Hannover 96

Saison 2000/2001, 27.Spieltag


Hannover 96 - Rot-Weiß Oberhausen 3:0 (0:0)


Hannover 96: Sievers (3,5) - Gorges (4,5), Schäfer (4) - Dermech (4) - Lala (3), Linke (2,5), Stefulj (3,5), Däbritz (3,5), Bounoua (3,5) - Simak (2,5), Stendel (3,5) / Trainer: Ehrmantraut

RW Oberhausen: Adler (3,5) - Backhaus (4) - Baumann (3,5), Scharpenberg (4), Ratkowski (4) - Chiquinho (3), Luginger (4), Judt (3,5) - Hayer (3,5) - Toborg (5), Weber (4,5) / Trainer: Kleppinger

Eingewechselt: 46. Molata (3) für Gorges, 63. Baschetti für Däbritz, 85. Rose für Simak - 64. Müller für Backhaus, 75. Obad für Toborg, 75. Langeneke für Hayer

Tore: 1:0 Däbritz (46., Foulelfmeter, Adler an Simak), 2:0 Lala (66.), 3:0 Simak (72.) - Schiedsrichter: Wagner (Hofheim) - Zuschauer: 6 811 - Gelbe Karten: Linke, Molata - Weber, Chiquinho, Hayer, Adler

(in Klammern die kicker-Noten)


96-Befreiungsschlag, aber Trainer tritt nach
Auf Platz sieben geklettert. Ehrmantraut schimpft über Lautsprecher 

Befreiungsschlag für 96. Nach dem 3:0 gegen Oberhausen kletterte die Mannschaft auf Platz sieben.

Um zu erkennen, in welcher Verfassung 96 gegen Oberhausen ins Spiel ging, sollte man sich diese Szene aus der siebten Minute genauer anschauen. Einwurf also für 96, Oliver Schäfer beförderte den Ball zurück zu Jörg Sievers, der sogleich vom Oberhausener Stürmer Achim Weber angegriffen wurde. "Nimm ihn in die Hand", brüllte Schäfer dem Torwart zu. Immerhin kannte Sievers die Rückpass-Regel besser als sein Verteidiger. Der 96-Kapitän musste sich mit dem Fuß behelfen, schoss Weber an und hatte Glück, dass der Ball knapp am Tor vorbeiflog. Frisch geduscht, erklärte Schäfer den Aussetzer mit "der Hitze des Gefechts". Aber dass der 32-Jährige, der mit Lautern Meister und Pokalsieger geworden war, die Spielregeln vergessen hatte, lässt erahnen, wie es um weit weniger erfahrene Kollegen stand. 96 brachte sich regelrecht selbst in Gefahr, agierte kopflos. Die einfachsten Dinge missrieten. "Total verkrampft", urteilte Trainer Ehrmantraut. "Alles war Zufall", meinte Altin Lala. "Das hat nichts mit Fußball zu tun", schimpfte Ex-Nationalspieler Hans Siemensmeyer. "Manchmal glauben wir ja nicht, dass wir schlecht waren, aber das war in der ersten Hälfte wirklich mies", gab Mourad Bounoua zu. Kaum zu glauben auch, dass 6811 Zuschauer so laut pfeifen können, wie sie es zur Halbzeit bewiesen.

Und dann half eine Ordnungswidrigkeit von Oberhausens Torwart 96 aus der Patsche. Oliver Adler bremste Jan Simak ungeschickt. Schiedsrichter Lutz Wagner zögerte, schien sich nicht sicher, ob er ein Auge zudrücken sollte, entschied sich dann doch für die punktuelle Bestrafung. Er zeigte auf den Elfmeterpunkt, Nico Däbritz verwandelte (46.). "Danach sind wir zusammengebrochen", erkannte Oberhausens Trainer Gerd Kleppinger. Für Fahed Dermech und Kollegen war dies Tor "wie eine Befreiung". Auch stellten taktische Änderungen Ehrmantrauts die 96-Ordnung wieder her, zum Beispiel der Wechsel von Lala für Däbritz ins zentrale Mittelfeld. Und dann bekamen die Fans noch zwei Leckerlis: Der schön von Stendel vorbereitete zweite Treffer von Lala (65.) und das Zuckertor von Simak.  Eine Körperdrehung, ein Schlenzer mit dem rechten Außenrist (72.) - das war weit über Zweitliga-Standard. Das 3:0 hätte ein versöhnlicher Abschluss sein können, wenn Ehrmantraut nicht nachgetreten hätte. Einige "Lautsprecher im Verein" sollten sich reduzieren, forderte der Coach. Der Vorstand hätte mit seiner Kritik "die Spieler verunsichert". Als Faustregel können wir also festhalten: Streit in der Führungsebene wie auch periodische Siege gehören bei 96 wieder zum Brauchtum.

Die Einzelkritik:

Jörg Sievers: Verunsichert wie alle 96-Spieler. Bei den Patzern nach Rückpässen teilweise entschuldigt, weil die Bälle auf dem Platz herumhüpften wie Kängurus auf der Flucht.

Fahed Dermech: Erste Halbzeit schwacher Libero, zweite Hälfte besser als Manndecker für Gorges. 

Guido Gorges: Gewann zwar fast alle Kopfballduelle gegen Achim Weber, doch der Oberhausener Stürmer ließ den 96-Riesen dreimal am Boden alt aussehen.

Oliver Schäfer: Seine Bauchmuskelverletzung ist fast ausgeheilt. Gegenspieler Toborg schlug keine neue Wunde in die 96-Abwehr.

Altin Lala: Vorbildlich. Nach 120 Minuten gegen die besten deutschen und englischen Profis in der WM-Qualifikation auch beim dritten Spiel in einer Woche stark. Der müde Albaner einer der Besten - das spricht nicht für die 96-Kollegen.

Carsten Linke: Vergab in der ersten Hälfte die beiden einzigen 96-Chancen knapp. Wuselig, aber glücklos.

Danijel Stefulj: Impulsgeber, ließ sich auch von schwachen Mitspielern nicht aus dem Takt bringen.

Nico Däbritz: Das 96-Spiel lief besser, als er draußen war. Immerhin behielt er beim Elfer die Nerven.

Jan Simak: Elfer rausgeholt, Zaubertor erzielt - viel mehr war von ihm nicht zu sehen. Aber das reichte ja auch.

Daniel Stendel: In der 74. Minute schien es, als wäre das Ende der monatelangen Torflaute erreicht. Aber er drosch den Ball gegen den Pfosten. Dennoch im Zweikampf erfolgreicher als zuletzt.

Mourad Bounoua: Er kanns besser.

Michael Molata: Guter Griff des Trainers zur Halbzeit. Sicherer Libero, im Spielaufbau stärker als Dermech.

Mirko Baschetti: Wie aufgedreht. Im Vergleich mit Baschetti wirken einige Kollegen wie Schlafmützen.

Marco Rose: Die Chance, die er verdient hätte, war seine Einwechslung in der 85. Minute nicht.

(Quelle: Neue Presse, 02.04.01)


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