Hannover 96

Saison 2000/2001, 26.Spieltag


Stuttgarter Kickers - Hannover 96 2:0 (1:0)


Stuttgarter Kickers: Klaus (3) - Keuler (2,5), Weinzierl (2,5), Kritzer (2) - Marell (3,5), Raspe (3), Heberle (3), Kümmerle (3,5), Fiel (2) - Blessin (3), Mark Zimmermann (3) / Trainer: Zobel

Hannover 96: Sievers (3) - Gorges (3,5), Molata (3), Amadou (5) - Lala (3), Linke (3,5), Cherundolo (3), Däbritz (3) - Bounoua (3) - Stendel (5), Simak (5) / Trainer: Ehrmantraut

Eingewechselt: 68. Ziegner für Fiel, 76. Carnevale für Mark Zimmermann, 85. Cassio für Kümmerle - 60. Morinas (4) für Stendel, 80. Kaufman für Simak, 82. Rose für Molata

Tore: 1:0 Keuler (14.), 2:0 Raspe (51.) - Schiedsrichter: Späker (Marl) - Zuschauer: 4 512 - Gelbe Karten: Marell, Weinzierl - Rote Karte: Amadou (21., Notbremse)

(in Klammern die kicker-Noten)


Böses 96-Erwachen, der Frühling wird langweilig
Amadou fliegt nach 20 Minuten. Ehrmantraut muss hinter Gitter.

0:2 in Stuttgart. 96 ist endgültig raus aus dem Aufstiegskampf. Jetzt wird es langweilig in Liga zwei.

Mmmhh, diese Wärme. Bei wohligen 18 Grad streichelten um 18 Uhr die letzten Sonnenstrahlen in Stuttgart die Haut. Auch im Waldau-Stadion verbreitete sich eine behagliche Atmosphäre. Die Kickers-Profis hatten ein Transparent vorbereitet, das nun vorm Spiel einige Helfer entrollten. Darauf stand: "Vielen Dank für Eure Unterstützung. Wir brauchen Euch als 12. Mann." 

Wenn es danach geht und man die Hilfe der eifrigen Stuttgarter Fans dazurechnet, war 96 schon ab Minute 20 mit zwei Mann in Unterzahl. Moudachirou Amadou (Foto) hatte sich zum zweiten Mal in dieser Saison mit Rot verabschiedet. Mark Zimmermann war ihm nach einem schnellen Stuttgarter Konter enteilt. Amadou klammerte kurz, ließ ihn dann schnell wieder los, als hätte er soeben gemerkt, dass das doch verboten ist. Der clevere Zimmermann aber fiel noch. Das war ungeschickt von Amadou, wie auch die Kopfballabwehr von Carsten Linke sechs Minuten zuvor. Nach einer Ecke von Marell beförderte er den Ball zur Mitte der Strafraumgrenze. Carsten Keuler bedankte sich und wuchtete das Runde aus 17 Metern mit der Stirn platziert links unten ins Eckige. 96 also nach 20 Minuten nur noch zu zehnt und 0:1 in Rückstand - kein Wunder, dass die Stimmung bei 96-Trainer Horst Ehrmantraut trotz der frühlingshaften Temperaturen ganz frostig wurde. Er hüpfte wild an der Außenlinie auf und ab, verließ seine Coaching-Zone und schrie auf seine Spieler ein. Ehrmantraut trollte sich aber wieder und stellte um: Ab sofort spielte Steve Cherundolo Manndecker gegen Zimmermann, Morad Bounoua wechselte von vorne rechts ins linke Mittelfeld. Und 96 spielte mutig und munter mit. 

