Hannover 96 | Saison 2000/2001, 8.Spieltag |
SSV Ulm 1846 - Hannover 96 3:3 (1:0) |
SSV Ulm 1846: Hilfiker (2,5) - Konrad (4), da Silva
(4,5), Kolvidsson (4,5), Radoki (3,5) - Otto (3,5) - Scharinger (3), Kevric (3), Unsöld
(3,5) - Medved (4), Rösler (2,5) / Trainer: Assion
Hannover 96: H. Müller (4) - Amadou (5), Dermech (3,5), Schäfer (3) -
Linke (4), Däbritz (3), Stefulj (3), Rose (4) - Bounoua (4,5), Simak (3,5) - Stendel (3)
/ Trainer: Ehrmantraut
Eingewechselt: 70. Maier für da Silva, 90. Leandro für Radoki - 62.
Morinas für Bounoua, 75. Ullmann für Rose, 79. Molata für Dermech
Tore: 1:0 Rösler (41.), 1:1 Däbritz (50., Foulelfmeter, 2:1 Scharinger
(55.), 2:2 Morinas (84.), 2:3 Molata (86., Foulelfmeter), 3:3 Leandro (90., Foulelfmeter)
- Schiedsrichter: Wagner (Hofheim) - Zuschauer: 7 000 - Gelbe
Karten: Radoki, Scharinger - Linke, Rose, Müller, Molata - Gelb-Rote-Karte:
Däbritz (72., wiederholtes Foulspiel) - Rote Karte: Amadou (90., grobes
Foulspiel)
(in Klammern die kicker-Noten)
Verrückt - 96 fehlen Sekunden zum
Sieg
Drei Elfmeter. Alle schimpfen auf Schiedsrichter Wagner.
Verrücktes Spiel in Ulm. 96 machte in Unterzahl aus einem 1:2-
Rückstand eine 3:2-Führung, musste aber in der Nachspielzeit durch einen Elfmeter noch
das 3:3 hinnehmen - weiter Platz drei.
Als Erster kam der Schiedsrichter durch den Käfig vom Spielfeldrand in den schützenden
Bauch des Donau-Stadions. Vorsichtig blickte der verschwitzte Lutz Wagner um sich, aber
jetzt brauchte er keine rote Karte mehr zu ziehen. Hätte er allerdings gehört, was ihm
Peter Assion hinterherbrüllte, wäre noch eine Strafe fällig gewesen. Da fielen Worte
wie "Betrüger", der erregte Ulmer Coach warf gar ein Papierchen in Richtung
Kabinentür. Immerhin hatte der Schiedsrichter mit seinen Entscheidungen einen aufregenden
Sonntagnachmittag gestaltet. Dabei verschlief 96 die erste halbe Stunde. Medved (3.) und
Konrad (23.) hätten Ulm in Führung bringen können.
Erst in der 37. Minute gab es die erste gelungene 96-Aktion. Nach Direktspiel von Linke
und Däbritz stand Stendel frei vor Torwart Hilfiker, scheiterte aber. Als Dermech an der
Mittellinie einen Zweikampf gegen Kevric verlor, legte der seinem Mitspieler Rösler den
Ball zur Führung vor (41.) Amadou ließ sich dabei austricksen wie ein Anfänger.
Dann der erste umstrittene
Auftritt des Schiedsrichters. Stendel wurde im Strafraum zwar von zwei Ulmern bedrängt,
aber den Elfer musste man nicht geben. Däbritz schnappte Morad Bounoua, der den
Strafstoß ebenfalls treten wollte, den Ball weg und machte das 1:1 (50.). Durch einen
Glücksschuss von Scharinger (55.) lag 96 aber schnell wieder hinten. Und in der 72.
Minute schien alles verloren für 96. Däbritz sah Gelb-Rot nach einem Foul an Radoki.
"Der Nico darf nicht so zum Ball gehen", ärgerte sich 96-Trainer Horst
Ehrmantraut. Er hatte nun allerdings ein goldenes Händchen. Alle drei Einwechselspieler
wurden zu Hauptdarstellern: Igoris Morinas traf zum 2:2 (84.). Mirko Ullmann wurde im
Strafraum gehalten, den Elfer hätte nach neuer Regelauslegung fast jeder Schiedsrichter
gegeben. Und Michael Molata verwandelte den Elfer zur 3:2-Führung (86.). Dann sah Amadou
Rot, er hatte Radoki mit gestrecktem Bein getroffen und fehlt wie Däbritz am Sonnabend
gegen die Stuttgarter Kickers fehlen. Der Schiedsrichter lieferte weiter Diskussionsstoff.
