Hannover 96

Saison 2000/2001, 23.Spieltag


Hannover 96 - VfL Osnabrück 1:1 (0:0)


Hannover 96: Sievers (3) - Dermech (4,5) - Schäfer (5), Amadou (4) - Lala (4), Linke (4,5), Simak (5), Stefulj (4), Cherundolo (4) - Morinas (5), Stendel (4,5) / Trainer: Ehrmantraut

VfL Osnabrück: Brunn (3,5) - Schiersand (3) - Schütte (3,5), Halat (3) - Hey (3,5), Enochs (3), Brinkmann (2,5), Spork (3), Weiland (3,5) - Petri (3,5), Claaßen (4) / Trainer: Gelsdorf

Eingewechselt: 46. Bounoua (5) für Simak, 70. Keita für Cherundolo, 83. Kaufman für Morinas - 32. Rosen (3,5) für Spork, 60. Thioune (3,5) für Petri, 71. Schwinkendorf für Claaßen

Tore: 0:1 Brinkmann (68.), 1:1 Keita (90.) - Schiedsrichter: Keßler (Höhenkirchen) - Zuschauer: 6 882 - Gelbe Karte: Amadou - Schütte, Weiland, Thioune

(in Klammern die kicker-Noten)


96 höllisch schlecht, da ist der Fehlerteufel drin
Pfiffe nach 30 Minuten. Keita rettet in letzter Minute einen Punkt.

1:1 gegen Osnabrück - Salif Keita rettete 96 nach miesem Spiel einen Punkt.

Das war neu: Als die Spieler um 20.14 Uhr auf den Rasen des Niedersachsen-Stadions liefen, wedelte ein gutes Dutzend Mädels am Rande lustig mit rosa Puscheln. Die jungen Damen nennen sich "Flying Devils", was auf Deutsch "fliegende Teufel" heißt, und sollten offenbar die Fans unterhalten. Die 96-Profis dagegen hatten den Auftrag, Osnabrücks Profis das Fußballerleben zur Hölle zu machen. Trainer Horst Ehrmantraut hatte seiner Mannschaft Feuer gemacht und den Fans versprochen, dass es eine so miese erste halbe Stunde wie in Mannheim nicht wieder geben werde. Nach ziemlich genau 30 Minuten hatte es 96 aber geschafft, dass die Zuschauer pfiffen. Es war erneut ein unterirdisch schlechtes Spiel, das 96 aufzog, dieselbe Startelf wie in Mannheim begann zag- und fehlerhaft. Osnabrück drückte, vergab aber fabelhafte Chancen durch den Ex-Arminen Dennis Weiland (2.) und Abwehrspieler Wolfgang Schütte (14.). Als Michael Petri aus sechs Metern daneben zielte (22.) und sich Sievers einen Schuss von ebendiesem Petri angelte (36.), musste 96 heilfroh sein, nicht in Rückstand geraten zu sein. Der Ex-96er Guido Spork hatte sich da wegen einer Risswunde in der Wade schon wieder vom Platz verabschiedet (32.). Und 96? Hatte nur vage Gelegenheiten, mit gutem Willen lassen sich zwei Kopfbälle von Carsten Linke als Chancen bezeichnen. Erinnern wir uns kurz daran, was Osnabrück zuvor in dieser Saison in fremden Stadien geleistet hatte: Lächerliche fünf Punkte in zehn Spielen ist die magere Bilanz, schlechter ist auswärts kein Team der zweiten Liga. Ehrmantraut wusste, dass es so nicht weiter gehen durfte.

Seine Umstellung aber überraschte viele: Im Bauch des Niedersachsen-Stadions eröffnete er Spielmacher Jan Simak, dass die zweite Hälfte ohne ihn laufen werde. Ein teuflischer Plan, "Fußball-Gott" Carsten Linke zum Aushilfs-Regisseur hinter den Spitzen zu befördern - und das Zeichen: Jetzt hilft nur noch Kampf. 96 aber verkrampfte fortan nur noch mehr, die wenigen Fans -6882 sind Minusrekord dieser Saison - zitterten nicht nur wegen der Kälte. Denn gestern spielte 96 so nervös und desolat wie ein Abstiegskandidat. Das wurde noch schlimmer, als Ansgar Brinkmann seinen "Lieblingstrainer" Ehrmantraut ärgerte (sie kennen sich aus Frankfurt) und in Minute 68 zum 0:1 traf. 96-Torhüter Jörg Sievers hatte zuvor einen Schuss von Schütte an den Pfosten gelenkt. Ehrmantraut brachte Stürmer Salif Keita noch für Steve Cherundolo (70.), und der traf nach Bounoua-Vorlage in letzter Minute per Kopf zum Ausgleich. 96 im Jahr 2001 - es ist trotzdem die Hölle.

