Hannover 96

Saison 2000/2001, 19.Spieltag


Hannover 96 - Chemnitzer FC 0:0


Hannover 96: Sievers (2,5) - Schäfer (3,5), Dermech (4), Amadou (4,5) - Lala (4), Linke (4), Däbritz (5,5), Stefulj (4), Dinzey (4,5) - Simak (3), Stendel (4) / Trainer: Ehrmantraut

Chemnitzer FC: Süssner (2) - Bittermann (4), Anders (3,5), Mehlhorn (4), Oswald (4) - Renn (4), Kluge (4), Tetzner (3,5), Sobiech (3,5) - Lakies (4,5), Podszus (3,5) / Trainer: Karkuth

Eingewechselt:  46. Cherundolo (4) für Dinzey, 46. Krupnikovic (3,5) für Däbritz, 76. Morinas für Stefulj - 60. Podunavac (4) für Lakies, 71. Laudeley für Anders, 76. Kujat für Bittermann

Tore: Fehlanzeige - Schiedsrichter: Margenberg (Wermelskirchen) - Zuschauer: 9 262 - Gelbe Karten: Sobiech

(in Klammern die kicker-Noten)


96 noch im Winterschlaf - Wacht endlich auf!
Fehlstart gegen den Letzten. So klappt der Aufstieg nicht

Das war mager: Gegen den Letzten aus Chemnitz schaffte 96 im ersten Spiel nach der Winterpause nur ein 0:0. Zu wenig für ein Team, das aufsteigen will. 

Um 18.30 Uhr stand bei 96 die Polizei mit Blaulicht vorm Tor. Aber es ging nicht um Fan-Raufereien, die Freunde und Helfer hatten Großraum-Taxen mit Chemnitzer Spielern durch den Verkehr gelotst. Der Mannschaftsbus des CFC hatte elf Kilometer vor Hannover seinen Dienst versagt - Kupplungsschaden. "In 37 Jahren als Ordner habe ich so was noch nicht erlebt", staunte Peter Dennhardt (62), der die Spielerkabine bewachte.

"Das geht ja gut los", schimpfte der Chemnitzer Trainer Dirk Karkuth. 96-Manager Wolfgang Levin erklärte schmunzelnd: "Eine optimale Vorbereitung auf so ein Spiel ist das wohl nicht." Mit achtminütiger Verspätung begann die erste Pflichtaufgabe im Jahr 2001, am Ende stands 0:0. 96 scheint noch im Winterschlaf zu sein. Wacht endlich auf!

So recht aufs Tempo drückte zunächst keiner. Auffallend in der Anfangsphase nur Danijel Stefulj, der in der siebten Minute Nico Däbritz (traf das Bein eines Gegners) und 120 Sekunden später Jan Simak (vertändelte den Ball) geschickt einsetzte. In der zehnten Minute Jubel im Stadion, ein Ergebnis an der Anzeigetafel sorgte für Stimmung. Mannheim führte 1:0 gegen St. Pauli, das nährte einige Aufstiegshoffnungen. Aber 96 präsentierte sich weiterhin nicht als Spitzenkraft, Gas gab eher der Abstiegskandidat aus dem Osten. Zweimal Marcel Podszus (16. und 27.), einmal Peer Kluge (19.) mit schwacher Chancenauswertung - 96 konnte sich über das 0:0 nach einer runden halben Stunde nicht beklagen. Mut machten alleine Aktionen von Trickser Jan Simak mit gefährlichem Schuss von der Strafraumgrenze (20.) und Daniel Stendel (23.). Zu wenig für Trainer Horst Ehrmantraut, der aus Ärger mehrmals einen Drei-Meter-Sprint von der Bank zur Bande zeigte, zu wenig auch für die Fans. Sie quittierten die Leistungen an diesem nasskalten Abend mit einem Pfeifkonzert zur Halbzeitpause. 

Neue Männer mussten her, für Nebojsa Krupnikovic fand die 96-Premiere gegen seine alten Kollegen statt. Der frühere Chemnitzer sollte für Däbritz Regie führen, damits in diesem Fußball-Film noch ein Happy End gab. Das frische Personal (auch Steven Cherundolo wurde eingewechselt) wirkte motivierend. 96 schneller und engagierter, in der 59. Minute war das Team dem Jubel ganz nah. Stendel hatte sich fein durchgesetzt, im Strafraum Simak bedient. Dessen Schuss erwischte Torwart Steffen Süssner mit den Fingerspitzen der rechten Hand. 9262 zahlende Zuschauer und angeblich 1000 Frauen mit freiem Eintritt erlebten in der 65. Minute die prima Möglichkeit von Stefulj, danach wurde es still. Auf dem Platz und auf den Rängen. Kampf und Krampf, Pfiffe und Buhrufe begleiteten die letzten Minuten. Weil Stendel (80.) noch mal vergab, blieb unterm Strich eine Nullnummer. Zu wenig für einen Aufstiegskandidaten. 

