Hannover 96 | Saison 2001/02, 1.Spieltag |
1. FC Union Berlin - Hannover 96 1:1 (0:0) |
1. FC Union Berlin: Beuckert - Menze - Kozak, Ernemann - Kremenliev, Vidolov, Koilov, Nikol - Ristic, Djurkovic , Isa / Trainer: Wassilev
Hannover 96: Sievers - Cherundolo, Diouf, Linke, Rose - Lala, Krupnikovic, Stefulj - Stendel, Keita, Kaufman / Trainer: Rangnick
Eingewechselt: 61. Balcarek für Isa, 85. Zechner für Djurkovic, 88. Fiel für Nikol - 63. Simak für Krupnikovic, 72. Mikolajczak für Keita, 80. Morinas für Rose
Tore: 1:0 Vidolov (76.), 1:1 Kremenliev (82., Eigentor) - Schiedsrichter: Jansen (Essen) - Zuschauer: 9 072 - Gelbe Karte: Djurkovic, Ristic, Menze - Kaufman, Stefulj, Cherunoldo - Rote Karte: Linke (81., Notbremse)
Zehn Hannoveraner eisern, ein
Berliner machts goldig
Kurioser Start in der
Försterei. Als Linke fliegt, helfen die anderen
Das wäre beinahe daneben gegangen: 96 startete mit einem 1:1 bei Union in die neue
Saison.
In Köpenick tragen sogar Straßenbahnen Weiß-Rot. Auf den vergilbten Waggons eines
Zuges wird mit Reklame für „Eisern Union“ geworben. Wer hier einsteigt, das soll uns die
Werbung wohl sagen, fährt auf Union Berlin ab.
Im Osten der Hauptstadt genießt der Aufsteiger inzwischen wieder viele Sympathien, gestern war sogar der
Bürgermeister Klaus Wowereit da – und mit ihm 9071 weitere Zuschauer, wenn man dem
Stadionsprecher glauben darf. Die jedoch machten in dem engen Stadion „Alte Försterei“ eine Menge Radau, es
brodelte auf der Tribüne. Die Fans bliesen gewissermaßen zur Jagd auf den ersten
Saisonsieg, wovon 96 sich aber nicht beeindrucken ließ. Während Berlins Profis aufgeregt wie junge
Rehe über den Platz hüpften, bemühte sich Hannover um Ordnung und Kontrolle. Hinten schmückte 96 die Viererkette
Cherundolo-Linke-Diouf-Rose dicht, im Mittelfeld glänzte Spielmacher Krupnikovic
mit Übersicht, feinen Pässen – und sogar mit gewonnenen Zweikämpfen. Die 96-Aktionen hatten mithin Witz, die Pointe allerdings gelang nicht, auch weil Union in der
Abwehr so humorlos dazwischen ging. Hannovers Angreifer fielen so oft auf den Bauch, Kaufman
(17.) und Cherundolo (31.) sogar im Strafraum – einen Elfmeter hatten jedoch beide nicht
verdient. Kaufman sah sogar Gelb wegen einer vermeintlichen Schwalbe. Es war schon in Hälfte eins ein
verbissen geführtes Spiel – fast frei allerdings von klaren Chancen. In Minute 35 jedoch tat sich ein Loch in der 96-Kette auf. Linke
hing nach einem Pass von Djurkovic in der Luft. Er hatte Glück, dass Ristic den Ball aus sechs Metern drüberspitzelte.
Wenig später versuchte sich Krupnikovic – sein Schuss ging knapp rechts vorbei (38.).
In Hälfte zwei wars weitgehend vorbei mit der Kontrolle – 96 stand weiter einigermaßen gut
sortiert, aber viel zu weit hinten drin. Nach einer guten Stunde ging Krupnikovic die Puste aus.
Für ihn kam Simak (63.). Der junge Tscheche hatte auch gleich eine gute Chance, Union-Torhüter Beuckert hielt.
Dann aber wurde 96 für seine Passivität bestraft. Mit einem Diagonalpass hebelte Union
Hannovers Abwehr aus, Widolow nutzte die Lücke zum 1:0 (76.). Als Linke wegen einer eher
umstrittenen Notbremse gegen Ristic mit Rot runter musste (80.), schien die Partie gelaufen. Schließlich aber rettete Kremenliew 96 noch einen Punkt. Eine Flanke des
eingewechselten Morinas köpfte er ins eigene Tor (82.).
