Hannover 96

Saison 2000/2001, 30.Spieltag


Arminia Bielefeld - Hannover 96 5:2 (2:0)


Arminia Bielefeld: Hain (3) - Friedrich (4), Reinhardt (2), Borges (3,5) - Sternkopf (4), Porcello (3), Hofschneider (3), Bode (4) - Weissenberger (2,5) - Wichniarek (1), Labbadia (2,5) / Trainer: Möhlmann

Hannover 96: Sievers (3) - Dermech (5) - Amadou (5), Schäfer (5) - Lala (4,5), Linke (4,5), Cherundolo (4,5), Stefulj (3,5), Bounoua (4,5) - Simak (4,5), Stendel (4) / Trainer: Ehrmantraut

Eingewechselt: 53. Gansauge (3) für Borges, 67. Klitzpera für Hofschneider, 71. Diabang für Weissenberger - 64. Gorges für Schäfer, 64. Kaufman für Linke

Tore:1:0 Wichniarek (33., Foulelfmeter, Cherundolo an Sternkopf), 2:0 Wichniarek (34.), 3:0 Wichniarek (51.), 3:1 Simak (55., Foulelfmeter, Friedrich an Stendel), 4:1 Wichniarek (60.), 5:1 Klitzpera (70.), 5:2 Kaufman (71.) - Schiedsrichter: Schößling (Leipzig) - Zuschauer: 12 266 - Gelbe Karten: Borges - Linke, Stefulj, Gorges

(in Klammern die kicker-Noten)


Levy soll 96 übernehmen - Kommt Gerber zurück?
Keine Perspektive mehr für Ehrmantraut und Levin. Heute Trennung

2:5 in Bielefeld - Horst Ehrmantraut fliegt am Montag raus. Kotrainer Levy soll übernehmen. Als neuer 96-Coach ist Franz Gerber im Gespräch. 

Dieser Abgang tat weh, das war Horst Ehrmantraut im Gesicht abzulesen: Der Trainer warf die Stirn in Falten und schluckte einmal schwer. Seine Mundwinkel waren weit nach unten gezogen, als er die Stufen hinunter in den Bauch des Stadions auf der Bielefelder Alm schritt. Bei der Pressekonferenz rang der 96-Coach dann nach den passenden Worten um die unfassbare Pleite in diesem für ihn so wichtigen Spiel zu erklären. "Wir haben extreme individuelle Fehler gemacht", sprach er, dabei habe doch alles ordentlich begonnen. "Wir haben stark aus der Defensive agiert und wollten die Bielefelder kommen lassen. Das hat zuerst auch ganz gut geklappt."  Nach Kritik der Spieler an der allzu offensiven Ausrichtung des Teams versuchte es Ehrmantraut diesmal mit der Mauertaktik. Im 96-Vorstand sorgte dies aber für Unverständnis. "So defensiv geht natürlich gar nichts", kritisierte Uwe Krause zur Pause. "Bielefeld ist doch unsicher. Wenn man da richtig draufgeht, kann man hier 2:0 in Führung gehen."  So stand es zu dieser Zeit auch - allerdings für Bielefeld. Und das war schnell gegangen: Erst traf Artur Wichniarek per Strafstoß (33.), nur 83 Sekunden später legte der Pole nach. Dabei sah die 96-Abwehr ganz alt aus. Oliver Schäfer kam noch zweimal zu spät gegen Wichniarek, auch Alexander Klitzpera traf. Jan Simak verkürzte per Strafstoß zum 1:3, Jiri Kaufman schaffte das 2:5.

Klubchef Martin Kind tröstete das nicht mehr: "Die Mannschaft ist leblos, es ist keine Motivation zu erkennen. In dieser Verfassung gewinnt sie kein Spiel mehr", sorgt er sich um den Klassenerhalt. Um den Abstieg zu vermeiden, will Ehrmantraut sich nun "in den nächsten Wochen mit aller Energie für den Verein einsetzen". Unwahrscheinlich, dass 96 ihn noch lässt. "Wir müssen jetzt schnell mit Herrn Ehrmantraut und Herrn Levin sprechen", sagt Kind. "Sie werden einsehen, dass das so sicher keine Perspektive mehr hat." Was im Klartext bedeutet, dass Ehrmantraut und Manager Levin gehen müssen - schon am Montag. Kotrainer Stanislaw Levy könnte dann erst mal das Team übernehmen. Als möglicher neuer Trainer ist ein ehemaliger 96-Coach im Gespräch: Kommt Franz Gerber zurück? Der Retter der Oldenburger will sich jedenfalls "an den Spekulationen nicht beteiligen. Jeder weiß, dass ich in Hannover immer noch viele Freunde habe."

