Hannover 96 | Saison 2000/2001, 9.Spieltag |
Hannover 96 - Stuttgarter Kickers 1:0 (0:0) |
Hannover 96: H. Müller (2,5) - Schäfer (3,5),
Dermech (2,5), Stefulj (3) - Molata (3), Linke (3,5), Simak (3), Dinzey (4) - Stendel
(3,5), Ullmann (4), Morinas (3,5) / Trainer: Ehrmantraut
Stuttgarter Kickers: Ramovic (3) - Keuler (3) - Raspe (3,5), Kritzer (3),
Heberle (4) - Ziegner (4), Minkwitz (4), Marell (3,5), Kapic (4,5) - Silvinho (3), Mark
Zimmermann (4) / Trainer: Zobel
Eingewechselt: 59. Bounoua (3,5) für Ullmann, 70.
Lala für Dinzey, 82. Rose für Molata - 25. Kümmerle (3,5) für Kapic, 72. Özkan für
Ziegner, 80. Meissner für Marell
Tore: 1:0 Morinas (64.) - Schiedsrichter: Kreyer
(Hilden) - Zuschauer: 12 331 - Gelbe Karten: Morinas,
Simak - Keuler, Marell - Gelb-Rote-Karte: Schäfer (88., wiederholtes
Foulspiel)
(in Klammern die kicker-Noten)
Es ruckelt noch, aber 96 hat die
Erfolgs-Automatik
1:0 gegen die Stuttgarter Kickers - 96 steht in der zweiten Liga schon auf Platz zwei. Spitzenfußball spielt die Mannschaft aber noch nicht.
Es war gut 40 Minuten nach Schlusspfiff und nach vielen schlauen
Sätzen, mit denen Horst Ehrmantraut die Leistung seiner Mannschaft wortgewaltig
zerpflückt hatte, als der 96-Trainer zur Ruhe kam. "Ach", sagte er da leise.
"Ich freue mich sehr über diesen Sieg." Nun war die Freude wohl so groß, weil
Ehrmantraut diesmal nicht so recht an den Erfolg geglaubt hatte. "Ich hatte vorher
ein ganz schlechtes Gefühl und habe mich die ganze Woche damit abgequält, eine Truppe
zusammenzustellen." Neun Spieler fehlten gegen Stuttgart, und so musste der 96-Coach
basteln: Molata, Dinzey und Ullmann kamen neu ins Team. Stefulj spielte Manndecker und
Linke rechts im Mittelfeld.
Des Trainers Befürchtungen schienen sich zu bestätigen, 96 begann bemüht, aber
einfallslos. "Wir haben das Spiel nicht dominiert", erkannte Ehrmantraut.
"Stuttgart hat die Räume eng gemacht." Und 96 nutzte die wenigen Lücken nicht.
Bis zur 64. Minute, als Igoris Morinas den Ball ins Stuttgarter Tor köpfelte. Was der
frühere 96-Profi und Kickers-Trainer Rainer Zobel nicht seiner Abwehr, sondern
Schiedsrichter Jürgen Kreyer anlastete: "Ich bin immer dafür, dass zwei
Mannschaften sportlich entscheiden, wer der Gewinner ist. Das haben wir heute nicht
erlebt." Kreyer hatte zwei Minuten vor dem 1:0 nach einem vermeintlichen Rückpass
von Kritzer elf Meter vor dem eigenen Tor Freistoß für 96 gegeben - eine höchst
umstrittene Entscheidung. Michel Dinzeys Schuss wurde allerdings abgeblockt, die
Vollversammlung im Stuttgarter Strafraum aufgelöst. Und ehe der Ball über Umwege zu
Morinas kam, hatten ihn die Kickers schon wieder in den Füßen gehabt. Fortan gab es
viele zweifelhafte Schiedsrichter-Entscheidungen zu Ungunsten von 96. Die schlimmste in
Minute 89, als Oliver Schäfer Gelb-Rot sah, obwohl Gegenspieler Silvinho ihn gefoult
hatte. All das kann aber auch nicht erklären, warum 96 nach der Führung so einbrach.
"Wir haben uns zu weit hinten reingestellt und nicht mehr Pressing gespielt",
beschrieb Linke, was sein Trainer so analysierte: "Der Gegner hatte nichts mehr zu
verlieren, das war ein Automatismus." Ein Topteam hätte jedoch automatisch mehr
Gegendruck erzeugt, 96 dagegen musste zittern, ehe der vierte Sieg in den vergangenen
fünf Spielen (ein Unentschieden) perfekt war. "Wenn man das Spiel sieht, sind wir
noch keine Spitzenmannschaft", weiß Ehrmantraut. Und wenn er an die Partie in
Oberhausen denkt, "werde ich ganz fahl im Gesicht". Denn kommenden Sonntag sind
mit Schäfer und Amadou die beiden besten Manndecker gesperrt. 96 muss gewissermaßen ohne
Abwehr den Aufstiegsplatz verteidigen.
Die Einzelkritik:
Heinz Müller: Alles Müller, oder was? Der junge
Sievers-Ersatz (22) ist kein Milchbubi mehr im Tor. Der Bodybuilder im 96-Team wird immer
stärker.
Fahed Dermech: Machte den ersten und einzigen Fehler in Minute 86, als er
einen Ball vorm 96-Strafraum vertändelte. Sonst ein gewohnt souveräner Abwehrchef.
Oliver Schäfer: Eines seiner schlechteren Spiele. Bekam den Brasilianer
Silvinho kaum in den Griff.
Danijel Stefulj: Eines seiner besseren Spiele. Stoppte den hölzernen
Zimmermann. Der Manndecker stürmte sogar bisweilen nach vorne.
Carsten Linke: Nicht so schlecht wie zuletzt, aber auch noch nicht
richtig gut. Zu viele Abspielfehler.
Michael Molata: Erst sein zweiter Saisoneinsatz in der 96-Startelf. Auch
wenn ihm am Schluss die Kraft fehlte: Der technisch starke Mittelfeldmann sollte häufiger
dabei sein.
Michel Dinzey: Bekam Applaus, als er ausgewechselt wurde. Wofür nur?
Dinzey fiel lediglich bei miesen Freistoß-Versuchen auf.
Jan Simak: Engagiert, aber glücklos. Simak verschleppte oft den Ball.
Seit der Tscheche von der Olympia-Reise zurück ist, steckt er in einer kleinen Krise.
Daniel Stendel: Er ist kein Außenstürmer, und doch musste er über
rechts angreifen. Stendel kann es in der Mitte noch besser.
Mirko Ullmann: Der Heimstürmer. Gehört nur im Niedersachsen-Stadion zur
Anfangself. Hatte kurz nach der Pause (47.) die Führung auf dem Fuß, doch Kritzer
stoppte ihn sechs Meter vorm Tor.
Morad Bounoua: Engagiert.
Altin Lala: Verbissen.
Marco Rose: Bemüht
(Quelle: Neue Presse, 23.10.00)