Hannover 96 | Saison 2000/2001, 10.Spieltag |
Rot-Weiß Oberhausen - Hannover 96 0:0 |
RW Oberhausen: Adler (2) - Scharpenberg (4) -
Ratkowski (3), Ciuca (1,5) - Lipinski (2), Luginger (2,5), Tchipev (3), Hayer (2,5), Judt
(4) - Vier (3), Obad (3,5) / Trainer: Kleppinger
Hannover 96: H. Müller (4) - Stefulj (3,5), Dermech (3), Molata (3) -
Lala (3,5), Linke (3,5), Däbritz (3), Simak (3,5), Dinzey (3,5) - Stendel (2,5), Morinas
(4) - Trainer: Ehrmantraut
Eingewechselt: 75. Madzar für Obad - 72. Bounoua
für Simak, 79. Ullmann für Morinas
Tore: Fehlanzeige - Schiedsrichter: Wezel (Tübingen) - Zuschauer:
7 154 - Gelbe Karten: Hayer, Obad - Molata
(in Klammern die kicker-Noten)
Nullnummer - aber 96 darf sich
weiter was ausrechnen
Kehrt Sievers gegen Rostock zurück? Oder bleibt Müller im
Tor?
96 hat zum ersten Mal in dieser Saison kein Tor geschossen. Es gab eine Nullnummer in Oberhausen - aber Hannover darf sich im Aufstiegskampf weiter was ausrechnen.
Rolf Töpperwien hatte gründlich recherchiert beim 96-Gegner. Am
Morgen vor der Partie meldete sich der ZDF-Reporter telefonisch mit einer brandheißen
Nachricht aus Oberhausen bei Manager Wolfgang Levin. Nach einem negativen Test im Training
sei klar: Stürmer Angelo Vier könne nicht spielen. Es muss eine wundersame Heilung
gegeben haben in den folgenden Stunden. Als Dampfplauderer "Töppi" am
Nachmittag auf die Mannschaftsaufstellung sah, stand auch der Name Vier darauf. 96-Trainer
Horst Ehrmantraut hatte das Versteckspiel um den 1,91 Meter großen Angreifer ohnehin kalt
gelassen. Er stellte den zwei Zentimeter kleineren Fahed Dermech gegen Vier und machte
damit alles richtig. Der Tunesier ließ nichts anbrennen in diesem hitzigen Duell, nur
einmal verlor er seinen Gegenspieler aus den Augen: In der 34. Minute stand Vier fünf
Meter vor dem 96-Tor allein und köpfte wuchtig, doch Heinz Müller riss entschlossen die
Faust hoch. Ehrmantraut sah das jedoch weitgehend gelassen, "überhaupt war ich die
ganze Zeit relativ entspannt", stellte er später fest. "Es gab nicht so viele
Stressfaktoren wie in den letzten Spielen."
Auch für Heinz Müller war es ein weitgehend ruhiger Nachmittag: "Er hatte ja nicht
so viel zu tun", wusste Ehrmantraut. Einmal muss jedoch beiden ganz heiß geworden
sein: Als Tschipew aus 20 Metern schoss, rutschte Müller der Ball durch Arme und Beine.
Der Sievers-Ersatzmann bekam ihn jedoch noch auf der Linie zu packen (11.).
Es war eine chancenarme Partie, und doch eine "der besseren Art" (Ehrmantraut).
Weil beide Teams sich auf dem regengetränkten, schweren Boden um Spielkultur und
Tempofußball bemühten. 96 stellte die anfänglichen Fehler im Aufbauspiel weitgehend ab
und hatte die besseren Chancen: Dinzey schoss drüber, Stendel ans Außennetz, Däbritz
gar an den Pfosten. Ehrmantraut gefiel, dass "meine Mannschaft auch in der letzten
Viertelstunde noch auf den Sieg gedrängt hat", und beinahe hätte es auch noch
geklappt mit dem Auswärtserfolg. Stendel sprang sechs Meter vor dem Tor überraschend der
Ball vor die Füße (84.). So schnell wie er gekommen war, hoppelte er aber auch wieder
weg.
Es blieb also beim 0:0, ZDF-Mann Töpperwien gratulierte beiden Trainern artig "zum Spitzenspiel" und stellte schließlich die eine brennende Frage: Wer wird nach der ordentlichen Leistung von Müller am Mittwoch im Pokalspiel gegen Rostock und fortan bei 96 im Tor stehen? Ehrmantraut wusste gestern noch keine Antwort. Außer dieser: "Wir haben noch drei Tage Zeit bis zum Spiel gegen Rostock. Ich werde frühzeitig eine Entscheidung treffen und sie den beiden Torleuten Müller und Sievers mitteilen. Danke.