Die Reaktionen:

96-Trainer Horst Ehrmantraut: Zu wenig Druck, zu wenig Laufleistung, zu wenig Pressung, zu wenig Kombinationsspiel, zu wenig Ideen, zu wenig Chancen - von unserer Seite war das ein grottenschlechtes Spiel.

Chemnitz-Trainer Dirk Karkuth: Aus meiner Sicht haben wir hier nicht gespielt, wie ein Tabellenletzter. Wir haben eine ordentliche Visitenkarte abgegeben. Wir hätten sogar gewinnen können.

Daniel Stendel: Wir haben nur kleinere Möglichkeiten herausgearbeitet und zu Recht nicht gewonnen.

Altin Lala: Wir wollten den Gegner früh stören, das ist uns nicht gelungen. Die Chemnitzer haben nicht schlecht gespielt, aber wir mussten heute gewinnen.

Oliver Schäfer: Ein typisches Spiel gegen ein Team, das sich hinten reinstellt. Wir haben nur auf Konter gehofft, das war zu wenig. Ich bin enttäuscht.

Carsten Linke: Wir hätten heute gewinnen müssen. Wir haben versagt. Wir haben nicht so aggressiv gespielt, wie wir uns das vorgenommen hatten. Wir müssen froh sein über den Punkt. Chemnitz hatte ausgezeichnete Chancen.

Jörg Sievers: Insgesamt war das zu wenig. Wir haben nicht konsequent genug gespielt. Wir haben zu langsam gespielt. Wir haben zu wenig Druck gemacht. So kann es nicht weitergehen.

Fahed Dermech: Wir mussten froh sein, dass es in der ersten Halbzeit nicht 2:0 für Chemnitz steht. Wenn die so blind sind, dass sie das Tor nicht treffen, hätten wir wenigstens eins machen müssen.

Manager Wolfgang Levin: Das Spiel hat höchst enttäuschend. Wir haben durchgängig schlecht gespielt. Es wurden wenig Chancen herausgearbeitet und die wurden kläglich vergeben. Der Trainer wird genötigt sein, den ein oder anderen länger zu verbannen.

Die Einzelkritik:

Jörg Sievers: Verhinderte in der ersten Halbzeit mehrmals einen Rückstand. In der zweiten Hälfte weitgehend arbeitslos.

Fahed Dermech: Meist vor der Abwehr im defensiven Mittelfeld. Viel am Ball, aber er machte zu wenige gute Sachen.

Oliver Schäfer: Spielte wie Manndeckerkollege Amadou ohne Netz, weil Dermech nicht absicherte. Als ihm Gegenspieler Podszus entwischte (28.), hätte das fast zu einem Tor für Chemnitz geführt. Im Vorwärtsgang zu viele ungenaue Pässe.

Moudachirou Amadou: Anfangs einige Wackler gegen Anders, dann immer sicherer. Rettete auf der Torlinie das 0:0.

Altin Lala: Nicht so stark wie vor der Winterpause.

Carsten Linke: Gehemmt. Ohne nennenswerte Aktionen nach vorn.

Danijel Stefulj: Fing an wie Maradona. Baute danach einige Fehler ein, spielte aber auf jeden Fall besser als der schlappe Stefulj in den letzten vier Partien vor der Winterpause.

Michel Dinzey: Wollte sein Geld auf die ganz leichte Tour verdienen. Ging jedem Zweikampf aus dem Weg. Der Trainer ging den einzig richtigen - er wechselte ihn aus. 

Nico Däbritz: Vor der Partie hoch gelobt von Ehrmantraut für seinen Einsatz beim Training. Trat dann aber wieder auf wie vor der Weihnachtspause - ein Ausfall. 

Jan Simak: Von der angeblichen Zerrung, die Trainer Ehrmantraut am Mittwoch gesehen haben wollte, nichts zu spüren. Sprintete und schoss, traf aber nicht. Unglücklich.

Daniel Stendel: Hätte in der 80. Minute alle 96-Fans glücklich machen können, zielte aber drüber. 

Steven Cherundolo: Kam auf links nicht richtig ins Spiel. 

Nebojsa Krupnikovic: Zu sehen war, dass er mit dem Ball umgehen kann - aber auch, dass er nicht fit ist. 

Igoris Morinas: Bewegte nichts mehr. 

(Quelle: Neue Presse, 27.01.01)


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