde überrannt – Feinbier schenkte 96 einen ein (66.).
Zehn Minuten lang schien der 96-Sieg in Gefahr, weil Ahlen Druck machte und Hannovers Abwehr etwas wackelte. Doch Simak machte dem Zittern ein Ende und
ärgerte die Ahlener Abwehr noch zweimal. Zuerst versetzte er Hamann und Schuster
und bediente Krupnikovic mit einem feinen Querpass vorm 2:4 (85.). Schließlich kreiselte er noch einmal vor das Ahlener Tor und traf locker zum 2:5
(89.). Und perfekt war der erste Auswärtssieg seit dem 24. November 2000 (4:0 in Aachen).
Die Reaktionen:
96-Trainer Ralf Rangnick: Viel besser nach vorne kann man nicht spielen. Jan Simak zuzuschauen ist eine Augenweide.
Ahlens Trainer Peter Neururer: 96 hat uns die Grenzen aufgezeigt. Die 96-Offensive war überragend.
Klubchef Martin Kind: Die Mannschaft überzeugt jetzt auch in kritischen Situationen. Glückwunsch an Spieler und Trainer.
Danijel Stefulj: Jetzt ist alles möglich.
Carsten Linke: Wir sind hier im Stiele einer Klassemannschaft aufgetreten.
Jan Simak: Die ganze Mannschaft hat gut gespielt - das ist alles.
Die Einzelkritik:
Jörg Sievers: Gut, dass das 96-Denkmal hinten drinsteht. Wackelte nur einmal, als er
den Kollegen Linke anschoss und der Ball ganz knapp am Tor vorbeisegelte.
Steven Cherundolo: Von den mitgereisten 96-Fans bei jeder Ballberührung mit „USA,
USA“-Sprechchören angefeuert. Auch 96-Anhänger sind alle Amerikaner in diesen
Tagen. Allerdings patzte Cherundolo vor dem 1:0, als er einen Zweikampf im Mittelfeld verlor.
Dame Diouf: Er wird wieder einige Szenen finden, die er Senegals Nationaltrainer auf
Video schicken kann, um für eine Berufung zu werben. Die Szene zum 2:3-Anschlusstreffer sollte er allerdings herausschneiden, als er das Duell gegen
Feinbier verlor.
Carsten Linke: Der Wortführer in der Innenverteidigung. Starker Kopf der Abwehr.
Danijel Stefulj: Kompromisslos.
Altin Lala: Kam nach einer langsamen ersten Viertelstunde gut in Fahrt. Hat die beste
Zweikampfbilanz bei 96. Gewohnt bissig und emsig.
Jan Simak: Wenn Big Brehme, Lauterns Trainer, auf der Tribüne saß, um Simak zu
beobachten, dann muss 96 zittern. Mit dem Traumsolo zum 2:1, dem Treffer zum 3:1 und der Vorarbeit zum 4:2 und dem Tor zeigte der Tscheche, dass er der König
unter vielen 96-Prinzen ist.
Nebojsa Krupnikovic: Trotz Simak – der eigentliche 96-Spielmacher heißt Krupnikovic.
Er eröffnet mit Zauberpässen viele 96-Schachzüge und setzte Ahlen mit dem Tor zum
4:2 matt.
Daniel Stendel: Schon wieder ein Treffer von Daniel Düsentrieb, auch wenn der
Torwart zu spät zündete. Mit Oberschenkelproblemen in der Halbzeit ausgewechselt.
Jiri Kaufman: Bemüht, aber erfolglos. Vergibt auch beste Torchancen.
Salif Keita: Setzt sich häufiger mal durch, aber vor dem Ahlener Tor zu harmlos.
Morad Bounoua: Konnte Stendel nicht ersetzen.
Thorsten Nehrbauer: Ackerte ordentlich.
Igoris Morinas: Ob wir jemals wieder ein Tor von ihm sehen?
(Quelle: Neue Presse, 02.10.01)