Die Reaktionen:
96-Trainer Ralf Rangnick: Wenn man kurz vor Schluß das 0:1 kriegt und dann so zurückkommt, kann man zufrieden sein. Ich glaube, daß wir in der ersten Hälfte eine gute Spielanlage an den Tag gelegt haben, aber in den entscheidenden Zweikämpfen waren wir nicht robust genug. Es war ein Spiel, das sehr viel geboten hat.
96-Vorstand Uwe Krause: Ich bin zufrieden, das war ein gelungener Auftakt.
96-Sportdirektor Franz Gerber: Das war ein hartes Pflaster hier. Union hat sehr engagiert gespielt. Es war ein gutes Zweitligaspiel mit einem gerechten Ergebnis. In der zweiten Halbzeit haben wir nicht ganz so unser Spiel durchbringen können.
Berlins Trainer Georgi Wassilew: Mit unserem ersten Auftritt in der zweiten Liga bin ich zufrieden. Allerdings ist es immer bitter, wenn man mit einem Mann mehr den Vorsprung nicht halten kann. Hannover wird eine entscheidende Rolle in der Liga spielen.
Altin Lala: Wir haben in der ersten Halbzeit sehr gut gestanden und hatten prima Kombinationen nach vorne. Nach 60 Minuten sind wir aber unter Druck geraten.
Carsten Linke: Herr Jansen ist ein hervorragender Schiri, er wird die Szene vor der roten Karte schon richtig gesehen haben. Das 1:1 war mehr als verdient für uns.
Marco Rose: Wir hatten Respekt, aber keine Angst. Union ist ein unheimlich starker Aufsteiger.
Jörg Sievers: Es war keine überragende Leistung, aber okay. Wir haben in der zweiten Hälfte ein bißchen zu viel zugelassen.
Union-Torwart Sven Beuckert: Wenn wir ein bißchen Glück haben, gewinnen wir.
Beobachter Marko Rehmer (Nationalspieler): 96 hat eine sehr gute Mannschaft. Das Unentschieden ist in Ordnung. Die Karte für Linke kann man geben.
Die Einzelkritik:
Jörg Sievers: Ganz in Gelb, aber keinesfalls flatterhaft wie ein Kanarienvogel. Einmal flog er aber vergebens.
Steven Cherundolo: Daß der kleine Amerikaner ein ganz Großer ist, glauben wir Trainer Ralf Rangnick gern. Gestern fiel Cherundolo wieder positiv auf - wenn auch nicht ganz groß.
Carsten Linke: Immer noch gut genug - auch für Rangnicks Kette? Linke machte es gestern seinem Coach nicht immer recht. Sah zu allem Überfluß noch Rot.
Dame Diouf: Mein lieber Herr, der haut ganz schön dazwischen. Ein wichtiges Kettenglied.
Marco Rose: Früher links draußen, jetzt links drin bei 96. Lieferte stichhaltige Argumente für seine Aufstellung. Wunderschön sein Fast-Flugkopfballtor.
Altin Lala: So kennen wir den kleinen Albaner - die 96-Arbeitsbiene nervte mit seinem Gesumme Berlins Aufsteiger. Aber nur eine Halbzeit.
Danijel Stefulj: Meistens im Vorwärtsgang, manchmal sprang jedoch der Gang raus. Dann wurden Gegner regelrecht überrollt. Die 96-Dampfwalze war gestern in Fahrt.
Nebojsa Krupnikovic: Unter Ex-Coach Horst Ehrmantraut ein Totalversager, unter Rangnick total gut. Bester Mann in Halbzeit eins.
Daniel Stendel: Daniel Torlos. Wie immer bemüht, aber seit November 2000 ohne Treffer.
Jiri Kaufman: Daß 96 diesen Mann gekauft hat, war gut so. Der junge Tscheche dreht jetzt auf.
Salif Keita: Links, rechts, dann wieder links - der Senegalese spielte Fang-mich mit seinem Gegenspieler.
Jan Simak: Kam für Krupnikovic. Fast Torschütze.
Christian Mikolajczak: Kam für Keita. Auch kein Torschütze.
Igoris Morinas: Kam für Rose. Die erste Morinas-Flanke führte zum 1:1
(Quelle: Neue Presse, 31.07.01)