Hannover 96

Saison 2000/2001, 25.Spieltag


Hannover 96 - SSV Ulm 1846 2:0 (1:0)


Hannover 96: Sievers (2) - Gorges (3,5), Dermech (4), Amadou (4,5) - Linke (4) - Lala (3), Stefulj (3,5) - Däbritz (4) - Bounoua (2,5), Stendel (4), Simak (3,5) / Trainer: Ehrmantraut

SSV Ulm 1846: Hilfiker (2) - Grauer (3,5) - Unsöld (4), Kolvidsson (5), Radoki (4,5) - Otto (3,5) - Maier (4,5), Zimmermann (4,5) - Kovacevic (3) - Leandro (3,5), Rösler (4) / Trainer: Gerland

Eingewechselt: 64. Cherundolo für Simak, 72. Kaufman für Stendel, 85. Rose für Däbritz - 46. Gora (3) für Maier, 46. Scharinger (3,5) für Zimmermann, 68. Medved für Radoki

Tore: 1:0 Bounoua (21.), 2:0 Stefulj (71.) - Schiedsrichter: Pickel (Ettringen) - Zuschauer: 6 783 - Gelbe Karten: Amadou, Dermech, Lala, Stefulj - Kovacevic, Unsöld

(in Klammern die kicker-Noten)


Wo Steine plumpsen - 96 stoppt den freien Fall
Sievers schreckt Mitspieler auf. Wutattacke gegen Amadou

Schluss mit dem Rumpelfußball: 96 gewann 2:0 gegen Ulm und stoppte den freien Fall in Liga zwei.

Vermelden wir zuerst einen negativen Superlativ: 6783 Zuschauer wollten 96 am Sonntag spielen sehen. Das waren noch 99 weniger als beim Minusrekord gegen Osnabrück (1:1). Womit wir schon zum Positiven kommen können. Die gute Nachricht aus dem Niedersachsen-Stadion heißt: 96 kämpft und kombiniert wieder nach dem Krampf der vergangenen Wochen - und sie schießt Tore. "Es stand viel für uns auf dem Spiel", wusste Trainer Horst Ehrmantraut, der es mit vielen Streicheleinheiten geschafft hatte, seinem Team die nötige Leichtigkeit des Profi-Seins zu verpassen. "Man hat gesehen, dass sie guten Fußball spielen kann, wenn die Spieler frei im Kopf sind", befand Ehrmantraut. Und so war Mourad Bounoua so frei, 96 nach flottem Start und feinem Pass von Jan Simak mit einem herrlichen Schlenzer 1:0 (20.) in Führung zu schießen. Drei Minuten später hätte Danijel Stefulj auf 2:0 erhöhen müssen, er traf aus fünf Metern jedoch nur die Latte - das war gar nicht so einfach. Als 96 es fortan etwas zu locker und undiszipliniert angehen ließ, grätschte der Kapitän dazwischen und schreckte seine Mannschaft mit einer Wutattacke auf: Jörg Sievers stürmte auf Moudachirou Amadou zu, schüttelte ihn und schrie ihn an. Abwehrspieler Amadou hatte ein Abspiel des 96-Torhüters verbotenerweise im Strafraum angenommen, was Sievers kritisierte. "Dann hat er auch noch Widerworte gehabt", klärte Sievers später auf. "Ich habe die Diskutiererei der letzten Wochen einfach satt." Ehrmantraut fand es "in Ordnung. Ich habe es lieber so, als wenn die Spieler zu lethargisch sind".

So kehrte 96 zur alten Aggressivität zurück, nutzte aber gute Gelegenheiten durch Bounoua (37.), Stendel (45., 46.), Däbritz (49.) nicht. Auch Simak (62.) vergab eine hochprozentige Chance, er tanzte zwei Ulmer aus, seinen Schuss aber hielt Torhüter Hilfiker. Dann musste der Ballzauberer raus, was viele Fans erzürnte. "Er hatte gute Ansätze, aber auch viele Ballverluste", erklärte Ehrmantraut hinterher die Auswechslung (64.). Wenig später (71.) entschied Stefulj die Partie mit einem Gewaltschuss aus 22 Metern. Rrumms. "Einigen Leuten sind viele Steine vom Herzen gefallen", sagte Ehrmantraut danach. "Auch mir."