Als Leandro in der vierten Minute der Nachspielzeit bedrängt von Torwart Heinz Müller
durch den Strafraum purzelte, pfiff Wagner seinen dritten Elfer, den Leandro ins Netz
setzte.
Gleich danach der Abpfiff, es hatten nur wenige Sekunden zum Sieg gefehlt. Nun schimpften
die 96er auf den Schiedsrichter, aber letztlich können sie zufrieden sein - zwei Elfer
für eine Auswärtsmannschaft gibt auch nicht jeder.
Die Reaktionen:
96-Trainer Horst Ehrmantraut: Der Elfmeter zum 3:3 war
eine absolute Konzessionsentscheidung. Torwart Müller war klar am Ball, solch eine
Entscheidung ist katastrophal. Unsere Elfmeter waren beide berechtigt.
Peter Assion, Trainer in Ulm: Der erste Elfmeter für 96 war sehr umstritten, den
zweiten hätte ich auch nicht gegeben. Meine Mannschaft hat sehr gut angefangen. Hannover
war sehr stark. Man hat gesehen, dass sie nicht zu Unrecht auf Platz drei stehen.
Oliver Schäfer, 96-Kapitän: Drei Punkte für uns wären auch sehr glücklich
gewesen.
Michael Molata: Der Schiedsrichter hat das Spiel hektisch gemacht.
Daniel Stendel: Eigentlich hätten wir zur Halbzeit mit dem Ergebnis zufrieden sein
können. Nach unserer Führung aber ist es ärgerlich, dass wir nur mit einem Punkt nach
Hause fahren.
Morad Bounoua: In der ersten Halbzeit haben wir ganz schlecht gespielt, keine
Kombinationen, da lief gar nichts. In der zweiten Halbzeit gings besser. Das 3:3 war ein
dummes Tor.
Mirko Ullmann: Ein verrücktes Spiel. Wir können noch das 4:2 machen, und im
Gegenzug gibts einen Elfmeter, den man nicht pfeifen muss.
96-Präsident Martin Kind: Objektiv gesehen kann man mit dem Unentschieden
zufrieden sein, auch wenns am Schluss sehr unglücklich war.
Die Einzelkritik:
Heinz Müller: Schuldlos an den Gegentoren eins
und zwei. Beim Elfmeter in der Nachspielzeit ging Müller etwas ungeschickt und wild zum
Ball, er traf die Kugel und Leandro. Sonst sicher.
Fahed Dermech: Verlor den Zweikampf im Mittelfeld gegen Kevric, der mit
seinem Pass auf Rösler die Ulmer Führung einleitete. Grippegeschwächt nicht so stark
wie zuletzt.
Oliver Schäfer: Mit Problemen gegen Tomas Medved. Der Kapitän steigerte
sich aber in der zweiten Halbzeit.
Moudachirou Amadou: Ließ sich von Rösler vorm 0:1 mit einer simplen
Körpertäuschung austricksen. Flog dann mit Rot vom Platz. Die Entscheidung war okay -
Amadoua hatte mit gestrecktem Bein zugetreten.
Carsten Linke: Verfolger von Oliver Unsöld, machte das ordentlich.
Danijel Stefulj: Bodyguard von Spielmacher Kevric. Solide, aber nicht mit
so vielen Aktionen nach vorn wie zuletzt.
Marco Rose: Für Lala eigentlich linker Mann im Mittelfeld, ließ sich
aber von Scharinger immer wieder auf rechts ziehen. War unsicher, ob er seine Position
verlassen durfte oder nicht. Schwachpunkt im Team.
Nico Däbritz: Kommt immer besser in Schwung. Einige schöne Zuspiele,
stellte sich aber bei seinem Platzverweis zu dumm an.
Jan Simak: Linksaußen, weil Däbritz die Zentrale besetzte. Simak stand
so nicht wie gewohnt im Mittelpunkt des 96-Spiels, was weder fürs Team noch für Simak
gut war. Traf mit einem Freistoß die Latte.
Daniel Stendel: Musste das 1:0 machen (37.). Hatte es zu eilig, hätte in
Ruhe Torwart Hilfiker ausspielen können. Holte dann den Elfmeter heraus, der zum 1:1
führte.
Mourad Bounoua: Diesmal Rechtsaußen, Trainer Ehrmantraut nahm ihn mit
Recht raus.
Igoris Morinas: Traf zum 2:2 - das war wichtig.
Mirko Ullmann: Holte den zweiten Elfmeter heraus.
Michael Molata: Verwandelte den zweiten Elfer für 96.
(Quelle: Neue Presse, 16.10.00)