Gleich zu Beginn der zweiten Hälfte hätte es beinahe auch geklappt mit dem Ausgleich: Ein Freistoß von Simak wurde abgefälscht, Kickers-Torhüter Bernd Klaus bekam noch seine Faust dazwischen. Den Nachschuss von Bounoua wehrte Blessin auf der Torlinie ab. Ehrmantraut wütete weiter - bis es Schiedsrichter Ralf Späker zu viel wurde. Er schickte den 96-Trainer in Minute 51 hinter die Gitter am Spielfeldrand. Dort sah Ehrmantraut auch das 2:0: Raspe traf aus 18 Metern mit einem Flachschuss. Dann musste der erfolglose 96-Sturm raus: Für Stendel und Simak kamen Kaufman und Morinas. Viel gebracht hat es auch nicht mehr. Linke verpasste mit einem Kopfball das 1:2, dann hatte das böse Frühlingserwachen für 96 ein Ende.

Die Reaktionen:

96-Trainer Horst Ehrmantraut: Der Frust ist sehr groß. Wir hatten große Probleme im direkten Zweikampfverhalten. Es war keine Aggressivität da.

Stuttgarts Trainer Rainer Zobel: Ich bin sehr froh über den Sieg. Wir haben in Sachen Einstellung, Laufbereitschaft und Aggressivität alles gezeigt. 

Carsten Linke: Am 0:1 hat bestimmt nicht der Schuld, der den Ball hinten rausköpft.

Rotsünder Moudachirou Amadou: Ich habe den Gegenspieler ja gar nicht richtig berührt.

Mourad Bounoua: Wir haben die erste Halbzeit verschlafen.

Guido Gorges: Wir haben mit zehn Mann in der zweiten Halbzeit ganz gut dagegengehalten. Wenn wir ein Tor gemacht hätten, wär vielleicht mehr drin gewesen.

Manager Wolfgang Levin: Einige in unserer Mannschaft haben sich in die Hose geschissen. Wenn man den Kampf nicht annimmt gegen eine spielerisch minderbemittelte Mannschaft, dann kann man hier auch nichts holen.

Die Einzelkritik:

Jörg Sievers: Der Handwerker. Kam immer dann in Not, wenn er den Fuß ins Spiel bringen musste. Zudem sieht ein Torwart immer schlecht aus, wenn wie bei der Kickers-Führung ein Kopfball aus 17 Metern ins Netz fliegt. 

Michael Molata: Der Ordentliche. Kein Libero mit Geniestreichen, aber wenig Aussetzer. 

Moudachirou Amadou: Der Notbremser. Umarmte seinen Gegenspieler, als wärs seine Freundin. Als er merkte, dass er doch nicht im Wohnzimmer, sondern der letzte Mann vorm Strafraum war, ließ er wieder los. Der Schiedsrichter zeigte trotzdem Rot. 

Guido Gorges: Der Brontosaurus. So nannten sie den ungestümen Manndecker auf der 96-Bank. Wenn er spielt, kommt an dem Abwehrungeheuer keiner vorbei. 

Altin Lala: Der Bissige. Legte aber nur anfangs den Kollegen zweimal schön vor. 

Carsten Linke: Der Kopflose. Unglückliche Abwehr vorm 0:1, als er den Ball in die Mitte köpfte, wo Keuler stand. 

Steven Cherundolo: Der Formsucher. Erst links, nach dem Platzverweis als Manndecker in Not. 

Nico Däbritz: Der Bemühte. Tja, will Leistung bringen - aber nur Einsatzwillen, das reicht nicht. 

Mourad Bounoua: Der Hänger. Hängte sich rein, als Rechtsaußen und später nach Amadous Abgang auf links. 

Daniel Stendel: Der Torlose. Die Leidenszeit des Stürmers geht weiter. Sein magisches Datum: Am 24. November in Aachen erzielte Stendel seinen letzten Treffer. 

Jan Simak: Der Streichler. Da möchte man Ball sein, wenn man beim Tschechen vor den Füßen liegt. Aber der Techniker unter den vielen Männern fürs Grobe machte zu viel allein. 

Jiri Kaufman: Der Theoretiker braucht mehr Spielpraxis. 

Igoris Morinas: Der Ex-Torjäger. Nutzte die halbstündige Bewährung nicht - ab auf die Bank. 

Marco Rose: Der Dauerreservist hätte mehr Chancen verdient. 

(Quelle: Neue Presse, 17.03.01)


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