Die Reaktionen:
96-Manager Wolfgang Levin: Trotz optischer
Überlegenheit der Oberhausener hatten wir die klareren Möglichkeiten. Das Unentschieden
ist in Ordnung.
96-Trainer Horst Ehrmantraut: Wir hatten in der ersten Halbzeit das eine
oder andere Mal Glück und hätten da in Rückstand geraten können. Mit zunehmender
Spieldauer sind wir aber stärker geworden.
Oberhausens Trainer Gerhard Kleppinger: Mit unserem Spiel bin ich sehr
zufrieden, auch wenn die Tore gefehlt haben. Das Spiel ist einer Spitzenpartie gerecht
geworden auf dem schweren Boden.
96-Torwart Heinz Müller: Wir haben nur wenige Chancen zugelassen. Die
Null steht, und das ist das Entscheidende.
Michael Molata: Ich hätte mir hier heute drei Punkte gewünscht. Das
wäre auch möglich gewesen.
Fahed Dermech: Wir haben hinten gut und kompakt gestanden und zu null
gespielt. Mit dem Unentschieden können wir zufrieden sein.
Altin Lala: Der Punkt ist für beide verdient. Damit kommt man aber nicht
weiter nach vorn.
96-Chef Martin Kind: Eine Steigerung zum letzten Auswärtsspiel in Ulm.
Wir hätten auch gewinnen können.
96-Aufsichtsrat Dr. Martin Biskowitz: Eine kämpferisch geprägte Partie
mit spielerischen Vorteilen für 96.
96-Vorstand Uwe Krause: Es war eine großartige kämpferische Leistung.
Ich hoffe, dass die Zuschauer das in den Spielen gegen Rostock und Duisburg belohnen.
Die Einzelkritik:
Heinz Müller: Nur ein Fangfehler bei einem
Weitschuss. Sonst fehlerfrei, allerdings bekam Müller auch nur wenige Bälle aufs Tor.
Lieferte dem Trainer wenig Grund, ihn in der nächsten Partie rauszunehmen und gegen Jörg
Sievers auszutauschen.
Michael Molata: Erstmals Libero, die von ihm organisierte Abwehr stand
sicher. Schlug jedoch zu viele lange Pässe, die nicht ankamen. Hätte es öfter mal kurz
machen sollen.
Fahed Dermech: Stammlibero, stand wie eine Eins gegen den stärksten
Oberhausener Stürmer Angelo Vier.
Danijel Stefulj: Saubere Leistung als Manndecker gegen Adis Obad und
später Vedran Mazdar. Altin Lala: Starke Partie. Bissig und griffig, machte die rechte
zur besseren 96-Seite.
Carsten Linke: Hatte eine harte Nuss zu knacken als Sonderbewacher von
Spielmacher Fabrizio Hayer. Machte das ordentlich gegen den Oberhausener Hitzkopf. Stark
im Zweikampf, aber die vielen Fehlpässe drückten Linkes Note.
Michel Dinzey: Versteckte sich lange auf links. Schön wäre auch, wenn
ein Freistoß von Dinzey mal weniger als zehn Meter am Tor vorbeifliegt.
Nico Däbritz: Bildete mit Simak die Kreativ-Zentrale, aber es kam zu
wenig Originelles im Spielaufbau heraus. Däbritz arbeitete jedoch viel nach hinten, bei
einem Pfostenschuss aus 18 Metern hatte er Pech.
Jan Simak: Manchmal blitzte seine Klasse am Ball auf. Aber er verhagelte
die guten Ansätze immer wieder durch Fehlpässe. Kam auch kaum am Gegner vorbei.
Daniel Stendel: Wühlmaus im Strafraum, konnte sich
aber kaum durchbeißen. Schaltete einmal falsch, sah den neben ihm stehenden Simak nicht.
Der Tscheche hätte frei vorm Tor gestanden.
Igoris Morinas: Sein Einsatz stimmte, aber ansonsten wars nicht das Spiel
des Litauers.
Mourad Bounoua: Nach seiner Einwechslung kam 96 wieder gefährlicher vors
Oberhausener Tor.
Mirko Ullmann: Hat sich bemüht.
(Quelle: Neue Presse, 30.10.00)