Die Reaktionen:

96-Trainer Horst Ehrmantraut: Es war ein verdienter Sieg für Bielefeld. Wir stehen jetzt unter Druck mitten im Abstiegskampf. Die Situation ist sehr prekär.

Bielefelds Trainer Benno Möhlmann: Wir hatten die richtige Einstellung. Es war ein kleiner Schritt zum Klassenerhalt.

96-Aufsichtsrat Martin Biskowitz: Die Abwehr war ein Hühnerhaufen. Das war ein ganz schlimmes Spiel.

Jörg Sievers: Wir können froh sein, dass wir heute nicht zehn Stück gekriegt haben. Defensiv war das eine ziemlich peinliche Vorstellung. Es gibt viel zu diskutieren. Für mich ist der Trainer eine arme Sau.

Daniel Stendel: Der Trainer versucht es mit allen Mitteln. Er hat die Mannschaft auf unsere Initiative hin umgestellt. Die beiden blöden Tore zu Beginn haben uns das Genick gebrochen.

Jiri Kaufman: Das 5:2 sagt alles. Die ersten 30 Minuten waren gut, danach ging nichts mehr.

Manager Wolfgang Levin: Wenn wir heute einen Mittelstürmer gehabt hätten, hätten wir 5:5 gespielt. Wie es jetzt weitergeht, bestimmt der Vorstand. 

Moudachirou Amadou: Meine Leistung war besser als in der letzten Woche, aber das hat auch nicht gereicht.

Mourad Bounoua: Die Situation ist beschissen.

Die Einzelkritik:

Jörg Sievers: Arm dran im 96-Tor, weil seine Vorderleute Bielefeld so reich mit Chancen beschenkten.

Fahed Dermech: Chef einer miserablen Abwehr. Bereitete das 0:3 vor, indem er den Ball verstolperte. Stand auch danach nicht mehr stabil.

Oliver Schäfer: Sein Gegenspieler Wichniarek machte vier Tore und spielte ihn bisweilen schwindelig. Dafür gibts von uns die Höchststrafe - Note Sechs.

Moudachirou Amadou: Gab sich alle Mühe als Manndecker von Labbadia - doch das war nicht genug. Amadou sollte sich bei Sievers bedanken, dass der Bielefelder Sturmführer nicht traf.

Danijel Stefulj: Sorgte auf der rechten Seite immerhin ein wenig für Schwung und bereitete das 2:5 durch Kaufman vor.

Carsten Linke: Hatte Pech, als sein Schuss in der 24. Minute nur knapp vorbeiflog. Verrichtete wie gewohnt die Drecksarbeit im Mittelfeld und saugte vor der Abwehr Staub. Zwischen Kampf und Krampf.

Mourad Bounoua: Viel gelaufen auf der linken Seite, wenig gebracht. Zirkelte einen Freistoß aus 18 Metern halbwegs gefährlich aufs Bielefelder Tor.

Steven Cherundolo: Versagte als Bewacher des Bielefelder Spielmachers Weissenberger. Der Amerikaner verschuldete auch den Elfmeter an Sternkopf, der zum 1:0 für Bielefeld führte.

Altin Lala: Stand in dieser Saison oft unter Strom, doch im Endspurt ist sein Akku offenbar leer. Lala war im offensiven Mittelfeld überfordert. 

Jan Simak: Verwandelte einen Elfer. Seine beste Aktion hatte er kurz vor Schluss bei einem 40-Meter-Pass auf Stefulj. Sein Glanz verblasste aber wieder.

Daniel Stendel: Ach, der Stendel. Hatte diesmal immerhin wieder eine Torchance. Dass er aus elf Metern daneben schoss, wunderte uns nicht mehr. 

Jiri Kaufman: Kam für Linke und machte es besser als Stendel. Kaufman erzielte sein zweites Saisontor.

Guido Gorges: Kam für Schäfer und stoppte Wichniarek endlich.

(Quelle: Neue Presse, 23.04.01)


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