Die Reaktionen:

96-Trainer Horst Ehrmantraut: Der Kopf war willig, das Fleisch war schwach. Die Mannschaft hat weit unter Niveau gespielt, der Punkt ist sehr, sehr glücklich. Es gab extreme Fehler, ich habe viel zu kritisieren.

Osnabrücks Trainer Jürgen Gelsdorf: Es tut weh, wenn man für so ein Spiel nicht mit drei Punkten belohnt wird. Wir hätten hier gewinnen müssen.

Torhüter Jörg Sievers: Wir können unser Leistungspotenzial zurzeit nicht ausschöpfen. Wenn man in der letzten Minute noch ein Tor geschenkt bekommt, muss man sehr glücklich darüber sein.

Carsten Linke: Wir hatten uns sehr viel vorgenommen, konnten es aber nicht umsetzen. Wir hatten lange nur nach Standardsituationen Chancen, wir schaffen es nicht, druckvoll nach vorne zu spielen und müssen froh über den einen Punkt sein.

Fahed Dermech: Es ist einfach zum Heulen. Ich weiß auch nicht, was mit uns los ist. 

Salif Keita: Ich bin sehr glücklich über mein Tor in der letzten Minute. Für mich ist das in meiner Situation gut und wichtig.

Altin Lala: Wir haben zu viele Fehlpässe produziert, es ist kein Spielfluss aufgekommen.

Steven Cherundolo: Wir haben überhaupt keinen Fußball gespielt.

Die Einzelkritik:

Jörg Sievers: Auf der Linie mit beeindruckenden Rundflügen. Bei Rückgaben allerdings mit auffällig vielen Querschlägern. 

Fahed Dermech: Im Zentrum der Unsicherheit, legte als Libero den Osnabrückern so manchen Ball vor. 

Oliver Schäfer: Begann gut mit zwei schönen langen Pässen, die tatsächlich die Mitspieler erreichten. Patzte dann wiederholt amateurhaft wie vor dem 0:1, als er den Ball nicht wegbekam. 

Moudachirou Amadou: Der Abwehrmann kam nicht heil aus den Zweikämpfen mit Gegenspieler Petri. Die Duelle waren die Hölle für Amadou, er bekam den Stürmer nie in den Griff. Zudem sah Amadou die fünfte gelbe Karte und ist im nächsten Spiel gesperrt. 

Altin Lala: Hing zwischen Himmel und Hölle. Nicht ganz schlecht, aber auch nicht gut.

Carsten Linke: Stolperte gleich zu Beginn einen Ball zur Ecke über die Linie. Kam in der ganzen Partie nicht auf die Beine. Immerhin bemüht.

Danijel Stefulj: Sollte Ehrmantrauts alten Spezi Brinkmann stoppen. Der Osnabrücker war jüngst Polizisten, die ihn in seinem Porsche morgens um 5.30 Uhr kontrollieren wollten, davongelaufen. Stefulj hatte beim 0:1 die Kelle nicht früh genug draußen. Gab aber die Flanke zum Ausgleich.

Steven Cherundolo: Spielte auf der linken Seite Verstecken. Gefunden hat ihn bei 96 nur selten einer.

Jan Simak: Begann mit einem traumhaften 40-Meter-Pass auf Morinas. Hatte viele Ballkontakte, zündete aber keinen Kracher. 

Daniel Stendel: Einmal Pfosten, aber Daniel torlos sonst weiter harmlos. Sein letztes Tor hat er im November gegen Aachen erzielt. Mal sehen, ob er bis Saisonende noch mal trifft.

Igoris Morinas: Laut 96-Trainer sehr torgefährlich. Die Meinung hat Ehrmantraut exklusiv. 

Mourad Bounoua: Passte sich dem unterirdischen Niveau an.

Salif Keita: Konnte noch was bewegen - machte ein Tor. 

Jiri Kaufman: Konnte nichts mehr bewegen.

(Quelle: Neue Presse, 27.02.01)


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