Hannover 96

Saison 2000/2001, 29.Spieltag


Hannover 96 - FSV Mainz 05 2:4 (2:2)


Hannover 96: Sievers (3) - Molata (4) - Amadou (5), Cherundolo (5) - Lala (4), Linke (4), Stefulj (4), Bounoua (4,5) - Krupnikovic (4,5) - Stendel (4), Simak (3) / Trainer: Ehrmantraut

FSV Mainz 05: Wache (3) - Nikolic (3), Friedrich (3), Schuiteman (3,5), Skrinjar (3) - Babatz (3), Kramny (3), Schwarz (3,5), Hock (2) - Thurk (2), N'Kufo (2) / Trainer: Klopp

Eingewechselt: 46. Schäfer (3,5) für Krupnikovic, 62. Keita für Stendel, 77. Morinas für Lala - 72. Ziemer für Thurk, 81. Nehrbauer für Schwarz, 83. Kinkel für Hock

Tore:1:0, 2:0 Simak (9., 12.), 2:1, 2:2 Thurk (29., 34.), N'Kufo (61.), 2:4 Ziemer (82.) - Schiedsrichter: Berg (Konz) - Zuschauer: 6 211 - Gelbe Karten: Schuiteman

(in Klammern die kicker-Noten)


96 taumelt, der Trainer wackelt
Er ist ratlos nach dem 2:4 gegen Mainz. Er spricht sich mit der Mannschaft aus.

Der Erklärungsnotstand nach der blamablen Pleite war so erschreckend wie zuvor der spielerische. "Wenn ich das Spiel begreifen würde, könnte ich es auch analysieren", fasste Trainer Horst Ehrmantraut seine Ratlosigkeit am späten Sonnabendnachmittag in Worte. Die miserable 96-Partie vor offiziell 6211 - geschätzt aber allenfalls 4000 - Zuschauern hatte Ehrmantraut verwirrt. Dabei hatte sie so viel versprechend begonnen: 96 kombinierte munter drauflos, in der magischen ersten Viertelstunde traf Ballzauberer Jan Simak zweimal (9. und 12. Minute). Dann aber stellte 96 das Fußball spielen ein, "da ging gar nichts mehr", erkannte auch Ehrmantraut. Die Untätigkeit nutzte zuerst der Mainzer Stürmer Michael Thurk. Er köpfelte zum 1:2 und 2:2. Ehrmantraut hatte den 1,70 Meter kleinen Cherundolo gegen den sieben Zentimeter größeren Thurk gestellt, weil er meinte, "der Steve ist eigentlich ein guter Kopfballspieler". Das jedoch ging nicht gut. 

"Die beiden Tore waren wie ein Faustschlag", fand Libero Michael Molata. 96 war getroffen und taumelte ohne Gegenwehr dem Ende entgegen. N'Kufo und Ziemer trafen zum 2:3 und 2:4. 96 rutschte auf Platz zehn, und Ehrmantraut ist "froh, 40 Punkte auf dem Konto zu haben. In unserer Verfassung müssen wir aufpassen, nicht ganz unten reinzurutschen."  Fünf Spieltage vor Saisonende scheint das Team Leidenschaft und Lebenswillen verloren zu haben, was auch Klubchef Martin Kind und die 96-Führung mit größter Sorge beobachten. "Wir müssen die Entwicklung kritisch analysieren", sagte Kind. Er wird weitere Niederlagen kaum dulden, auch wenn die offizielle Sprachregelung lautet: "Es gibt keine Trainer-Diskussion."

Eine Diskussion der Profis mit dem Trainer gab es sehr wohl - auf Wunsch von Ehrmantraut sprachen sich die Spieler Sonntagfrüh mit ihm aus. "Er wollte das auch, weil behauptet wurde, die Mannschaft spiele gegen den Trainer und einige Spieler hätten Angst vor ihm", weiß Manager Wolfgang Levin. Wenn dem so ist, werden die Profis das kaum zugegeben haben. Immerhin aber kritisierten einige "das harte Regiment des Trainers kurz vor dem Spiel" (Levin). Ob die Aussprache etwas bringt, werden wir Sonntag in Bielefeld sehen. Falls nicht, könnte Ehrmantraut bald nichts mehr zu sagen haben bei 96.

Die Einzelkritik:

Jörg Sievers: Die vier Gegentore werden ihn um den Schlaf gebracht haben. Doch was kann Sievers dafür, wenn seine Vorderleute schnarchen? Zu halten waren die Treffer nicht.

Michael Molata: Chef einer wackeligen Abwehr. Molata gab sich viel Mühe, konnte aber nicht alle Löcher stopfen, die sich hinten auftaten. Was auch daran lag, dass Trainer Ehrmantraut ihn vor die Manndecker beordert hatte.

Steven Cherundolo: Verpasste zweimal den Absprung im Kopfballduell mit Thurk, was katastrophale Folgen hatte: das 1:2 und das 2:2. Hüpfte in Hälfte zwei weit agiler durchs Mittelfeld.

Moudachirou Amadou: Schwach wie schon lange nicht mehr. Lief N'Kufo meist hinterher. Das sah vor allem beim 2:3 dumm aus.

Altin Lala: Was war bloß mit dem sonst so flotten Mittelfeld-Renner los? Lala fehlte diesmal der Antrieb.

Carsten Linke: Der Pressing-Chef. Versuchte, die Mainzer anfangs früh unter Druck zu setzen. Blöd, dass nicht alle Mitspieler halfen. Verkrampfte in Halbzeit zwei aber auch.

Danijel Stefulj: Bereitete das 1:0 mit einem 40-Meter-Pass vor und war auch danach um dynamischen Spielaufbau bemüht. Stefulj baute aber schnell und stark ab, er blieb bei seinen Vorstößen wiederholt hängen.

Nebojsa Krupnikovic: Mäßig als Spielgestalter, extrem schwach in der Defensive.

Jan Simak: Pustete Handküsschen ins Publikum nach seinem Traumtor zum 1:0, dem er schnell das 2:0 und damit Saisontor Nummer acht folgen ließ. Danach fanden die Fans Simak aber nicht mehr zum Knutschen.

Daniel Stendel: Immer in Bewegung, immer anspielbereit - aber wie immer torlos.

Mourad Bounoua: Machte auf den Flügeln - mal links, mal rechts - wenig Wind.

Oliver Schäfer: Ab der 46. Minute Bewacher von Thurk. Diese Aufgabe löste er konzentriert, beim Passspiel muss Schäfer mit seinen Gedanken woanders gewesen sein.

Salif Keita: Kam für Stendel, stürmte genauso erfolglos.

Igoris Morinas: Warum überhaupt?

(Quelle: Neue Presse, 17.04.01)


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