Die Reaktionen:

96-Trainer Horst Ehrmantraut: Ich freue mich sehr für die Spieler. Sie haben gezeigt, dass sie eine Einheit sind und für den Verein etwas erreichen wollen.

Ulms Trainer Hermann Gerland: Der Wille zum Sieg war bei Hannover 96 größer. Wir haben nicht Fußball gespielt, sondern nur zugeschaut. Nach dem 2:0 war der Kuchen gegessen. 

96-Manager Wolfgang Levin: Die gute Stimmung im Team vor dem Spiel hat sich in einer ordentlichen Leistung niedergeschlagen.

Daniel Stendel: Dass ich wieder kein Tor geschossen haben, ist eine Katastrophe für mich. Ich hatte viele Chancen.

Danijel Stefulj: Das ist der Fußball, den 96 immer spielen muß.

Altin Lala: Nun können wir befreiter spielen, der ewige Druck ist weg.

Carsten Linke: Wir haben stellenweise gut nach vorne gespielt - alle Mannschaftsteile miteinander.

Jörg Sievers: Es war ein vernünftiges Spiel. Wir haben bis zum Ende Chancen herausgespielt.

Mourad Bounoua: Wir haben über den Kampf zum Spiel gefunden. Ich bin froh, dass wir endlich gewonnen haben.

Die Einzelkritik:

Jörg Sievers: Gewohnt gut, ungewohnt explosiv. Der Torwart erinnerte an den (Vul-)Kahn aus München, als er aus seinem Strafraum ausbrach und den Kollegen Amadou anfauchte.

Fahed Dermech: Ihm ist nichts vorzuwerfen. Außer vielleicht, dass sich der Libero die fünfte gelbe Karte abholte und damit in Stuttgart draußen bleiben muss.

Moudachirou Amadou: Hatte mit Gegenspieler Leandro (der ist zwar Brasilianer, spielt aber nicht so) weit weniger Schwierigkeiten als mit seinem eigenen Torwart.

Guido Gorges: Zum ersten Mal von Beginn an als Manndecker (gegen Rösler) dabei. Walzte einmal quer über den Platz und machte dabei alles platt. Leider stolperte der Abwehrriese zum schlechten Schluss über seine eigenen Füße. Mit dem Kopf klappte es kurz besser - aber Ulms Torwart verhinderte die Gorges-Torpremiere.

Altin Lala: Will den Ball. Das ist für einen 96-Profi in diesen Tagen nicht selbstverständlich. Und wenn der kleine Albaner die Kugel hat, kommt auch meistens eine runde Sache dabei heraus.

Carsten Linke: Engagiert. Zieht zwar nicht unbedingt die Fäden im 96-Mittelfeld, stopft aber Löcher.

Danijel Stefulj: So wertvoll wie ein kleines Steak von einer gesunden Kuh. Was er machte, schmeckte den 96-Fans. Der Lohn: Ein Treffer mit Schmackes zum 2:0. Dumm nur, dass der Kroate nach seinen fünften gelben Karte im nächsten Spiel gesperrt ist.

Nico Däbritz: Sollte hinter den Spitzen das Spiel machen, machte aber eher das Spiel des Gegners kaputt. Was zwar auch gemacht werden muss, aber nicht unbedingt zu seiner Stellenbeschreibung passt - vielleicht klappts beim nächsten Mal.

Mourad Bounoua: Vernaschte Ulms Abwehr nach einem Zuckerpass von Simak - das 1:0 war ein Traumtor und sein vierter Saisontreffer.

Daniel Stendel: Traf das letzte Mal am 24. November 2000 beim 4:0 in Aachen. Dass er in dieser Saison noch einmal trifft, ist nach seinen vergebenen Chancen so wahrscheinlich die Champions-League-Teilnahme der echten Uwe-Seeler-Traditionsmannschaft.

Jan Simak: Tanzte zwar nicht ganz so leichtfüßig durch die gegnerischen Abwehrreihen wie durch Hannovers Diskos, bereitete aber mit klarem Kopf das 1:0 vor.

Steven Cherundolo: Kam für Simak. Nicht so katastrophal wie zuletzt. Was keine Kunst war.

Jiri Kaufman: Kam für Stendel. Schoss auch kein Tor.

Marco Rose: Kam für Däbritz. Auch kein Tor.

(Quelle: Neue Presse, 12.03.01)


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